Immortal 3 - Schwarze Glut
blieb stehen und sah erst auf ihre Hand, dann in ihr Gesicht. »Na gut, rede! Aber ich warne dich: Es wird nichts nützen.«
»Ich …« Sie verstummte. So zornig, wie er war, verlor sie fast den Mut. Andererseits war die Gefahr viel zu groß und zu ernst, als dass sie jetzt aufgeben durfte. »Es geht um deinen Bruder«, setzte sie schließlich an.
»Adrian?«, fragte er stirnrunzelnd.
»Nein, nicht Adrian. Dein jüngster Bruder, Tain.«
Er wirkte überrascht. »Dein Hexenzirkel hat Tain in die Schlacht gerufen?«
»Nein, ganz im Gegenteil: Tain ist der Grund, weshalb unser Zirkel nach den anderen Unsterblichen sucht. Ich weiß nicht, wie ich dir das beibringen soll, aber Tain … ist außer Kontrolle. Falls du und die anderen Unsterblichen keinen Weg findet, ihn aufzuhalten, wird er die Welt vernichten.«
Kapitel 9
T ain und die Welt zerstören? Das ist grotesk!«
Christine umklammerte immer noch Kalens Unterarm, und prompt reagierte sein Unterleib, obwohl die Hexe momentan ganz gewiss nicht an Sex dachte.
»Ich wünschte, es wäre so«, sagte sie. Ihr Gesicht war gerötet. »Aber Adrian und Amber können beweisen, dass Tain hinter der beängstigenden Zunahme von Todesmagie steckt. Hast du denn keine Zeitungen gelesen oder BBC gesehen? Überall gibt es Gewaltverbrechen – Mord, Vergewaltigung, Dämonenangriffe, Terrorismus, Kriege in so vielen Ländern wie nie zuvor. Vampire ziehen in Rudeln herum und überfallen die Menschen in ihren Häusern. Leichenräuber lassen Zombies in Rekordzahlen auf die menschliche Bevölkerung los. Zauberer werden immer dreister …«
Kalen unterbrach sie mit einer verärgerten Handbewegung. »Das Böse ist nichts Neues. Die Welt kannte es immer schon.«
»Nicht so wie jetzt!«
»Und genau da irrst du dich. Ich vermute, das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass du erst seit …« Er musterte sie nachdenklich. »Seit zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahren lebst.«
»Seit sechsundzwanzig.«
Er lachte beinahe, weil er kaum fassen konnte, wie unglaublich jung sie war. »Sechsundzwanzig Jahre sind bloß ein Wimpernschlag in der Geschichte der Menschheit. Du denkst, dass die Welt aus den Fugen ist? Dann hättest du den Niedergang Roms oder die Kreuzzüge erleben sollen, die Vampirkriege im Frühmittelalter, die Dunkelfeenbedrohung. Das waren ebenfalls furchtbare Zeiten, die von Dämonen und Todesmagiern beherrscht waren. Aber sie dauerten nicht an. Jedes Mal konnte sich letztlich die Lebensmagie behaupten.«
»Mit Hilfe von dir und den anderen Unsterblichen. Ohne euch hätte die Menschheit nicht überlebt.«
Kalen fand ihr Vertrauen rührend, wenngleich es naiv war. »Die Unsterblichen halfen ihnen, ja, und wir haben zweifellos einige Menschenleben gerettet, die sonst verloren gewesen wären. Aber das Gleichgewicht hätte sich so oder so wiederhergestellt, ist es doch die Natur aller Dinge.«
»Diesmal ist es anders. Das Gleichgewicht wird auf ewig gestört sein, wenn wir nicht umgehend handeln. Die Welt wird nie mehr dieselbe, falls wir Tain nicht stoppen. Wahrscheinlich existiert sie am Ende gar nicht mehr.«
Kalen seufzte. Im Laufe seines langen Lebens hatte er unzählige Eiferer und Gläubige gesehen, von denen viele nicht gezögert hatten, ihr Leben für Dogmen zu geben, die vollkommen lächerlich waren. Jeder von ihnen hatte denselben verzweifelt-fanatischen Gesichtsausdruck gehabt wie Christine jetzt. Sie glaubte tatsächlich, dass Kalens jüngster Bruder im Begriff war, die Welt zu vernichten!
Was natürlich absurd war.
»Christine«, sagte er betont ruhig, »ich lebe seit fast dreitausend Jahren. In dieser Zeit haben die Menschen so oft das Ende der Welt vorausgesehen, dass ich es gar nicht mehr zählen kann. Es ist nie eingetreten, und das wird es auch jetzt nicht.«
Christine stemmte die Hände in die Hüften, worauf sich der Hemdausschnitt oben weitete. Unwillkürlich fiel Kalens Blick darauf.
Als sie es bemerkte, runzelte sie verärgert die Stirn und zurrte die Bänder fester. »Könntest du bitte aufhören, mich anzugaffen, solange wir ein ernsthaftes Gespräch führen?«
»Da wir nichts dergleichen führen, würde ich meinen, dass es mir durchaus gestattet sein sollte, deinen Anblick zu genießen.«
Sie machte eine wütende Geste. »Hast du mir überhaupt zugehört? Dein Bruder ist entschlossen, die Welt zu vernichten!«
»Nein. Die Unsterblichen wurden geschaffen, um gegen die Todesmagie zu kämpfen. Tain liebte die Menschheit mehr als wir
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