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Immortal 3 - Schwarze Glut

Immortal 3 - Schwarze Glut

Titel: Immortal 3 - Schwarze Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Nash
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Hände wurden eiskalt. Gleichzeitig begann sie, alles rötlich zu sehen. Panisch sah sie an dem Dämon vorbei zur Tür. Nein, sie konnte nicht fl iehen. Falls sie es versuchte, würde das Wesen merken, dass sie es erkannte.
    Irgendwie schaffte sie es, höfl ich zu nicken, machte noch einen Schritt zurück und sank auf ihren Platz. Dort riss sie den Reißverschluss ihres Rucksacks auf und holte ihre Wasserfl asche heraus. Sobald ihre Finger sich um die Flasche schlossen, wurde sie ein wenig ruhiger. Es war der Rest des Beltane-Wassers. Die Stirn des Dämons kräuselte sich leicht über dem silbernen Drahtbrillengestell. »Stimmt etwas nicht, meine Liebe?
    Meine Güte, sind Sie blass! Sie sehen aus, als wären Sie einem Geist begegnet.«
    Keinem Geist. Einem Dämon. »Nein, nein«, antwortete Christine matt. »Mir wird in Zügen nur schnell schlecht. Aber das gibt sich bald.«
    »Nun, umso besser, dass ich hier bin und mich um Sie kümmern kann, falls nötig.«
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    Christine hätte gelacht, wäre sie nicht so schrecklich verängstigt. Sie schob eine Hand unter ihr Bein und malte heimlich eine Rune. Algiz . Schutz.
    Die Frau, die gerade ihre Tasche wegstellte, verharrte mitten in der Bewegung und drehte sich zu Christine um. Diese sackte tiefer in ihren Sitz und tat, als würde sie aus dem Fenster sehen. Sie spürte allerdings, wie der Dämon ihr einen weiteren scharfen Blick zuwarf, als er sich auf der Sitzreihe ihr gegenüber niederließ. Dann holte die Frau ein Paar Stricknadeln und Garn aus ihrer Reisetasche und fi ng an zu stricken. Prima – ein strickender Dämon! Christine zwang sich, entspannt zu bleiben. Sie reagierte vollkommen überzogen, wie immer, wenn ein Dämon in Sicht war. Dieser hier war nicht Shauns Dämon. Sie spürte, dass es sich bloß um ein minderwertiges Wesen handelte, um einen jungen Dämon, auch wenn er sich eine menschliche Verkleidung gewählt hatte. Solange sie in sicherem Abstand blieb, passierte Christine nichts. Leider half ihr der Gedanke nicht, denn wieder packte sie blanke Panik. Ihr Atem ging zu fl ach, und hinter ihren Schläfen fühlte es sich kalt an. Wieder sah sie rote Flecken am Rand ihres Sehfelds, und ihre Hände waren so eisig, dass die Fingerspitzen taub wurden. Als ein schwacher Schwefelgeruch zu ihr herüberwehte, wurde ihr übel.
    Die Frau blickte von ihrem Strickzeug auf und sah Christine an. Dann streckte sie absichtlich ihre knorrigen Beine aus, die Knöchel übergeschlagen. Ihre Zehen in den orthopädischen Schuhen berührten die gegenüberliegende Sitzbank, und Christine verstand, was diese Geste heißen sollte: Ich weiß, dass du weißt, was ich bin. Versuch nur, an mir vorbei- zukommen!
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    Die roten Flecken vermehrten sich. Atme, verdammt! Sie musste atmen.
    Christine gab sich betont lässig und wandte den Kopf wieder zum Fenster. Aus dem Augenwinkel aber konnte sie die Frau noch sehen. Die dunkelgrüne Landschaft rauschte vorbei, während Christine sich aufs Ein-und Ausatmen konzentrierte. Halb hinter ihr klapperten die Stricknadeln. Gleismeilen ratterten unter ihnen hinweg, auf denen der Zug leicht hin und her schwankte. Der Schal oder Pulli oder was immer der Dämon strickte, wurde länger. Wo blieb der Schaffner? Wenn er hereinkam, um ihre Fahrscheine zu sehen, könnte Christine die Gelegenheit nutzen und aus dem Abteil schlüpfen. Aber der Schaffner kam nicht.
    Der Zug hielt kurz an, um einen einzelnen Fahrgast in den Regen zu entlassen. Er war gerade wieder angefahren, als der Dämon seine Stricksachen zusammenlegte und sie ordentlich in der Reisetasche verstaute. In genau diesem Moment löste sich Christines Runenschutz auf.
    Sofort war sie in Habtachtstellung, und Adrenalin rauschte durch ihren Körper.
    Der Dämon glättete die Falten im karierten Rock. »Ja, meine Liebe, ich habe Ihren albernen kleinen Zauber gebrochen.«
    Christine stand so abrupt auf, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. Sie hielt sich oben am Gepäcknetz fest, in einer Hand ihre Wasserfl asche wie eine Waffe – was sie ja auch war.
    »Raus hier – jetzt!«
    Der Dämon löste die überkreuzten Knöchel. »Vielleicht gehe ich, wenn ich den richtigen Anreiz bekomme: einen Kuss, mehr nicht. Sie wissen, dass es Ihnen gefallen wird. Alle Menschen mögen es.«
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    Christine warf einen verzweifelten Blick zur Abteiltür. Sie war nur etwas über einen Meter entfernt, doch ebenso gut könnten es Meilen sein. Der Dämon verlangte einen Kuss. In Momenten wie diesen spürte sie die

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