Immortals after Dark 08 - Eiskalte Berührung
jetzt!«, brüllte Conrad, der sich so sehr gegen seine Fesseln wehrte, dass die Handschellen tief in seine Handgelenke einschnitten.
Murdoch war von dieser plötzlichen Veränderung im Verhalten seines Bruders überrascht nach zwei Wochen allmählicher – manch einer würde sagen schleppender – Besserung. Er zögerte und überlegte, ob er erneut versuchen sollte, zu ihm durchzudringen, oder ob er ihn lieber allein ließ.
Als das Blut schon an Conrads Händen hinunterlief, stand Murdoch auf. »In Übersee braut sich etwas zusammen«, sagte er schließlich. »Keiner von uns wird vor morgen spätabends zurückkommen können.« Kristoff hatte sie gewarnt, dass möglicherweise ein Angriff der Horde auf Mount Oblak kurz bevorstand. »Möchtest du etwas trinken, bevor ich gehe?«
»Geh mir aus den Augen!«
»Conrad, so beruhige dich doch«, sagte Murdoch ohne erkennbaren Erfolg.
Verdammter Mist, dabei hatte er geglaubt, sie hätten gute Fortschritte bei ihm erzielt. Sie hatten ihn dazu gebracht, aus einer Tasse zu trinken, ohne dass er ihnen das Blut ins Gesicht spuckte, und er hatte sogar geduscht. In letzter Zeit hatte er immer wieder längere klare Phasen gehabt, während derer er sich mit den Brüdern unterhalten hatte.
Aber Conrad litt immer noch unter Halluzinationen. Er sah Szenen aus all den Erinnerungen, die er in sich aufgenommen hatte, und seit Neuestem sprach er von einer unsichtbaren Geisterfrau, die zusammen mit ihm auf Elancourt hauste, wie er glaubte.
Und dann heute dieser unerklärliche Rückfall. Murdoch hatte sich mit ihm nur darüber unterhalten, dass auch Conrad seine Braut finden könnte, über all die Vorzüge, die das mit sich bringen würde – denn die Brüder hatten herausgefunden, dass Conrad … noch nie mit einer Frau zusammen gewesen war.
Und sie hatten endlich herausgefunden, wieso ihn die Wandlung in den Wahnsinn getrieben hatte. Conrad war, ohne dass irgendein Familienmitglied davon gewusst hätte, länger als sein halbes Menschenleben lang Vampirjäger gewesen, hatte sich heimlich einem Orden angeschlossen, der geschworen hatte, die gesamte Spezies auszulöschen. Für diese Sache hatte er alles aufgegeben: seine Freiheit, seine Zukunft, Frauen.
Doch dann hatten Murdoch und Nikolai ihn ausgerechnet in seinen größten Albtraum verwandelt. Kein Wunder, dass er sich immer noch dagegen zur Wehr setzte.
Als Conrad in stummer Wut begann, sich auf dem Bett hin und her zu werfen, murmelte Murdoch: »Ich gehe ja schon«, und translozierte sich nach unten.
Oh Gott, was für ein beschissener Tag. Hatte er sich tatsächlich einmal beklagt, sein Leben sei langweilig? Jetzt erschien es ihm, als ob tausend Forderungen auf einmal auf ihn einprasselten.
Er kam nicht an Conrad heran.
Kristoff bereitete sich auf den Krieg vor. Die drei Wroth-Brüder hatten den Befehl erhalten, sich auf Abruf bereitzuhalten, doch Murdoch konnte sich des Verdachts nicht erwehren, dass ihr König misstrauisch geworden war, was sie in ihrer Freizeit trieben.
Und Daniela … Murdoch wusste, dass er sie vernachlässigte. Zuerst hatte er Conrad finden müssen, dann mussten sie ihn gefangen nehmen. Jetzt erforschte Murdoch die Vergangenheit seines Bruders nach allem, was ihm dabei helfen könnte, sich zu erholen. Bemerkenswerterweise hatte Murdoch noch von keinem einzigen Fall erfahren, in dem Conrad einen Unschuldigen getötet hätte.
Aber wie oft hatte Murdoch Daniela versichert, er werde zu einer bestimmten Zeit zurück sein, und dann hatte Conrad einen Fluchtversuch gestartet oder sich in einen Wutanfall hineingesteigert? Murdoch rief immer an, um seine Verspätung zu erklären, aber oftmals ging sie nicht mal ans Telefon. Wie würde es heute Nacht sein?
Er wählte ihre Nummer. »Geh ran, Danii«, murmelte er. Keine Antwort. Er versuchte es noch mal.
Murdoch hatte sein Doppelleben so satt. Ich kann meine Braut nicht anfassen und noch nicht mal über sie reden, verdammte Scheiße!
Während ein Teil von ihm sich danach sehnte, in ihrer Nähe zu sein, begann ein anderer Teil die Versuchung zu hassen, die niemals befriedigt werden würde. Dass seine Lippen sich nur Zentimeter von ihrer Haut entfernt befanden und er sie nicht schmecken konnte … Er wusste nicht, wie lange er noch durchhalten konnte.
Wo zur Hölle ist sie?
Er könnte sich einfach ins Jagdhaus translozieren, aber vielleicht war sie ja draußen, irgendwo in diesem riesigen Wald. Außerdem wollte er an diesem Abend einige Spuren verfolgen.
Doch
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