Imperator 01 - Die Tore von Rom
Rom nichts als Schwächlinge hervor, mit ein paar Ausnahmen vielleicht. Ich will, dass Gaius von Leuten unterrichtet wird, auf die ich mich verlassen kann. Von dir, Tubruk. Niemandem sonst würde ich eine so wichtige Aufgabe anvertrauen.«
Tubruk rieb sich mit besorgter Miene das Kinn.
»Ich kann die Fähigkeiten, die ich als Soldat und Gladiator erlernt habe, nicht unterrichten, Herr. Ich weiß zwar sehr viel, aber ich weiß nicht, wie man dieses Wissen weitergibt.«
Julius furchte ärgerlich die Stirn, doch er drang nicht weiter in ihn, denn Tubruk widersprach niemals leichtfertig.
»Dann verwende unterdessen Zeit darauf, ihn ausdauernd und hart wie Stein zu machen. Lass ihn jeden Tag stundenlang laufen und reiten, so lange, bis er mich vertreten kann. Wir werden andere finden, die ihm beibringen, wie man tötet und Männer in der Schlacht kommandiert.«
»Was ist mit dem anderen Knaben, Herr?«
»Marcus? Was soll mit ihm sein?«
»Bilden wir ihn auch aus?«
Julius zog die Brauen noch ein Stück weiter zusammen und starrte einen Augenblick ganz in der Vergangenheit versunken vor sich hin.
»Ja, das habe ich seinem Vater versprochen, als er starb. Seine Mutter war nie in der Lage, sich um das Kind zu kümmern. Als sie davonlief, hat das den alten Mann praktisch umgebracht. Sie war von Anfang an zu jung für ihn. Soweit ich gehört habe, ist aus ihr letztlich nicht mehr geworden als eine gehobene Dirne in einem der inneren Bezirke. Also bleibt der Junge in meinem Haus. Ich nehme an, er und Gaius sind immer noch Freunde?«
»Wie Zwillingsähren. Sie sind ständig in Schwierigkeiten.«
»Damit ist jetzt Schluss. Von jetzt an werden sie lernen, was Disziplin ist.«
»Ich sorge dafür, dass sie es begreifen.«
Gaius und Marcus lauschten draußen an der Tür. Vor Begeisterung über das, was er gehört hatte, leuchteten Gaius’ Augen hell. Grinsend drehte er sich zu Marcus um, doch beim Anblick des blassen Gesichts und der zusammengepressten Lippen seines Freundes verschwand sein Lächeln sofort wieder.
»Was ist denn los, Marcus?«
»Er hat gesagt, meine Mutter sei eine Hure«, stieß dieser hervor. Marcus’ Augen funkelten sehr gefährlich, und Gaius schluckte rasch eine vorschnelle, scherzhaft gemeinte Erwiderung hinunter.
»Er hat nur gesagt, dass er das gehört hat. Das ist nur ein Gerücht. Bestimmt ist sie keine.«
»Man hat mir gesagt, sie sei tot. So wie mein Vater. Dabei ist sie weggelaufen und hat mich zurückgelassen.« Die Augen des Jungen füllten sich mit Tränen. »Ich hoffe, sie ist wirklich eine Hure. Ich hoffe, sie ist eine Sklavin und krepiert an Lungenfäule.« Dann drehte er sich um und rannte mit verzweifelt und unkontrolliert herumwirbelnden Armen und Beinen davon.
Gaius seufzte und verwarf die Idee, ihm nachzulaufen, sofort wieder. Marcus würde wahrscheinlich hinunter in die Stallungen flüchten und sich dort ein paar Stunden im Stroh und in der Dunkelheit verkriechen. Wenn man ihm in solchen Momenten zu nahe kam, gab es nur böse Worte, oder es flogen sogar Fäuste. Ließ man ihn dagegen in Ruhe, beruhigte er sich mit der Zeit von ganz allein. Seine Stimmung schlug dann immer sehr rasch um, weil sein unsteter Geist sich bald wieder mit anderen Dingen beschäftigte.
So war Marcus eben. Es hatte keinen Sinn, ihn ändern zu wollen. Gaius presste seinen Kopf wieder an den Spalt zwischen Tür und Rahmen, um zu hören, was die beiden Männer noch so alles über seine Zukunft sagten.
»… zum ersten Mal ohne Ketten, so sagt man. Das wird ein großartiges Spektakel werden. Ganz Rom wird da sein. Nicht alle Gladiatoren haben sich als Sklaven auf Zeit verpflichtet. Manche haben sich freigekauft, sind aber so gut, dass man sie mit Goldstücken zurückgelockt hat. Angeblich will sogar Renius kommen.«
»Renius? Er muss doch inzwischen schon uralt sein! Der hat schon gekämpft, als ich selbst noch ein junger Mann war«, murmelte Julius ungläubig.
»Vielleicht braucht er das Geld. Einige der Männer leben aufwändiger, als es ihr Beutel erlaubt, wenn du mich verstehst. Ruhm erlaubt einem zwar, viele Schulden machen, aber am Ende muss man doch alles zurückzahlen.«
»Vielleicht kann man ihn anstellen, damit er Gaius unterrichtet. Ich erinnere mich, dass er zumindest früher Schüler angenommen hat. Aber das ist schon lange her. Ich kann gar nicht glauben, dass er wieder kämpft. Du besorgst also vier Karten. Ich bin jetzt richtig neugierig geworden, und den Jungen wird ein Ausflug
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