Imperator 01 - Die Tore von Rom
fiel er den Männern schnell zum Opfer, Rachen und Brust von drei Klingen durchbohrt.
Renius stellte sich dem Angriff des letzten Löwen, der ihn von links anfallen wollte. Der Sklave, der ihn schützte, wurde von der Attacke umgerissen und das wild zuschnappende Tier fiel über ihn her. Die Pranken mit den großen, schwarzen, wie Speerspitzen hervorstehenden Klauen holten mit unbändiger Wucht aus, um ihn vollends in Stücke zu reißen. Renius verschaffte sich einen sicheren Stand und stieß sein Schwert in die Brust des Löwen. Mit einem Schwall dunklen, klebrigen Blutes riss eine Wunde auf, doch die Klinge rutschte am Brustbein ab und Renius wurde von einer Schulter des Löwen umgestoßen. Doch er hatte Glück, denn das Maul schnappte dahin, wo er eben noch gestanden hatte. Er rollte sich geschickt ab und kam sofort wieder auf die Beine, das Schwert noch immer in der Hand. Als das wilde Tier sich nach ihm umsah und wieder auf ihn losstürmte, war er bereit, seine Klinge durch die Achselhöhle des Löwen bis tief in sein pochendes Herz zu stoßen. Augenblicklich wich alle Kraft aus dem Löwen, als hätte das Schwert eine Eiterbeule aufgestochen. Kraftlos lag der Löwe im Sand und verblutete. Er war noch bei Bewusstsein und schnappte nach Luft, aber er bot einen bejammernswerten Anblick. Ein leises Stöhnen drang tief aus seiner blutenden Brust, als Renius sich ihm mit gezogenem Dolch näherte. Rötlicher Speichel tropfte in den Sand, während die durchbohrte Lunge verzweifelt nach Luft rang.
Renius sprach mit leiser Stimme auf das Tier ein, doch seine Worte waren oben in den Zuschauerrängen nicht zu verstehen. Er legte eine Hand auf die Mähne und tätschelte sie geistesabwesend, als läge da sein Lieblingsjagdhund. Dann zog er die Klinge durch die Kehle des Löwen, und es war zu Ende.
Die Zuschauer schienen zum ersten Mal seit Stunden Luft zu holen und lachten, von der drückenden Spannung erlöst, erleichtert auf. Vier Männer lagen tot im Sand, aber Renius, der alte Recke, stand noch, obwohl er ziemlich erschöpft aussah. Das Publikum fing an, seinen Namen zu skandieren, doch er verbeugte sich nur kurz, ging mit zielstrebigen Schritten auf die im Schatten liegende Tür zu und verschwand in der Dunkelheit.
»Geh ihm schnell nach, Tubruk. Du kennst mein Höchstgebot. Aber denke daran: Ein ganzes Jahr in meinen Diensten.«
Tubruk verschwand in der Menge, und die Jungen blieben mit Julius allein zurück. Sie versuchten, sich höflich mit ihm zu unterhalten, aber ohne Tubruk als Vermittler erstarb das Gespräch schnell wieder. Julius liebte seinen Sohn, doch es hatte ihm noch nie Freude bereitet, sich mit Halbwüchsigen zu unterhalten. Sie schwatzten immer nur vor sich hin und wussten nichts von Schicklichkeit und Selbstbeherrschung.
»Wenn es stimmt, was man über ihn sagt, dann dürfte er ein sehr strenger Lehrer sein. Früher gab es im ganzen Imperium niemanden seinesgleichen, aber Tubruk kann diese Geschichten viel besser erzählen als ich.«
Die Jungen nickten eifrig und nahmen sich vor, Tubruk über sämtliche Einzelheiten auszuquetschen, sobald sich die Gelegenheit dazu bot.
Es war schon fast Herbst, ehe die Jungen Renius auf dem Gut wiedersahen, als er im gepflasterten Hof vor den Stallungen von seinem Wallach stieg. Es gehörte zu seinen Privilegien, dass er reiten durfte wie ein Offizier oder Senatsmitglied. Die beiden Jungen waren gerade in der angrenzenden Heuscheune und sprangen von den aufgetürmten Garben in das lose Heu hinab. Derart mit Staub und Heu bedeckt, durften sie sich nicht sehen lassen, und so schielten sie hinter einer Stallecke hervor nach dem Besucher. Der sah sich suchend im Hof um, bis Tubruk auf ihn zukam und ihm die Zügel abnahm.
»Man wird dich empfangen, sobald du dich nach deiner Reise erfrischt hast.«
»Ich bin kaum fünf Meilen geritten. Ich bin weder schmutzig, noch schwitze ich wie ein Tier. Führ mich ins Haus, oder ich suche mir selbst den Weg«, blaffte ihn der alte Soldat mit gerunzelter Stirn an.
»Ich sehe, du hast nichts von deinem Charme und deinen gepflegten Umgangsformen verloren, seit du mit mir gearbeitet hast.«
Renius lächelte nicht, und einen Moment rechneten die Jungen damit, dass er zum Schlag ausholte oder zumindest zu einer scharfen Erwiderung ansetzte.
»Ich sehe, du hast noch immer nicht gelernt, wie man sich Älteren gegenüber benimmt. Ich hätte mehr von dir erwartet.«
» Jeder ist jünger als du. Doch, doch, ich verstehe schon, dass
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