Imperator 01 - Die Tore von Rom
Stimme seines Vaters.
Die Umsitzenden auf ihren Rängen waren hin und her gerissen zwischen dem faszinierenden Gemetzel einerseits und der Aussicht auf eine erfolgreiche Wette andererseits.
Tubruk runzelte die Stirn, das Kinn auf die geballte Faust gestützt.
»Noch nicht. Ich kann es noch nicht sagen. Sie sind zu ebenbürtig.«
Unfähig, das Anfangstempo der ersten Minuten beizubehalten, ließen die beiden Männer kurzzeitig voneinander ab. Beide bluteten und waren mit Staub bedeckt, der an ihren schweißglänzenden Körpern haften blieb.
Dann rammte Alexandros seinen blauen Schild unter der Deckung seines Gegners hindurch und brachte ihn so aus Rhythmus und Gleichgewicht. Sein Schwertarm zuckte hoch und versuchte, von oben einen Treffer anzubringen. Doch der Italiener stolperte würdelos zurück, wobei sein Schild in den Sand fiel. Die Menge tobte und schrie empört, weil sie sich für ihren Favoriten schämte. Vielleicht von den Kommentaren seiner Landsmänner in seinem Stolz getroffen, richtete sich Enzo wieder auf und ging zum Angriff über.
»Tubruk?« Julius legte die Hand auf Tubruks Arm. Der Kampf konnte jede Sekunde vorbei sein, und wenn einer der Kämpfer offensichtlich im Vorteil war, wurden keine Wetten mehr angenommen.
»Noch nicht. Noch … nicht.« Tubruk war die personifizierte Konzentration. Unten auf dem Sandplatz war der Kreis um die Kämpfer bereits mit dunklen Flecken gesprenkelt. Sie versuchten es mit Ausfallschritten nach links, dann wieder nach rechts, oder sie stürmten mit wütenden Hieben direkt aufeinander los. Dann wieder duckten sie sich, verkeilten sich ineinander und versuchten, den Gegner zu Fall zu bringen. Alexandros fing das Schwert des Italieners mit dem Schild ab. Der wuchtige Schlag spaltete ihn fast bis zur Hälfte, und die Klinge blieb in dem weicheren Metall des blauen Rechteckes stecken. Doch wie schon zuvor kam sie wieder frei, und die beiden Männer standen sich seitlich versetzt gegenüber. Sie bewegten sich jetzt im Krebsgang seitwärts, um sich mit der Armpanzerung besser schützen zu können. Die Schwerter waren schartig und stumpf geworden, und inzwischen konnte man deutlich sehen, dass die gewaltige Anstrengung in der glühenden römischen Hitze an den Kräften der beiden zu zehren begann.
»Alles auf den Griechen. Schnell«, sagte Tubruk plötzlich unvermittelt.
Der Wettsklave warf seinem Besitzer, der hinter ihm stand, einen fragenden Blick zu. Die Einsätze wurden flüsternd ausgehandelt und das Wettgeschäft lief endlich an, denn nun stiegen auch viele andere in der Menge ein.
»Fünf zu eins gegen Alexandros. Wir hätten viel mehr bekommen, wenn wir früher gesetzt hätten«, murmelte Julius, während er die beiden Kämpfer unten betrachtete.
Tubruk schwieg.
Einer der Gladiatoren machte gerade einen Ausfall, schloss jedoch seine Deckung zu schnell für einen Gegenangriff. Sein Schwert schnellte zurück, schlug erneut zu und erwischte den Gegner an der Seite. Augenblicklich schoss ein Blutstrom daraus hervor. Auch der Gegenstoß kam bösartig schnell und durchtrennte einen größeren Beinmuskel. Das Bein knickte unter dem Mann weg, und noch während er zu Boden ging, hieb der Gegner unablässig auf seinen Nacken ein. Wieder und wieder schlug er zu, bis er schließlich nur noch auf einen Leichnam eindrosch. Der Sieger sank in eine sich vermischende Blutlache, die langsam vom trockenen Sand aufgesogen wurde. Vor Erschöpfung und Schmerzen konnte er nur noch stoßweise atmen.
»Wer hat denn jetzt gewonnen?«, fragte Gaius aufgeregt. Ohne die Schilde war das schwer zu sagen, und lautes Gemurmel erhob sich in den Sitzreihen, weil alle sich überall diese Frage stellten. Wer hatte gewonnen?
»Ich glaube, der Grieche ist tot«, sagte der Wettsklave. Sein Herr dagegen glaubte, es sei der Römer, doch bevor der Gewinner nicht aufstand und den Helm abnahm, konnte man dessen nicht sicher sein.
»Was passiert, wenn sie beide sterben?«, fragte Marcus. »Dann sind alle Wetten ungültig«, gab der Besitzer und Finanzier des Wettsklaven zur Antwort. Auch er hatte wahrscheinlich eine Menge Geld auf den Ausgang des Kampfes gesetzt, zumindest sah er ebenso angespannt aus wie alle anderen.
Der überlebende Gladiator blieb ungefähr eine Minute erschöpft am Boden liegen. Er blutete stark, doch die Menge rief nun immer lauter, er solle endlich aufstehen und den Helm abnehmen. Langsam und unter großen Schmerzen ergriff er sein Schwert und stemmte sich damit hoch.
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