Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
geben, dass ich so, wie ich war, ihm nicht genügte? Jedenfalls nicht, um seine Freundin zu werden.
Nun wagte er es auch noch, mich unglücklich anzusehen. „Und was ist mit ein bisschen mehr Schminke?“ Er führte Zeigefinger und Daumen dicht zusammen. „Nur so ein bisschen? Und… hast du keine falschen Wimpern?“
Ganz ruhig, Emma – gaaaanz ruhig , sprach ich mir innerlich selbst zu und versuchte, tief ein und aus zu atmen. Mein Blick und meine Haltung mussten Bände sprechen, denn Colin zog den Kopf ein und grinste verlegen.
„Okay, du siehst toll aus“, sagte er rasch. „Und Männer haben ja eh keine Ahnung von Stil, richtig?“
Ich ließ ihn noch ein wenig mehr in seinem Sitz versinken, bevor ich meinen Blick von vernichtend auf ‚nur‘ böse schaltete.
„Was ist jetzt?“ fragte ich streng. „Hilfst du mir, den Koffer da rauf zu heben?“ Ich wies nachdrücklich auf die Gepäckablage, doch Colin lachte nur.
„Komm! Nur weil du dich verkleidet hast, heißt das noch lange nicht, dass du deine Kraft verloren hast!“ Er vertiefte sich doch glatt wieder in seiner Lektüre und schüttelte auch noch lächelnd den Kopf.
Für einen langen Augenblick starrte ich ihn noch fassungslos an. Colin war noch nie ein Gentleman gewesen – aber das war ja wohl der Clou der schlechten Manieren. Ich sagte allerdings auch nichts mehr dazu, sondern verstaute lieber selbst meinen Koffer ächzend und schnaufend im Gepäckfach.
So weit kam es noch, dass ich aus lauter Verliebtheit darum bettelte , dass Colin mich besser behandelte! Dennoch würde ich meinen Plan nicht so einfach verwerfen. Ein kleiner Rückschlag – pff! Das steckte ich locker weg. Ich hatte noch ganz andere Tricks auf Lager, um ihn dazu zu bewegen, mich endlich zu ‚sehen‘. Ich musste nur hartnäckig bleiben und vielleicht noch ein bisschen direkter werden. Dann würde sich schon alles so hinbiegen, wie ich es haben wollte. Ganz bestimmt.
Das erste Mal
K aum hatte ich mich hingesetzt, hielt der Zug auch schon wieder an. Einfach so, nach viel zu kurzer Zeit (gut, es war schon ungefähr eine weitere halbe Stunde vergangen, aber wenn man aufgeregt war, verging die Zeit wie im Fluge) und obwohl es doch weiter nördlich noch viel schönere Städte gab, die ganz weit weg von Anna und ihrem Zuhause lagen. Sheffield beispielsweise oder –
„Ist sie das?? Die ist ja heiß. Woohoo!!“ Colin drängte mich zur Seite, um besser aus dem Abteilfenster schauen zu können, und drückte mein Gesicht dabei unvorteilhaft gegen die Scheibe. Ich schaffte es erst, mich zu befreien, als er meine erstickten Laute bemerkt und sich gnädig zurückgezogen hatte. Zu diesem Zeitpunkt klebte die Hälfte meines ‚tollen‘ neuen Makeups an der Fensterscheibe und ich war benebelt von einer Überdosis Colinschen Deos und Testosteronschwalls. Aus dem Fenster starrend versuchte ich ‚sie‘ ausfindig zu machen und stutzte, als mein Blick an einer vollbusigen Brünetten hängenblieb.
„Du bist so doof“, knurrte ich und begann, meine Sachen zusammenzusuchen. Colin wusste ganz genau, dass Anna rotblonde Haare hatte, schließlich hatte er mich erst vor zehn Minuten dazu gezwungen, ihm das einzige Foto zu zeigen, das ich von ihr hatte. Wir hatten vor ungefähr einem halben Jahr scheu Bilder von uns ausgetauscht, was hieß, sie hatte mir eins von sich geschickt und ich ihr eins von Colin. Sie war keine Schönheit. Einfach nur ein durchschnittlich aussehendes Mädchen – so wie ich. Nicht wunderschön, aber auch nicht hässlich und ganz bestimmt nicht die Art von ‚heiß‘, auf die Colin abfuhr. Er war enttäuscht gewesen. Das hatte ich seinem begeisterungsfreiem „Nett“ entnehmen können.
„Vielleicht hat sie sich die Haare gefärbt“, überlegte er laut.
Ich verdrehte die Augen. „Jaa und vielleicht auch die Brüste operieren lassen.“
„Hat sie so was erwähnt?“ fragte er hoffnungsvoll. Ich stöhnte nur genervt auf, doch er berichtigte mich schon: „Nee, die sind echt.“
„Wie schön, dass du das von hier aus so gut einschätzen kannst, während ich alles alleine zusammenpacke!“ giftete ich.
Ja, ich war empfindlich, na und?! Ich hatte oben herum nicht so viel zu bieten wie Miss Doppel-D da unter uns auf dem Bahnsteig, aber das war noch lange kein Grund… ja, wofür? Mich wie einen Kumpel und nicht wie eine potentielle Sexbombe zu behandeln? Colin machte das ja nicht, um mich zu ärgern. Für ihn war ich halt so etwas wie ein kleiner
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