Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
die noch mal bis jetzt gesehen?“
Ich war im Allgemeinen eine recht gutmütige Person und auch nicht immer die, die ihren Willen durchsetzen musste, doch es gab die goldenen Costa Regel, die besagte, dass nichts und niemand mich vom Erwerb eines Getränkes dieser Marke abhalten durfte, wenn ich das Bedürfnis danach hatte. Speziell dann nicht, wenn ich nicht einmal gefrühstückt hatte.
Colin tat so, als müsse er lange über meine Frage nachdenken. „Zum Glück noch in keiner. Aber ich gehe immer lieber auf Nummer sicher! Das weißt du doch.“
„Dann solltest du vielleicht mal öfter dein Zimmer aufräumen“, erwiderte ich immer noch etwas zu zickig, während Annas und Bens Köpfe wie bei einem Tennismatch von einem zum anderen gingen. „Das bietet nämlich den Nährboden für deine schnuckeligen Freunde!“
„Iiih, bist du mies drauf! Hast du zu viel Haarspray eingeatmet?“ beschwerte sich Colin und streckte mir die Zungenspitze raus, damit Bens Schuljungennummer grandios imitierend. „Is’ ja gut, dann gibt es halt einen Kaffee zum Mitnehmen, okay?“
Atmen, Emma. Nicht aufregen. Er meint es nett, auch wenn er es herablassend sagt . Und er kann weder etwas dafür, dass Anna mit ihrem Aussehen deine Minderwertigkeitskomplexe verstärkt, noch dafür, dass er offensichtlich voll auf sie abfährt. Du kannst allerdings etwas daran ändern, dass dich hier alle gleich für eine verwöhnte Zicke halten.
„Wenn man mich von Strawberry Cheesecake abhalten würde, wäre ich auch nicht gerade erfreut“, sagte Anna und lächelte mir zu. Ich konnte Colins darauf folgende Testosteronausschüttungen neben mir so klar hören wie das Rauschen eines nahegelegenen wilden Flusses. Sie hatte aber auch ein tolles Lächeln. Eines das man unbedingt erwidern musste .
„ Du bist ein Süßschnabel?“ fragte Colin in seinem weichsten Flirtton und mein Lächeln begann sofort zu bröckeln. „Sieht man dir gar nicht an.“
„Das weißt du doch!“ erinnerte Ben ihn an meiner Stelle und ich nickte, ihm beipflichtend. Colins durchdrehende Sexualhormone würden mir noch alles kaputt machen!
Er lachte unecht. „Meine Güte, lasst mich doch mal ein Kompliment machen, ohne mich gleich dafür zu hängen!“ verteidigte er sich und sorgte damit für die erste unangenehme Gesprächspause zwischen uns vieren. Dabei hatten Ben und Anna es uns bisher so leicht gemacht, sich mit ihnen wohl zu fühlen. Colin war ein blöder Vollidiot! Warum war ich gleich noch mal in ihn verliebt?
„Also, wer will jetzt alles einen Kaffee zum Mitnehmen?“, fragte Ben, als wir Costa endlich erreicht hatten. Alle Finger gingen hoch. Sieh an, sieh an…
„Okay“, grinste Ben und sah überraschenderweise ausgerechnet mich auffordernd an. „Kommst du mit rein und hilfst mir die Becher tragen?“
Oh. Den unwiderstehlichen Hundeblick hatte er fast noch besser drauf als Colin. Ich konnte nicht anders, als zu nicken und ihm in das Café zu folgen, obwohl ich kein gutes Gefühl dabei hatte, Colin und Anna allein zu lassen.
Die Auswahl war nicht zu verachten. Ach Papperlapapp, nicht zu verachten: Sie war grausam groß in Anbetracht meiner schwachen Seele und meines kleinen Portemonnaies. Seele? Moment, hieß es nicht, der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach? Bei mir war auf gar keins von beiden Verlass, wenn ich Süßem gegenüberstand, speziell, wenn es sich um Mischungen aus Nüssen und Schokolade handelte. Oder Cheesecake. Oder Lemon Pie. Oder Apple Bread. Das Hauptproblem bestand darin, dass ich bei meiner Bestellung gerne aus allen ‚oders‘ ‚unds‘ gemacht hätte. Dabei hatte ich weniger Angst um die Kalorien als darum, wie eine Fressmaschine zu wirken, sowie darum, bereits am ersten Tag pleite zu sein.
„Ach du meine Güte!“ ertönte eine tiefe Stimme neben mir und ein leiser Seufzer folgte. Ich schaute neben mich und sah, wie Ben mit einem verzückten Grinsen die Auslage studierte. „Das ist ja schrecklich. Ich kann mich gar nicht entscheiden.“
„Ich dachte, wir holen nur Kaffee“, erinnerte ich ihn leise, um zu vertuschen, welche Gier mich selbst beim Anblick dieser unwiderstehlichen Naschereien befallen hatte.
„Das dachte ich auch“, seufzte Ben. „Aber ich bin so schwach…“ Sein theatralischer Gesichtsausdruck brachte mich zum Kichern. Ben war seiner Schwester nicht nur äußerlich ähnlich – sie teilten auch denselben Humor und dieselbe herrliche Selbstironie. Ich mochte ihn. Schon jetzt.
„Ich dachte
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