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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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seines neuen Rektors, Mr. Jessop, der aus Winchester stammte, einem Ort irgendwo in England.
    Schon nach wenigen Tagen machte Keith die Erfahrung, daß Mr. Jessops Vorstellung von Spaß und Freude ein 10-Meilen-Querfeldein-Lauf war, gefolgt von einer kalten Dusche. Dies gehörte zu Mr. Jessops Erziehungsprogramm für die braven Jungen, von denen man zudem erwartete, daß sie sofort, nachdem sie sich umgezogen hatten und wieder auf ihren Zimmern waren, Homer im Original lasen. Keith’ Lesestoff hatte in letzter Zeit fast ausschließlich aus den Berichten über
    »unsere tapferen Kriegshelden« und ihren Einsatz an der vordersten Front bestanden, die im Courier zu lesen waren.
    Nach einem Monat in St. Andrews wäre er gern bereit
    gewesen, mit den Frontkämpfern zu tauschen.
    Während seiner ersten Ferien sagte Keith zur Mutter, daß er in der Zukunft keine Hoffnung für sich sähe, wenn die Schulzeit tatsächlich die glücklichste Zeit seines Lebens sein sollte. Selbst Keith’ Mutter war klar geworden, daß er nur 56
    wenige Freunde hatte und sich zum Einzelgänger entwickelte.
    Der einzige Tag der Woche, auf den Keith sich freute, war der Mittwoch; dann nämlich war ab Mittag Ausgang, und die Schüler mußten erst zur Schlafenszeit zurück sein. Sofort nach dem Läuten der Schulglocke radelte Keith die sieben Meilen zur nächsten Rennbahn, wo er sich einen glücklichen Nachmittag lang zwischen der Tribüne und den Ställen herumtrieb.
    Mit zwölf hielt er sich für einen echten Kenner des
    Pferderennsports und wünschte sich sehnlichst, mehr eigenes Geld zu haben, um wirklich fette, lohnende Wetten abschließen zu können. Nach dem letzten Rennen des Nachmittags radelte er dann zum Courier und schaute zu, wie die erste Ausgabe druckfrisch aus der Presse kam. Zur Schule kehrte er immer erst im letzten Augenblick zurück.
    Als echter Sohn seines Vaters fühlte Keith sich im Umgang mit Zeitungsleuten und den bunten Vögeln von der Rennbahn viel wohler als bei den Söhnen der Melbourner High Society.
    Aus tiefstem Herzen sehnte er sich danach, dem für die Berufsberatung zuständigen Lehrer zu gestehen, daß er nach seinem Schulabschluß Reporter für den Sporting Globe werden wollte, eine weitere Zeitschrift, die seinem Vater gehörte. Doch nie vertraute er sein Geheimnis jemandem an, aus Angst, es könnte seiner Mutter hinterbracht werden, die offensichtlich ganz andere Pläne für seine Zukunft hatte.
    Wenn Keith seinen Vater zur Rennbahn begleiten durfte –
    ohne seiner Mutter oder Miss Steadman je mitzuteilen, wohin sie sich begaben –, hatte er beobachtet, wie vor jedem Rennen riesige Summen gesetzt wurden. Auch sein Vater wettete gern und schob seinem Sohn hin und wieder eine Sixpence-Münze zu, damit auch er sein Glück versuchen konnte. Anfangs setzte Keith auf dieselben Pferde wie sein Vater, doch zu seiner Verwunderung hatte dies fast immer die Folge, daß er mit leeren Taschen nach Hause kam.
    Nach mehreren solcher Mittwochnachmittags-Ausflügen zur 57
    Rennbahn – und nachdem er hatte feststellen müssen, daß seine Sixpences meist im dicken Lederbeutel eines Buchmachers verschwanden – beschloß Keith, einen Penny die Woche in den Sporting Globe zu investieren. Wenn er regelmäßig die Pferderenn-Fachzeitschrift las, erfuhr er vielleicht einiges über den Victoria Racing Club und ob die Pferde und Jockeys gut in Form waren und was die Trainer und Besitzer über die
    Gewinnchancen zu sagen hatten. Doch selbst mit diesem neu erworbenen Wissen setzte er so regelmäßig wie zuvor auf die falschen Pferde. Oft hatte er schon in der dritten Woche des Trimesters sein ganzes Taschengeld verwettet.
    Keith’ Leben änderte sich, als er auf der Werbeseite des Sporting Globe die Anzeige für ein Buch mit dem Titel Wie man den Buchmacher austrickst entdeckte, verfaßt von einem gewissen »Lucky Joe«. Er überredete Florrie, ihm eine halbe Crown zu leihen und schickte eine Postanweisung an die Adresse, die in der Anzeige genannt wurde. Jeden Morgen ging er dem Postboten entgegen, bis das Buch neunzehn Tage später endlich eintraf. Von dem Moment an, da Keith die erste Seite aufschlug, wurde bei den abendlichen Lesestunden Homer von Lucky Joe als Pflichtlektüre verdrängt. Nach zweimaligem Lesen des Buches war Keith davon überzeugt, ein System entdeckt zu haben, das ihm permanente Siegwetten bescheren würde. Am folgenden Mittwoch raste er zur Rennbahn und fragte sich kopfschüttelnd, weshalb sein Vater nie Lucky

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