Imperium
Joes unfehlbare Methode benutzte.
Am Abend radelte Keith ohne das mitgebrachte
Taschengeld für das gesamte Trimester wieder zurück. Doch gab er nicht Lucky Joe die Schuld an seiner Pleite; statt dessen vermutete er, daß er das System einfach nicht richtig verstanden hatte. Nachdem er das Buch zum drittenmal gelesen hatte, wurde ihm sein Fehler klar. Wie Lucky Joe auf Seite 71
erklärte, mußte man über ein bestimmtes Anfangskapital verfügen, sonst brauchte man sich gar nicht erst der Hoffnung 58
hinzugeben, den Buchmacher überlisten zu können. Auf Seite 72 nannte Lucky Joe den Mindestbetrag – zehn Pfund –, doch da Keith’ Vater sich immer noch im Ausland befand und seine Mutter ihm schon aus Prinzip kein Geld gab, hatte Keith keine Möglichkeit, umgehend zu beweisen, daß Lucky Joe recht hatte.
Keith gelangte zu dem Schluß, daß er irgendwie an eine Summe herankommen mußte, die zehn Pfund möglichst
überstieg; da es jedoch gegen die Schulordnung verstieß, während der Trimester Geld zu verdienen, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich damit zufriedenzugeben, Lucky Joes Buch ein weiteres Mal zu lesen. Keith hätte eine Eins im Trimesterabschlußzeugnis bekommen, wäre Wie man den Buchmacher austrickst die Pflichtlektüre gewesen.
In den nächsten Ferien kehrte Keith nach Toorak zurück und sprach mit Florrie über seine finanziellen Probleme. Sie erzählte ihm, wie ihre Brüder sich während der Schulferien zusätzliches Taschengeld verdient hatten. Keith befolgte Florries Rat und begab sich am nächsten Samstag wieder zur Rennbahn, diesmal aber nicht, um Wetten abzuschließen –
dazu fehlte ihm noch immer das nötige Kapital –, sondern um hinter den Stallungen Pferdeäpfel in einen Zuckersack zu schaufeln, den Florrie ihm gegeben hatte. Mit dem schweren Sack auf der Lenkstange radelte er nach Melbourne zurück und verteilte den Dung auf den Blumenbeeten seiner Verwandten.
Nach zehn Tagen und siebenundvierzig solcher Fahrrad-
transporte zur Rennbahn und zurück hatte Keith dreißig Shilling eingenommen, den Düngemittelbedarf seiner gesamten Verwandtschaft befriedigt und obendrein die Düngerver-sorgung ihrer unmittelbaren Nachbarn übernommen.
Am Ende der Ferien hatte er fast vier Pfund beisammen.
Nachdem seine Mutter ihm schließlich sein Taschengeld von einem Pfund für das kommende Trimester ausgehändigt hatte, konnte Keith es gar nicht erwarten, sein Glück wieder auf der 59
Rennbahn zu versuchen. Das einzige Problem bestand darin, daß Lucky Joe bei seinem narrensicheren System auf Seite 72
darauf hinwies: »Versuchen Sie dieses System nicht mit weniger als zehn Pfund zu spielen«, was auf Seite 73
wiederholt wurde.
Keith wollte Wie man den Buchmacher austrickst gerade ein neuntes Mal lesen, als ihn Mr. Clarke, der Internatsleiter, während der Lesestunde dabei ertappte, wie er das Buch durchblätterte. Nicht nur, daß sein kostbarster Besitz beschlagnahmt und wahrscheinlich vernichtet wurde – Keith mußte auch noch die Demütigung über sich ergehen lassen, vor versammelter Schülerschaft vom Rektor Prügel zu beziehen.
Während er sich über den Tisch beugte, starrte er unwillkürlich auf Desmond Motson in der vordersten Reihe, der seine Schadenfreude nicht verbergen konnte.
Mr. Clarke erklärte Keith an diesem Abend, ehe das Licht ausgeschaltet wurde, daß er ohne seine Fürsprache zweifellos der Schule verwiesen worden wäre. Keith wußte, das hätte seinem Vater gar nicht gefallen – Sir Graham war zur Zeit auf dem Rückweg von einem Ort namens Jalta auf der Krim –, genauso wenig wie seiner Mutter, die bereits davon sprach, daß ihr Sohn nach dem Schulabschluß eine Universität namens Oxford in England besuchen sollte. Doch für Keith war es immer noch wichtiger, eine Möglichkeit zu finden, aus seinen knapp vier Pfund ein Vermögen von zehn Pfund zu machen.
Während der dritten Woche des neuen Trimesters kam Keith eine Idee, wie sein Geld sich auf eine Weise verdoppeln ließ, die niemals auffliegen würde.
Der Süßwarenstand der Schule war jeden Freitag zwischen siebzehn und achtzehn Uhr geöffnet und blieb dann bis zur gleichen Zeit in der darauffolgenden Woche geschlossen.
Bereits am Montag hatten die meisten Jungen ihre sämtlichen Süßigkeiten verschlungen, sich durch ihren Vorrat an
Kartoffelchips gemampft und zahllose Flaschen Limonade in 60
sich hineingeschüttet. Obwohl sie im Augenblick genug von all dem süßen Zeug hatten, bezweifelte Keith
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