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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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    Aber bevor ich mich von den Karten trenne, muß ich natürlich wissen, was du mir über Tomkins zu berichten hast.«
    »Erst will ich die Karten sehen«, verlangte Alexander.
    »Willst du damit sagen, daß mein Wort dir nicht genügt?«
    Keith grinste.
    »Da liegst du gar nicht so verkehrt.« Jetzt grinste auch Alexander.
    Keith zog die oberste Lade seines Schreibtisches auf und 85
    holte eine kleine Metallschatulle heraus. Dann steckte er den kleinsten der Schlüssel, die an seiner Kette befestigt waren, ins Schloß, drehte ihn, klappte den Deckel hoch und kramte in der Schatulle, bis er zwei lange, schmale Karten zum Vorschein brachte.
    Er hielt sie so, daß Alexander sie genau betrachten konnte.
    Nachdem sich ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht des Schulsprechers ausgebreitet hatte, fragte Keith: »Also, was weißt du über Tomkins? Was könnte ihn zwingen, seine
    Kandidatur aufzugeben?«
    »Er ist schwul.«
    »Das weiß doch jeder.« Keith winkte ab.
    »Ja. Aber nicht jeder weiß, daß er im letzten Halbjahr beinahe von der Schule geflogen wäre.«
    »Wär’ ich doch fast auch«, erwiderte Keith. »Das ist doch nichts von Bedeutung.« Er legte die zwei Karten in die Schatulle zurück.
    »Aber vielleicht ist es von Bedeutung, daß er mit dem jungen Julian Wells aus der unteren Klasse auf dem Klo erwischt wurde.«
    Alexander machte eine Pause. »Beide mit herunter-
    gelassenen Hosen.«
    »Wenn die Sache wirklich so drastisch war – wieso ist Tomkins dann noch hier?«
    »Weil es keine ausreichenden Beweise gab. Ich hab’ gehört, daß der Lehrer, der die beiden entdeckt hat, die Tür einen Moment zu spät öffnete.«
    »Oder einen Moment zu früh«, meinte Keith. »Außerdem
    weiß ich aus sicherer Quelle, daß der Direktor diese Art von öffentlicher Aufmerksamkeit zur Zeit bestimmt nicht als förderlich für das Ansehen der Schule betrachtet – vor allem, wenn man bedenkt, daß Tomkins bereits ein Stipendium für Cambridge in der Tasche hat.«
    Keith lächelte nun breit, langte wieder in die Schatulle und 86
    holte eine Karte heraus.
    »Du hast mir beide versprochen!« protestierte Alexander.
    »Die andere bekommst du morgen – wenn ich gewählt werde.
    So kann ich wenigstens halbwegs sicher sein, daß du dein Kreuz ins richtige Kästchen machst.«
    Alexander nahm die Karte. »Die andere hole ich mir
    morgen.« Nachdem der Schulsprecher die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb Keith an seinem Schreibtisch sitzen und fing wie rasend zu tippen an. In kürzester Zeit schaffte er vier Seiten auf der kleinen Remington, die sein Vater ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Nachdem er seinen Text
    fertiggestellt hatte, las er ihn durch, nahm ein paar Korrekturen vor und ging dann zur Druckerpresse der Schule, um eine limitierte Extraausgabe herzustellen.
    Fünfzig Minuten später kam Keith wieder zum Vorschein –
    mit einer fingierten Titelseite in der Hand, frisch aus der Presse. Er blickte auf die Uhr. Cyril Tomkins gehörte zu den Schülern, die zwischen siebzehn und achtzehn Uhr stets brav über ihren Klassenarbeiten saßen. Wahrscheinlich war es auch an diesem Tag nicht anders. Keith ging über den Flur und klopfte leise an Tomkins’ Tür.
    »Herein!« rief Tomkins.
    Als Keith eintrat, blickte der fleißige Schüler von seinem Schreibtisch auf. Er konnte sein Erstaunen nicht verbergen; denn Townsend hatte ihn bisher noch nie besucht. Ehe
    Tomkins fragen konnte, was Keith zu ihm führte, begann dieser bereits: »Ich dachte, du würdest vielleicht gern die erste Ausgabe der Schülerzeitschrift unter meiner Federführung sehen.«
    Tomkins schürzte die wulstigen Lippen. »Ich glaube, du wirst feststellen, daß ich die morgige Wahl im Galopp gewinnen werde – wenn ich eine deiner viel zu häufig benutzten Redewendungen gebrauchen darf.«
    »Nicht, wenn du vorher deine Kandidatur zurückziehst«, 87
    sagte Keith.
    »Warum sollte ich?« Tomkins nahm seine Brille ab und
    putzte sie mit dem Ende seiner Krawatte. » Mich kannst du nicht bestechen, wie du es bei den anderen Schülern der sechsten Klasse versucht hast.«
    »Stimmt«, gab Keith zu, »aber ich hab’ trotzdem das
    Gefühl, daß du deine Kandidatur zurückziehen wirst, wenn du das hier erst gelesen hast.« Er schob ihm die Titelseite hin.
    Tomkins setzte die Brille wieder auf, kam jedoch nicht über die Schlagzeile und einige Worte des ersten Absatzes hinaus, ehe er sich übergab, daß das Erbrochene auf seine Bücher und Schulhefte

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