Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
Vom Netzwerk:
Brief an seine Mutter zur Post brachte, verabredete er sich deshalb für den Samstagnachmittag mit Betsy. Er versprach ihr, sie an einen Ort zu führen, an dem sie bestimmt noch nie gewesen war.
    Nachdem der Bus mit der ersten Mannschaft losgefahren und nicht mehr zu sehen war, wartete Keith hinter den Bäumen an der Nordseite des Sportplatzes auf Betsy. Nach einer halben Stunde fragte er sich, ob sie tatsächlich erschien, doch wenige Augenblicke später sah er sie quer über die Wiesen trippeln und vergaß sogleich seine Ungeduld. Sie hatte ihr langes blondes Haar mit einem Gummiband zu einem Pferdeschwanz gebunden, und ihr gelber Pullover saß so eng, daß es Keith an Lana Turner erinnerte; dazu trug sie einen engen schwarzen 100
    Rock, der ihr keine Wahl ließ, als ausgesprochen kurze Schritte zu machen.
    Keith wartete, bis sie sich hinter den Bäumen zu ihm
    gesellte; dann nahm er sie am Arm und führte sie rasch in die Richtung des Pavillons. Alle paar Meter blieb er stehen, um sie zu küssen, und er hatte den Reißverschluß ihres Rockes bereits entdeckt, als sie noch mindestens zwanzig Meter bis zum Pavillon zurücklegen mußten.
    Beim Erreichen der Hintertür zog Keith einen großen
    Schlüssel aus seiner Jackentasche, steckte ihn ins Schloß, drehte ihn langsam um, stieß die Tür auf und tastete nach dem Lichtschalter. In diesem Augenblick hörte er das Stöhnen.
    Ungläubig starrte Keith auf den Anblick, der sich ihm bot. Vier Augen blinzelten geblendet zu ihm empor. Das eine Augenpaar erkannte Keith sofort; das Gesicht konnte er zwar nicht sehen, aber die Beine waren ihm mehr als vertraut. Wem das zweite Augenpaar gehörte, wußte er ebenfalls auf den ersten Blick.
    Ganz bestimmt würde Duncan Alexander nie den Tag
    vergessen, an dem er seine Unschuld verloren hatte.

    101
    THE TIMES

21. November 1940
    Ungarn im Netz der Achsenmächte:
    ›Es kommen noch mehr‹, prahlt Ribbentrop

    Lubji lag zusammengekrümmt am Boden und drückte die
    Hände aufs Kinn. Der Soldat hielt das Bajonett dicht zwischen seine Augen und deutete mit einer Kopfbewegung an, daß er zu den anderen Gefangenen auf den wartenden Lkw steigen solle.
    Lubji versuchte, seine Proteste in Ungarisch fortzusetzen, doch er wußte, daß es zu spät war. »Hör auf zu quasseln, Jude«, zischte der Soldat, »oder ich mach’ dich zur Sau.« Das Bajonett bohrte sich in Lubjis Hose und riß die Haut an seinem rechten Bein auf. Lubji humpelte, so rasch er konnte, zum Lastwagen und schloß sich einer Gruppe benommener,
    hilfloser Menschen an, die nur eines gemein hatten: daß man sie allesamt für Juden hielt. Herr und Frau Cerani wurden höchst unsanft auf die Ladefläche befördert, ehe der Lkw sich auf die langsame Fahrt aus der Stadt machte. Nach einer Stunde erreichte er den Hof des Stadtgefängnisses, und Lubji wurde mitsamt allen anderen ausgeladen, als wären sie Vieh.
    Die Männer mußten sich hintereinander aufstellen und
    wurden quer über den Hof in eine große steinerne Halle geführt. Wenige Minuten später marschierte ein SS-Feldwebel herein, gefolgt von einem guten Dutzend deutscher Soldaten.
    Der SS-Mann brüllte einen Befehl in seiner Muttersprache. »Er sagt, wir müssen uns ausziehen«, flüsterte Lubji, der die Worte ins Ungarische übersetzte.
    Alle schlüpften aus ihrer Kleidung, und die Soldaten trieben die nackten Männer zu Reihen zusammen. Die meisten froren und zitterten, einige weinten. Lubji ließ den Blick auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit durch die Halle schweifen.

    102
    Es gab nur eine Tür – von Soldaten bewacht – und drei kleine Fenster, ziemlich hoch oben.
    Minuten später kam ein zigarillorauchender SS-Offizier in maßgeschneiderter Uniform hereinmarschiert. Er stellte sich in die Mitte der Halle und erklärte Lubji und den anderen mit knappen Worten, daß sie nun Kriegsgefangene seien. »Heil Hitler!« rief er abschließend; dann wandte er sich zum Gehen.
    Lubji trat einen Schritt nach vorn und lächelte, als der Offizier an ihm vorüberschritt. »Guten Tag, Herr Hauptmann«, sagte er. Der Offizier blieb stehen und starrte den jungen Burschen abfällig an. Lubji versuchte, ihm in gebrochenem Deutsch klarzumachen, daß sie einen schrecklichen Fehler begingen; dann öffnete er die Hand, in der er ein Bündel Pengös hielt.
    Der Offizier lächelte, nahm die Geldscheine und setzte sie mit seinem Zigarillo in Brand. Die Flamme wuchs. Als er das Bündel nicht mehr festhalten konnte, warf er Lubji die

Weitere Kostenlose Bücher