Imperium
Damentoilette so viel Platz war. Seine Erleichterung war groß; niemand schien zu merken, daß er soeben seine Unschuld verloren hatte. Für Penny war es sicher nicht das erste Mal gewesen; denn bisher hatte er ihr auf diesem Gebiet nichts Neues beibringen können.
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Doch das alles hatte schon zu Beginn des vorherigen
Trimesters angefangen, und mittlerweile schwärmte Keith für ein Mädchen namens Betsy, das im hiesigen Postamt hinter dem Schalter stand. Seine Mutter hatte sich bereits gewundert, daß ihr Sohn in letzter Zeit so regelmäßig nach Hause schrieb.
Keith lag auf der zerschlissenen obersten Matte und fragte sich, wie Betsy wohl nackt aussah. Heute war endgültig das letzte Mal mit Penny gewesen; das nahm er sich fest vor.
Als sie ihren Büstenhalter zuhakte, fragte Penny beiläufig:
»Nächste Woche, um die gleiche Zeit?«
»Tut mir leid, nächsten Samstag kann ich nicht. Da hab’ ich einen Termin in Melbourne.«
»Bei wem?« wollte Penny wissen. »Du wirst doch nicht
etwa für die erste Mannschaft spielen?«
Keith lachte. »Nee, so tief sind die Jungs noch nicht gesunken. Ich muß zu einem Vorgespräch. Wegen Oxford.«
»Warum machst du dir überhaupt die Mühe?« fragte Penny.
»Falls du wirklich angenommen wirst, würden sich doch bloß deine schlimmsten Befürchtungen über die Engländer
bestätigen.«
»Ich weiß, aber meine Mutter…«, begann er, während er sich die Hose zum zweitenmal hochzog.
»Außerdem hab’ ich gehört, wie mein Vater zu Mr. Clarke sagte, daß er deinen Namen nur deiner Mutter zuliebe noch auf die Liste gesetzt hat.«
Penny bereute die Worte, kaum daß sie ausgesprochen
waren.
Keith starrte zu dem Mädchen hinunter, das normalerweise nicht errötete, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
Keith bediente sich seiner zweiten Ausgabe der Schülerzeitung, um seiner Meinung über Privatschulen Luft zu machen.
»Nun, da wir uns der zweiten Hälfte des zwanzigsten
Jahrhunderts nähern, sollte nicht mehr Geld allein eine gute 96
Ausbildung garantieren«, schrieb er. »Der Besuch der besten Schulen müßte jedem offenstehen, der die erforderliche Begabung besitzt, und sollte nicht davon abhängen, in welche Familie man hineingeboren wurde.«
Keith wartete, daß der Zorn des Direktors sich auf sein Haupt herabsenkte, doch von dieser Seite kam nur Schweigen.
Mr. Jessop nahm die Herausforderung nicht an – was daran liegen mochte, daß Keith von den 5.000 Pfund, die für den Bau des neuen Kricketpavillons erforderlich waren, bereits 1.470
Pfund an Spenden gesammelt hatte. Zugegeben, das meiste davon stammte von Kontaktleuten seines Vaters, die das Geld bezahlten, um ihre Namen in Zukunft aus den Schlagzeilen der Titelseiten herauszuhalten, wie Keith vermutete.
Tatsächlich war die einzige Auswirkung des Artikels keine Beschwerde, sondern ein Angebot über 10 Pfund vom
Melbourne Age, dem Hauptkonkurrenten Sir Grahams, der den zweitausendfünfhundert Anschläge langen Artikel ungekürzt abdrucken wollte. Keith nahm sein erstes Honorar als
Journalist erfreut entgegen, verwettete jedoch am folgenden Mittwoch die gesamte Summe bereits wieder und bewies damit aufs neue, daß Lucky Joes System keineswegs unfehlbar war.
Trotzdem freute Keith sich darauf, seinen Vater mit dem kleinen Coup beeindrucken zu können. Am Samstag las er seinen Artikel im Melbourne Age. Die Redakteure hatten kein einziges Wort geändert, dem Artikel jedoch einen höchst irreführenden Titel verpaßt: SIR GRAHAMS SOHN
FORDERT STIPENDIEN FÜR AUSTRALISCHE EINGE-
BORENE. Auf der einen Hälfte der Seite konnte man Keith’
radikale Anschauungen lesen, auf der anderen einen Artikel des Redakteurs für Wissenschaft und Bildung, der sich überzeugend für die Privatschulen einsetzte. Die Leser wurden um ihre Meinung gebeten, und am folgenden Samstag hatte der Age auf Sir Grahams Kosten seinen großen Tag.
Keith war erleichtert, daß sein Vater dieses Thema nie zur 97
Sprache brachte. Allerdings hörte er, wie er zu seiner Mutter sagte: »Der Junge dürfte eine Menge aus dieser Sache gelernt haben. Und überhaupt… in mancher Hinsicht muß ich ihm sogar recht geben.«
Seine Mutter war allerdings nicht ganz dieser Ansicht, was sie auch deutlich zum Ausdruck brachte.
Während der Ferien wurde Keith jeden Vormittag von Miss Steadman auf die Abschlußprüfungen vorbereitet.
»Lernen ist nur eine andere Form der Tyrannei«, erklärte Keith nach einer anstrengenden
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