Imperium
nicht erfahren, da Penny ihn weder eines Blickes und schon gar keines Wortes mehr würdigte. Duncan Alexander und andere bezeichneten ihn als Verräter. Doch zum Ärger aller schien es Keith nicht zu berühren, welche Meinung andere von ihm hatten.
Im Laufe des Trimesters fragte er sich, was wahrscheinlicher war: die Einberufung zum Wehrdienst oder ein Studienplatz in Oxford. Ungeachtet seiner Befürchtungen stellte er die 124
nachmittägliche Arbeit für den Courier ein,um mehr Zeit für seine Studien zu haben. Er verdoppelte seine Bemühungen sogar, als sein Vater versprach, ihm einen Sportwagen zu schenken, falls er die Abschlußprüfungen bestand. Die Vorstellung, es dem Direktor zu beweisen und einen eigenen Wagen zu haben, war unwiderstehlich. Miss Steadman, die Keith weiterhin während der langen dunklen Abende
Nachhilfeunterricht erteilte, schien unter ihrer doppelten Belastung aufzublühen.
Als Keith für sein letztes Trimester nach St. Andrews zurückkehrte, war er bereit, sich sowohl den Prüfern wie dem Direktor zu stellen: Bei der Spendenaktion für den neuen Pavillon fehlten nur noch ein paar hundert Pfund. Keith beschloß, in seiner letzte Ausgabe des St. Andy den Erfolg der Spendenaktion zu verkünden. Er hoffte, daß der Direktor es sich dann dreimal überlegen würde, wegen eines Artikels in der nächsten Ausgabe, in dem die Abschaffung der Monarchie vorgeschlagen wurde, irgendwelche Schritte zu unternehmen.
Australien kann gut darauf verzichten, von einer mehr als zehntausend Meilen entfernten deutschen Mittelstandsfamilie regiert zu werden. Warum sollten wir, da wir uns nun der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts nähern, ein solch elitäres System noch länger stützen? Entledigen wir uns dieser royalistischen Traditionen, posaunte der Leitartikel, der britischen Nationalhymne, Flagge und Währung! Nach Beendigung des Krieges ist die Zeit reif, Australien zur Republik zu erklären.
Mr. Jessop schwieg verkniffen, während die Redaktion des Melbourne Age Keith 50 Pfund für den Artikel bot. Keith nahm sich viel Zeit, das Angebot abzulehnen. Duncan Alexander ließ durchblicken, daß jemand aus der näheren Umgebung des Direktors ihm erzählt hatte, er halte es für unwahrscheinlich, daß Keith es bis zu den Abschlußprüfungen durchstehen würde.
125
Während der ersten Wochen seines letzten Trimesters
verbrachte Keith weiterhin die meiste Zeit damit, sich auf die Prüfungen vorzubereiten, und gönnte sich nur hin und wieder eine Pause, um sich mit Betsy zu treffen, sowie einen einzigen Mittwochnachmittag auf der Rennbahn, während andere
Schüler sich anregenderen Freizeitbeschäftigungen hingaben.
Keith hätte an besagtem Mittwoch die Rennbahn vielleicht gar nicht besucht, hätte einer der Jungs aus der örtlichen Turfszene ihm nicht einen »todsicheren Tip« gegeben. Er ging seine Finanzen sorgfältig durch. Von seinem Ferienjob hatte er etwas gespart; außerdem besaß er noch sein Taschengeld. Er beschloß, er würde nur eine Wette im ersten Rennen abschließen und gleich, nachdem er gewonnen hatte, zur Schule zurückkehren, um weiter an seinem Prüfungsstoff zu arbeiten.
An diesem Mittwochnachmittag holte er sich sein Fahrrad, das er hinter dem Postamt abgestellt hatte, und versprach Betsy, noch kurz vorbeizuschauen, bevor er zur Schule zurückfuhr.
Der »todsichere Tip« hieß Rum Punch und war für das 14-Uhr-Rennen gemeldet. Keith’ Informant glaubte so fest an Rum Punchs Sieg, daß Keith fünf Pfund auf die junge Stute setzte, bei einer Quote von sieben zu eins für den Sieg. Noch ehe die Schranke gehoben wurde, überlegte Keith bereits, was er mit seinem Gewinn anstellen würde.
Rum Punch lag auf der gesamten Zielgeraden in Front, und obwohl ein anderes Pferd die Stute auf den letzten Metern zunehmend bedrängte, warf Keith triumphierend die Arme in die Höhe, als beide Tiere am Zielpfosten vorüberpreschten. Er ging zu seinem Buchmacher, um seinen Gewinn zu kassieren.
»Der offizielle Schiedsspruch für das erste Rennen des heutigen Nachmittags«, ertönte es aus den Lautsprechern,
»verzögert sich ein wenig, da die Rennleitung auf ein Zielfoto zwischen Rum Punch und Colonus besteht.« Von Keith’ Platz aus gesehen, hatte Rum Punch klar gewonnen; deshalb konnte er nicht verstehen, weshalb überhaupt ein Zielfoto gemacht 126
worden war. Wahrscheinlich, vermutete er, damit die
Veranstalter beweisen konnten, daß sie ihre Pflichten ernst nahmen. Er blickte auf
Weitere Kostenlose Bücher