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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Fleet Street. Der stellvertretende Chefredakteur war ständig unterwegs und eilte von einem Redakteur zum anderen.
    Keith hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Schon bald war ihm klar, weshalb Butterfield dreimal geschieden war. Wenige Frauen würden Wert darauflegen, mit einem solchen Mann Schritt zu halten und ein solches Leben zu teilen. Jeden Abend, außer am Samstag, brachte Butterfield die Zeitung gewisser-maßen zu Bett – und sie war eine Herrin, die nichts verzieh.
    Im Laufe der Wochen langweilte es Keith immer mehr,
    nichts anderes zu tun, als Frank überallhin zu folgen. Es drängte ihn danach, ein besseres Bild darüber zu bekommen, wie die Zeitung hergestellt wurde, wie der ganze Betrieb überhaupt lief und organisiert und geleitet wurde. Frank, der sich der Ungeduld des jungen Mannes bewußt wurde,
    entwickelte ein Programm, das dafür sorgen sollte, daß sein Adlatus stets vollauf beschäftigt war. Keith verbrachte drei Monate im Vertrieb, die nächsten drei in der Anzeigenabteilung, und weitere drei in der Herstellung. Dort stieß er auf zahllose Fälle von Schlamperei: Gewerkschafter, die Karten spielten, während sie an den Druckerpressen hätten stehen sollen, oder die sich zwischen den schweren Aufgaben, Kaffee zu trinken oder Wetten beim nächsten Buchmacher
    abzuschließen, eine Arbeitspause gönnten. Manche schoben sogar mehrere Stechkarten unter verschiedenen Namen in die Stempeluhr und steckten den Lohn für jede Karte ein.

    195
    Als Keith sechs Monate beim Express war, hegte er längst seine Zweifel, daß der Inhalt das einzig Wichtige für den Erfolg einer Zeitung war. Hätten er und sein Vater an ihren gemeinsamen Sonntagvormittagen nicht die Anzeigenseiten im Courier genauso intensiv lesen sollen wie die Titelseite? Und wenn sie im Arbeitszimmer seines alten Herrn die Schlagzeilen der Gazette kritisiert hatten – wäre es da nicht produktiver gewesen, sich zu vergewissern, daß Sir Grahams Unternehmen nicht mehr Arbeiter beschäftigte, als tatsächlich benötigt wurden? Oder ob die Honorare und Spesen der Journalisten nicht ins Uferlose abglitten? So hoch die Auflage und der Absatz einer Zeitschrift auch sein mochte – das Hauptaugenmerk sollte darauf gerichtet sein, so gewinnbringend wie möglich zu wirtschaften. Über dieses Problem diskutierte Keith oft mit Frank Butterfield. Frank war der Meinung, daß sich an den längst eingefahrenen Praktiken in der Herstellung inzwischen wohl nichts mehr ändern ließe.
    Regelmäßig schrieb Keith nach Hause und legte seine
    Theorien sehr ausführlich dar. Nun, da er viele Probleme seines Vaters aus erster Hand kennenlernte, befürchtete er, daß die Gewerkschaftspraktiken, die sich hier in der Fleet Street eingebürgert hatten, bald auch in Australien einreißen könnten.
    Am Ende seines ersten Jahres sandte Keith – gegen Frank Butterfields Rat – ein langes Memorandum an Lord
    Beaverbrook im Arlington House. Er legte dar, daß in der Herstellung etwa zwei Drittel mehr Arbeiter auf der Lohnliste standen, als wirklich benötigt wurden; des weiteren schrieb er, daß es praktisch unmöglich sei, daß ein moderner
    Zeitungsverlag Gewinn mache, solange die Löhne die höchsten Betriebsausgaben darstellten. In Zukunft müsse sich jemand die Gewerkschaften vornehmen. Beaverbrook bestätigte den Erhalt des Memorandums nicht.
    Keineswegs eingeschüchtert, begann Keith sein zweites Jahr beim Express. Er arbeitete jeden Tag mehr Stunden, als er sich 196
    in Oxford auch nur hätte träumen lassen. Dies bestärkte ihn in seiner Meinung, daß es früher oder später radikale Änderungen in der Zeitschriftenbranche würde geben müssen. Diesmal entwarf Keith ein langes Memorandum für seinen Vater, über das er mit ihm zu diskutieren beabsichtigte, sobald er wieder in Australien war. In seinen Darlegungen schilderte Keith, welche Veränderungen er für den Courier und die Gazette als notwendig erachtete, sollten diese Zeitungen auch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewinnbringend bleiben.
    Keith war am Telefon in Butterfields Büro und buchte
    gerade seinen Flug nach Melbourne, als ein Bote ihm das Telegramm brachte.

    197
    THE TIMES

5.Juni 1945

Alliierter Kontrollrat
    übernimmt Regierungsgewalt

in Deutschland
    Als Captain Armstrong den Telegraf zumerstenmal besuchte, überraschte es ihn, wie schäbig die kleinen, im Souterrain gelegenen Redaktionsräume waren. Er wurde von einem Mann begrüßt, der sich als Arno Schultz vorstellte,

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