Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
sich mittelgradige Zellveränderungen ( CIN II ) in 40 Prozent der Fälle ohne Behandlung wieder zurück.
Bei etwa 10 Prozent der chronisch Infizierten schreiten die Zellveränderungen innerhalb von acht Jahren zu hochgradigen Dysplasien ( CIN III ) fort, die als Vorstufe von Krebs angesehen werden. Auch diese Veränderungen bilden sich in 33 Prozent der Fälle spontan zurück (Kind 2004).
Gebärmutterhalskrebs
Durchschnittlich liegen noch einmal acht bis zwölf Jahre zwischen einer CIN - III - und einer Krebserkrankung. Weniger als 1 Prozent der Frauen, die sich mit einem Hochrisiko- HPV angesteckt haben, erkranken schließlich an Gebärmutterhalskrebs.
Der Gebärmutterhalskrebs steht in Mitteleuropa an elfter Stelle bei den Krebserkrankungen von Frauen aller Altersgruppen. Er macht 3,2 Prozent aller Krebserkrankungen und 1,8 Prozent der Krebstodesfälle bei Frauen aus. Bei Frauen bis zum 45. Lebensjahr ist er der zweithäufigste bösartige Tumor. Die beiden Häufigkeitsgipfel liegen in der Altersgruppe von 35 bis 55 Jahren und dann wieder jenseits von 60Jahren.
Im Jahr 2002 erkrankten in Deutschland 6700 Frauen an Zervixkarzinom, bei jeder vierten (1700 Fälle) führte er zum Tod ( GEKID 2006).
Nach Einführung der Vorsorgeuntersuchung in den siebziger Jahren (Pap-Test) gingen die Erkrankungszahlen und Todesfälle in Deutschland um über 60 Prozent zurück, mit immer noch anhaltendem Trend nach unten – und dies, obwohl bei uns weniger als zwei Drittel aller Frauen an der empfohlenen Vorsorge im Dreijahresabstand teilnehmen.
In Ländern wie England, Schweden oder den Niederlanden sind die Vorsorgeuntersuchungen wesentlich besser organisiert und daher noch effektiver: Bei den Teilnehmerinnen sinkt das Risiko für Gebärmutterhalskrebs um über 90 Prozent (Rosenbrock 2007).
Eine weitere Reduzierung lässt sich durch einen routinemäßigen Test auf Hochrisiko- HPV im Genitalabstrich erzielen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfiehlt einen solchen Test bei Frauen mit höhergradigen Zelldysplasien. Zurzeit wird überprüft, ob man künftig anstelle des bisherigen Zellabstrichs überhaupt nur einen Test auf Risiko- HPV im Fünfjahresabstand anbieten soll. Bei einem negativen Testergebnis ist die Gefahr sehr gering, hochgradige Zellveränderungen ( CIN III ) zu entwickeln.
Ratsam ist der Test allerdings nur bei über Dreißigjährigen. Bei jüngeren Frauen heilen HPV -Infektionen überwiegend spontan ab, und das Wissen um die Infektion würde die Lebensqualität zu stark einschränken. Falsch oder fraglich positive Befunde sind ein großes Problem und eine nicht zu unterschätzende »Nebenwirkung« jeder Krebsvorsorge.
In Ländern ohne Krebsvorsorgeprogramme trägt der Gebärmutterhalskrebs erheblich zur Sterblichkeit bei. Weltweit erkranken daran jährlich eine halbe Million Frauen.
Die HPV -Impfung
Seit Oktober 2006 ist der HPV -Impfstoff Gardasil (Entwicklung: Merck & Co., europäischer Vertrieb: Sanofi Pasteur MSD ) auf dem europäischen Markt, seit Sommer 2007 der Impfstoff Cervarix von GlaxoSmithKline. Beide Impfstoffe sind zugelassen für Frauen zwischen neun und 26 Jahren und für Jungen zwischen neun und 15Jahren.
Die Erteilung der Zulassung war äußerst ungewöhnlich, denn bis dahin war keine einzige Studie zum klinischen Nutzen abgeschlossen. Im Mai 2008 antwortete der parlamentarische Staatssekretär Schweinitz auf eine diesbezügliche Anfrage im Deutschen Bundestag: »Die abschließenden Studienberichte werden demnächst bei der EMA eingereicht« (Schweinitz 2008).
Gardasil enthält gentechnologisch hergestelltes Hülleneiweiß von vier HPV -Typen: Typ 6, 11, 16 und 18. Die beiden Letzteren wurden bisher für 70 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich gemacht, die Typen 6 und 11 für 90 Prozent aller Genitalwarzen. Hilfsstoffe sind Natriumborat, Polysorbat 80 und das bisher nur selten in Impfstoffen verwendete Aluminiumhydroxphosphat-Sulfat.
Cervarix richtet sich gegen die HPV -Typen 16 und 18 und soll auch einen gewissen Schutz vor Infektionen mit den ebenfalls als Krebsverursacher in Frage kommenden HPV -Typen 31 und 45 bieten. Der Impfstoff ist mit einem neuen Hilfsstoff ( AS 04) ausgerüstet, der die Wirkung verstärken und verlängern soll.
Merck (bzw. der europäische Vermarkter Sanofi) und GlaxoSmithKline haben sich gegenseitig Kreuzlizenzen erteilt, die beiden die Nutzung der Patentrechte zur Impfstoffherstellung erlauben. Das
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