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Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Titel: Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hirte
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entspricht (
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1999). 1999 und 2000 kam es zu je acht Fällen (
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2002). Alle Meldungen betrafen ältere Menschen. Seit 2001 ist der Tetanus nicht mehr meldepflichtig.
    Seit 1980 ist kein Todesfall bei Kindern bekannt geworden, drei Todesfälle gab es bei unter 45 Jahre alten Erwachsenen.
    In Bürgerkriegsregionen und Ländern mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen gehört der Tetanus immer noch zum Alltag. Etwa 20 Millionen Kinder weltweit sind nicht oder nicht ausreichend geimpft. Durch Intensivierung der Impfkampagnen sind jedoch die Erkrankungszahlen stark rückläufig. Die WHO schätzt die Zahl der Tetanus-Todesfälle auf circa 12000 pro Jahr. Die meisten Erkrankungen werden in Indien, Uganda, der DR Kongo und auf den Philippinen verzeichnet.
    Hat eine Frau während der Schwangerschaft einen ausreichenden Tetanusschutz, dann ist auch der Säugling durch übertragene mütterliche Antikörper in den ersten Lebensmonaten geschützt. Die WHO hat daher zu Beginn der achtziger Jahre zu Tetanusimpfkampagnen für Frauen im gebärfähigen Alter und für werdende Mütter in Entwicklungsländern aufgerufen. Der Neugeborenentetanus ist dadurch weltweit auf dem Rückzug.
    Tetanus könnte übrigens, ebenso wie Polio oder Hepatitis A, eine »Zivilisationskrankheit« sein: In den achtziger Jahren fand der Hamburger Impfspezialist Ehrengut bei 89 Prozent ungeimpfter Erwachsener in Mali Tetanus-Antikörper. Fast die Hälfte hatte einen ausreichenden Tetanusschutz, der im Fall einer Schwangerschaft auch für das Neugeborene wirksam gewesen wäre (Ehrengut 1983). Vermutlich sorgt die Aufnahme verschmutzter Nahrung vom Kindesalter an für einen häufigen unterschwelligen Kontakt mit Tetanuserregern und damit für den Aufbau eines Tetanusschutzes. Der frühkindliche Reflex, alles in den Mund zu stecken, könnte damit zusammenhängen.
    Die Tetanusgefahr kann auch bei Ungeimpften durch gute Wundversorgung und Desinfektion verringert werden. Infizierte oder verschmutzte Wunden dürfen auf keinen Fall genäht oder geklebt, sondern müssen offen behandelt werden. Die Impfung kommt im Verletzungsfall für die Verhinderung einer Tetanuserkrankung zu spät. Vom behandelnden Arzt wird daher eine »Simultanimpfung« angeraten – die gleichzeitige Verabreichung von Tetanusimpfung und Tetanus-Immunglobulinen (Tetagam). Die Impfung zielt allerdings nur auf die Immunität bei künftigen Verletzungen. Tetagam wird aus dem Blut von Spendern hergestellt, die einen hohen Blutspiegel an Tetanus-Antikörpern haben. Innerhalb von 72 Stunden nach der Verletzung gespritzt, können diese Antikörper die Tetanusgiftstoffe abfangen und so den Ausbruch des Tetanus verhindern.
    Die Unterlassung der Tetanusimmunisierung eines Ungeimpften im Verletzungsfall gilt in Deutschland als ärztlicher Kunstfehler. Nach einer holländischen Untersuchung erzeugt sie jedoch astronomische Kosten, denn es müssen über 500000 ungeimpfte Verletzte behandelt werden, um einen einzigen Fall von Tetanus zu verhindern. Die Verhinderung eines Todesfalles kostet sogar mehr als 100 Millionen Euro – eine absurd hohe Summe, die besser in anderen Bereichen des Gesundheitssystems aufgehoben wäre, beispielsweise in der Prävention von Zivilisationskrankheiten. Die holländischen Autoren empfehlen daher die Gabe von Tetagam nur bei Frauen ab 55 Jahren und bei Männern über 70 Jahren, wenn der Impfstatus unklar ist (de Melker 2004b).
    In Großbritannien wird das Immunglobulin nur noch bei ausgesprochenen Risikoverletzungen verabreicht ( UK 2006):
     
    Stichwunden und Wunden, die Fremdkörper enthalten,
Wunden oder Verbrennungen mit abgestorbenem Gewebe, besonders wenn sie mit Erde oder Tierkot verunreinigt sind,
großen Wunden oder Verbrennungen, die erst nach mehr als sechs Stunden chirurgisch versorgt werden.
     
    Die britischen Gesundheitsbehörden empfehlen bei solchen Hochrisikoverletzungen die Gabe von Tetagam auch für Personen, die ausreichend geimpft sind, da es in der Vergangenheit in Einzelfällen trotz Impfschutz zu – wenn auch milden – Tetanuserkrankungen kam ( WHO 2006).
    Für eine Prophylaxe durch homöopathische Medikamente, etwa Hypericum, gibt es keinen Wirksamkeitsbeleg. »Erfolge« können auch auf der geringen Erkrankungswahrscheinlichkeit beruhen.
    Die Tetanusimpfung
    Zur Vorbeugung von Tetanus ist in allen Ländern der Welt die Tetanusimpfung ab dem Säuglingsalter empfohlen. Wirkprinzip ist das »entgiftete« Tetanusgift – das sogenannte

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