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In aller Unschuld Thriller

In aller Unschuld Thriller

Titel: In aller Unschuld Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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ohne Unterlass gebrüllt, die Augen waren ihm aus dem Kopf gequollen, und er hatte wild um sich getreten. Man hatte ihm eine Beruhigungsspritze geben müssen.
    Kovac versuchte sich vorzustellen, wie Stan Dempsey Carey Moore in dem Parkhaus auflauerte, sich auf sie stürzte, sie niederschlug und immer wieder auf sie eindrosch.
    Du Miststück! Blöde Fotze!
    Die Wut war da. Versteckt hinter der ausdruckslosen Miene und dem unauffälligen Verhalten. Kovac nahm einen Stift und eine alte Restaurantrechnung und machte sich eine Notiz, dass die Videospezialisten versuchen sollten, eine Vergrößerung von dem Schlagstock zu machen. Wenn es ein Gummiknüppel war … dann sah es für Stan Dempsey nicht gut aus.
    Stan Dempsey wohnte nicht einmal zwei Kilometer von Kovac entfernt. Sein Haus hatte nur anderthalb Stockwerke, die Mauern waren mit grauen Schindeln verkleidet, die Fensterrahmen weiß gestrichen. Auf dem Rasen im Vorgarten lagen vereinzelte Blätter, die der Wind von dem Ahornbaum auf der anderen Straßenseite herübergetragen hatte.
    Kovac ging zur Haustür und klingelte. Drinnen blieb es still. Kein bellender Hund, kein Stan. Er klingelte noch einmal und wartete.
    Wohin konnte der Kollege so früh an einem Samstagmorgen gegangen sein? Vielleicht zum Supermarkt, um die Wochenendeinkäufe zu erledigen. Er kam Kovac wie der Typ vor, der Leber und Zwiebeln aß … und Haschee … und all die anderen Dinge, die kein normaler Mensch mehr aß. Zunge … Ochsenschwanz.
    Noch immer kam Stan nicht an die Tür. Kovac versuchte, den Türknauf zu drehen. Abgeschlossen.
    Vielleicht war er auch spazieren gegangen. Vielleicht war er übers Wochenende aufs Land gefahren. Kovac erinnerte sich, einmal mitbekommen zu haben, dass Stan gern zum Angeln ging. Vielleicht hatte er eine Hütte an einem der tausend Seen von Minnesota.
    Kovac stellte sich an das Panoramafenster, das zur Straße ging. Die Vorhänge waren zugezogen. Nichts zu sehen.
    An einer Seite des Hauses hing vor einem Fenster, das möglicherweise zum Esszimmer gehörte, eine dünne Gardine. Nur lag das Fenster so hoch, dass Kovac auch von hier aus nicht ins Haus sehen konnte.
    Etwas unschlüssig ging er zur Rückseite. Neben der Hintertür stand ein Holzkohlengrill. Billige weiße Gartenmöbel aus Plastik auf der betonierten Terrasse. Ein einzelner Stuhl und ein kleiner Tisch. Der Inbegriff der Einsamkeit. Kovac nahm sich den Stuhl und ging damit zurück zu dem Fenster mit der Gardine.
    Er wusste nicht, was er zu sehen erwartet hatte. Jedenfalls nicht das, was sich seinem Blick bot. Ein kleines, normales Esszimmer, die Wände in einem blassen Türkisblau gestrichen. Ein Kirschholzbuffet. Ein Kirschholzesstisch … auf dem fein säuberlich ein ganzes Arsenal von Waffen ausgebreitet war. Und eine Videokamera auf einem Stativ, gerichtet auf einen Stuhl, der unter dem Tisch hervorgezogen worden war.
    »O Scheiße«, flüsterte Kovac, und das Herz sank ihm in die Hose.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Kovac blickte über die Schulter und sah eine winzige alte Frau in einer lilafarbenen Kittelschürze vor sich, an den Füßen trug sie Hausschuhe in Form von weißen Hasen mit rosa umrandeten Schlappohren.
    »Ich bin Polizist, Ma'am«, sagte er und kletterte von dem Stuhl. Er holte seine Marke und seinen Ausweis aus seiner Jackentasche und zeigte ihr beides.
    Sie warf einen kurzen Blick darauf. »Mr. Dempsey ist auch bei der Polizei«, sagte sie. »Er ist Detective.«
    »Ja, Ma'am, das weiß ich.«
    »Ich bin seine Nachbarin. Hilda Thorenson.«
    Er hätte Hilda Thorenson gerne erklärt, dass es keine gute Idee war, sich einem Mann zu nähern, der möglicherweise gerade im Begriff war, in ein Haus einzubrechen, aber das war vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt.
    »Wissen Sie, ob Mr. Dempsey zu Hause ist?«, fragte er.
    »Nein, das weiß ich leider nicht. Warum? Stimmt etwas nicht?«
    »Vielleicht«, sagte Kovac.
    In seinem Kopf jagten sich die Gedanken. Bilder von Stan Dempsey, der sich seine Pistole in den Mund hielt, blitzten vor seinem geistigen Auge auf. Er hoffte, dass es nicht so weit gekommen war. Er hatte schon eine Reihe von Polizistenselbstmorden untersuchen müssen, und er wollte nicht noch einmal einen toten Polizisten sehen und denken: Das Schicksal könnte dir auch blühen. Er wollte nicht wieder einer Ehefrau, einer Freundin sagen müssen, dass der geliebte Mann sich entschlossen hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen, weil er die Last dieses Lebens nicht mehr zu

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