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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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der Himmel, was mein Dad ihnen im Lauf der Jahre geboten hat.
    »Nee, geht schon«, sage ich, als er nach seinem Parka greift. »Ich krieg das hin.«
    Er guckt enttäuscht, aber er zuckt mit den Schultern, und ich geh rückwärts durch die automatische Tür und raus zum Truck meines Vaters, der schon fast im frischen Schnee versinkt. Während der ganzen Zeit, die ich brauche, um den Schnee von den Fenstern zu wischen, sind Blicke auf mich gerichtet. Ich bin eine Attraktion. Hierher komme ich bestimmt nicht so schnell zurück. Der Ort ist verlassen. Alle sind reingegangen wegen des Schneesturms. Entweder das oder diese Stadt ist wirklich so leer.
    Wieder unterwegs. An der Tankstelle vorbei, am DVD -Verleih. Vor einem Stoppschild schlingere ich ein bisschen. Noch ein paar Atemzüge zur Beruhigung. Den Diner rechts liegen lassen, neben dem die Lastwagenfahrer parken, und vorbei an Gummer’s Pie Place mit dem rotierenden Sahnekuchen-Schild. An der Ampel fährt ein Wagen dicht auf und hupt.
    Dieser Jeep.
    Mein Herz bleibt beinahe stehen. Es ist Cal Owen, gestreifter Schal, dunkle Haare, im Rahmen des Rückspiegels die Hand locker zum Gruß erhoben.
    Bei Grün trete ich das Pedal durch. Zurück in die wilderen Gegenden, zur guten, vertikalen Geometrie von Bäumen, der schroffen Felsenküste. Mein Fuß auf dem Gaspedal ist schwer, kann gar nicht schnell genug Abstand zwischen uns schaffen.

Fällt wie Schnee
    Ist schon fast eins, bis ich wieder im Haus bin. Ich schiebe die Teller vom gestrigen Abendessen zur Seite, die ich eigentlich hätte abwaschen sollen, und mache mich an die Arbeit. Bei manchen Prüfungen ist durchfallen unmöglich. Ein einfaches Mittagessen. Salade niçoise . Nur minus das Niçoise. Im Laden gab es diese kleinen Oliven in Lake nicht, und mir fehlt sowohl die Zeit als auch die Energie, Bohnen oder Eier zu kochen. Also ist es eher so was wie Thunfisch und Tomaten auf grünem Salat mit Essig und Öl. Egal. Das ist das Beste, was ich kurzfristig anbieten kann. Ich reiße ein paar Stücke von dem ab, was die hier oben für Baguette halten, stapele alles auf ein großes Teakding, das ein Stück Skulptur sein könnte – oder auch nicht –, und mach mich auf den Weg.
    »Wren …« Dad scheint froh zu sein, mich zu sehen, als ich die Tür mit der Schulter aufstoße. Er nimmt das Tablett und stellt es auf den kleinen Tisch, den er zu Arbeitsessen benutzt.
    Ein enormes Irgendwas aus Bronze beherrscht den Raum. Es hat Kurven, die in mir den Wunsch erwecken, mich hineinzuschmiegen, mich einer kühlen Metallwiege anheimzugeben. Er beobachtet mich, während ich schaue. Ich sage nichts. So viel habe ich im Lauf der Jahre gelernt.
    Dann zieht er mich an sich und umarmt mich überraschend. Mein Dad ist ein großer Mann, aber das fällt nicht auf, weil er sanft ist. Mein Gesicht ist an seine weiche Hemdbrust gedrückt. Ich erwidere seine Umarmung. Normalerweise machen wir so was nicht. Da ist was im Busch. Ich schau ihn an, als er mich loslässt. Es steht ihm ins Gesicht geschrieben, in großen Lettern. Moms Sorge. Er hat ihr zugehört. Zugehört. Mein Gott. Sie sind sich einig. Er schaut mich an, als würde er mich auf irgendeine neue Art wahrnehmen. So wie im Krankenhaus und anfangs, als ich hergekommen bin, ehe wir unsere Routine des gegenseitigen Ignorierens etabliert und im Wesentlichen unser eigenes Ding gemacht hatten.
    »Was ist?«, sage ich.
    Ehe er antworten kann, kommen eine Frau – Zara, glaube ich – und Mary aus dem Hinterzimmer.
    »Zara …« Mary trippelt hinter ihr her. Sie wischt sich die Hände an einem Lappen ab, der an ihrem Gürtel hängt. »Wenn du später wieder hierher zurückkommst, nimmst du mich dann mit nach Mercy House? Dann kann ich mein Auto hier stehen lassen. Ich hab nicht mehr viel Sprit …« Sie hört auf zu reden, als sie entdeckt, dass ich verlegen neben Dad stehe.
    »Ups! Sorry!«, sagte sie und schaut ihn entschuldigend an. »Ich wusste nicht, dass ihr schon beim Essen seid.«
    Bevor mein Dad was sagen kann, hat Zara den Arm schwungvoll um Marys Schultern gelegt, sie schaut meinen Dad direkt an und sagt mit ziemlichem Nachdruck: »Ja, ich komme wieder zurück. John, wir müssen noch weiter an diesen Modellen arbeiten. Irgendwas stimmt noch nicht, und du musst Mary dabei helfen, rauszufinden, woran es liegt.«
    Sie wechseln Blicke, die ich nicht deuten kann. Zara langt nach einer Arbeitsjacke, die neben der von Dad am Haken hängt und schlüpft hinein, dabei hebt sie den

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