In besten Kreisen
Nutzen über die Standards wissenschaftlichen Urteilsvermögens zu mokieren, oder ob er insgeheim seine Bücher für gut hält – wer weiß das? Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Hätten wir sein akademisches Zeug nicht veröffentlicht, wäre er mit Frank Held zu einem anderen Verlag gegangen. Und wir konnten es nicht ertragen, Mr. Amhearst, Frank Held in einem anderen Verlag zu sehen. Ich weiß, was Sie denken: Sam Lingerwell hätte es ertragen. Sam Lingerwell hätte Frank Held gar nicht erst ins Programm genommen, das ist die verdammte Wahrheit. Aber er lebte in einer anderen Zeit. Denken Sie an die Fusionen heute, an die gigantischen Vorschüsse an Autoren – ich fange lieber gar nicht an damit. Ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ein Frank Held und ein schreckliches wissenschaftliches Werk von Padraic Mulligan das Geld für eine ganze Menge erstklassiger Sachen einbringt, sogar Lyrik – kurz, lauter Bücher, von denen wir in zehn Jahren nicht so viel verkaufen wie Frank Held in zehn Minuten.« »Mr. Farrell, ich möchte Ihre Zeit nicht mit Euphemismen und Subtilitäten vergeuden. Trauen Sie Padraic Mulligan zu, daß er tötet, um sein Geheimnis zu bewahren oder nicht weiter für ein Schweigen bezahlen zu müssen?« »Die Frage habe ich mir natürlich auch gerade gestellt. Mit Sicherheit kann man so etwas nie sagen, aber ich bezweifle es trotzdem. Es stünde zuviel auf dem Spiel. Er hegt und pflegt seine geheimnisvolle Rolle, und er gibt noch nicht einmal einen Bruchteil von dem Geld aus, das er verdient oder, besser, das ihm übrigbleibt, nachdem das Finanzamt zugeschlagen hat; er ist natürlich Junggeselle, und unsere Steuergesetzgebung macht wirklich den alten Spruch wahr, daß zwei billiger leben als einer.« »Ich weiß«, sagte Reed. »Ich bin selber Junggeselle.« »Aber Mulligan gefällt es, all das Geld einfach zu besitzen. Er ist kein übler Bursche, wissen Sie. Er macht gern Leuten Geschenke; er freut sich, daß er in jeden Laden in diesem Land gehen und sich alles kaufen könnte, was es gibt. Das Wissen darum ist wichtiger als das Kaufen selbst. Nach meiner Erfahrung gibt es zwei grundsätzliche Einstellungen zu Geld: die eine, eine Million Dollar besitzen zu wollen, und die zweite, eine Million Dollar ausgeben zu wollen.
Mulligan gehört zur ersten Gruppe. Er würde das alles nicht riskieren, glaube ich, auch dann nicht, wenn sein Geheimnis in Gefahr wäre.« »Aber angenommen, wie es hier ja zufällig ist, daß er den Mord gar nicht selbst begehen mußte. Das ist das Schöne daran. Man schiebt eine kleine Kugel in ein Gewehr und läßt dem Schicksal seinen Lauf. Man drückt gar nicht selber ab, und man kann nicht einmal sicher sein, ob abgedrückt wird.« »Das kann ich mir bei Mulligan nicht vorstellen, obwohl Sie mir das nicht glauben müssen; vielleicht versuche ich nur, ein wertvolles Eigentum zu schützen. Aber wer auch immer die Kugel in den Lauf geschoben hat, hat eine Menge gewagt; nicht nur, daß das Gewehr vielleicht nicht abgefeuert würde, sondern auch, daß mit ihm auf die falsche Person geschossen würde. Ein Fremder hätte getroffen werden können, ein Kind – ich glaube, Mulligan wäre davor zurückgeschreckt. Er hat mehr Phantasie, als Ihr Verbrecher zu haben scheint.« »Danke, Mr. Farrell. Sie waren sehr freundlich und haben mir mehr geholfen, als Sie sich vorstellen können. Ich verspreche, Mr. Mulligans Geheimnis, falls irgend möglich, zu bewahren. Jedenfalls war er es, der versucht hat, Kates Besuch bei Ihnen zu verhindern.
Das nehmen wir jedenfalls an.« »Es sieht so aus. Als er mich am Telefon erreicht hatte, beschwerte er sich, weil ich den ganzen Nachmittag und Abend über nicht zu erreichen war, und er beschwor mich noch einmal, sein Geheimnis nicht zu verraten, so, als ob er wüßte, daß ich demnächst danach gefragt würde.« »Er hat sein Möglichstes getan, um Kates Fahrt zu unterbrechen, ohne sie zu verletzen, und er hatte Erfolg damit. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Mr. Mulligan wüßte, wie man die Kontakte an einer Lichtmaschine unterbricht und was die Folgen sind, aber das sind natürlich genau die Dinge, die ein Frank Held wissen muß.« Mr. Farrell schüttelte ihm die Hand. »Meine besten Grüße an Kate«, sagte er. »Sagen Sie ihr, sie soll mich mal besuchen, wenn sie die Kühe satt hat.« Nach dem Lunch steckte Kate den Kopf in die Bibliothek, um zu sehen, wie es Emmet erging. Er schien in Gedanken versunken, und als sie ihn ansprach, sprang
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