In den Armen der Nacht
konnte sie darauf vertrauen, dass Roarke nicht alleine kam. Genau, wie sie darauf vertrauen konnte, dass er bereits auf dem Weg zum Haus der Swishers war.
Bestimmt versuchte er, die Sorge um ihr Leben zu verdrängen, nur gelang ihm das in diesem Fall vielleicht nicht gut genug.
Lautlos wie ein Schatten glitt sie durch das Treppenhaus und lauschte oben an der Tür.
Sie sah nicht das kleinste Licht und hörte nicht das leiseste Geräusch. Sicher hatten sie inzwischen Nachtsichtgeräte aufgesetzt und sich auf der Suche nach ihrer Gegnerin aufgeteilt. Hatten die Ausgänge gesichert und kämmten alle Räume des Gebäudes nacheinander durch.
Sie hatte Nixie angelogen. Natürlich würden sie sie finden. Sie würden sie entdecken, weil sie eine Polizistin suchten, und bei dieser Suche ließen sie ganz sicher nicht das kleinste Fleckchen aus.
Außer, wenn sie vorher in Erscheinung trat.
Sie dachten, dass sie mit einer Horde Kinder rechnete und ihre Waffe deshalb sicher nicht entsichert war.
Vielleicht war es an der Zeit für eine kleine Überraschung für die Schweinehunde, überlegte sie.
Sie ließ die Schultern kreisen, gab zwei Schüsse ab und hechtete durch die Tür.
Jemand schoss von links, doch er zielte hoch und sie lag bereits auf dem Boden, rollte sich herum und feuerte zurück.
Erst sah sie den Schatten und dann hörte sie ein Krachen, als ihr Gegner rücklings gegen die Flurwand schlug.
Eilig sprang sie auf und machte einen Satz nach vorn. Es war einer der Männer, wer von beiden, konnte sie nicht sagen, und er war ordnungsgemäß betäubt. Sie riss ihm die Nachtsichtbrille von den Augen, schnappte sich seine Knarre und sein Messer, und sprang so schnell es ging in Deckung, als jemand donnernd die Treppe heraufgelaufen kam.
Sie setzte sich die Brille auf und konnte sofort sehen, auch wenn ihre Umgebung in dem schwachen, grünen
Licht völlig unwirklich erschien. Dann schob sie sich das Messer in den Gürtel, hob die beiden Schusswaffen vom Boden auf und sprang, beidhändig feuernd, wieder aus der Deckung hervor.
Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung direkt in ihrem Rücken wahr, wirbelte herum, war aber nicht schnell genug, um dem Messer auszuweichen, das durch das Leder ihrer Jacke in ihre Schulter drang.
Sie nutzte ihren Schwung, holte mit der Rechten aus und hörte ein befriedigendes Knirschen, als sie die Nase ihres Gegenübers traf.
Sie feuerte erneut in Richtung Treppe – bitte, lieber Stunner, halt mir den Kerl noch kurz vom Leib! –, als der zweite Angreifer sich wieder auf sie stürzte und sie einen derartigen Tritt gegen die Brust bekam, dass sie nach Atem rang und die beiden Schusswaffen wie zwei Stücke nasser Seife aus den schlaffen Fingern gleiten ließ.
Sie erkannte Isenberry, die, während das Blut aus ihrer Nase strömte, grinsend vor sie trat. Sie stützte ihr Gewehr auf ihrer Hüfte ab und hatte ihr Messer kampfbereit gezückt.
Sie hat Spaß an diesen Dingen, dachte Eve. Für sie ist es ein Spiel.
»Feind im Anmarsch!«, brüllte Isenberrys noch verbliebener Komplize aus dem Erdgeschoss. »Einsatz abbrechen! «
»Den Teufel werde ich tun. Ich habe sie nämlich erwischt. « Das Grinsen wurde tatsächlich noch breiter. »Darauf habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. Los, steh auf, du Flittchen.«
Eve verdrängte den Schmerz in ihrer Schulter, zog das Messer aus dem Gürtel und rappelte sich auf. »Wenn schon, Lieutenant Flittchen. Ich habe dir deine verdammte Nase gebrochen, Jilly.«
»Dafür wirst du jetzt bezahlen.«
Sie atmete tief durch, wirbelte herum, trat nach hinten aus, und während ihr Fuß um Haaresbreite an Eves Gesicht vorbeischoss, ließ sie gleichzeitig ihr Messer auf Eves Oberkörper niedersausen und zerfetzte dabei den Stoff von ihrem Hemd, prallte dann aber von der harten Weste ab.
»Eine schusssichere Weste?« Nach einer neuerlichen halben Drehung stemmte Isenberry beide Füße in den Boden und stieß verächtlich aus: »Ich habe doch gewusst, dass du ein Feigling bist.«
Eve täuschte mit der Linken an und wischte Isenberry mit der Rechten das Grinsen aus dem Gesicht. »Das ist mir scheißegal.«
Wütend riss Isenberry ihr Gewehr vor ihre Brust. Eve drückte sich kraftvoll vom Boden ab, machte einen Satz.
Beide Frauen wurden gleichzeitig geblendet, denn plötzlich wurde es taghell.
Roarke sprang blitzschnell durch die Haustür und rollte sich in dem Moment, in dem auf ihn geschossen wurde, und einen Moment, bevor Summerset den
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