In den Armen der Nacht
Lichtschalter entdeckte, über die Schulter nach links.
Er sah den Mann, der sich die Nachtsichtbrille von der Nase riss und mit einer Drehung hinter einer Tür verschwand.
Aus der oberen Etage drangen die Geräusche eines Kampfes an sein Ohr. Sie lebte, und sie setzte sich zur Wehr. Die kalte Angst, die bereits während Nixies Hilferuf von ihm Besitz ergriffen hatte, nahm ein wenig ab. Er erwiderte das Feuer und rollte sich nach rechts.
»Kümmern Sie sich um Eve!«, wies er seinen Butler an und nahm selber die Verfolgung seines Gegners auf.
Inzwischen brannte in allen Räumen Licht, und als er die Ohren spitzte, meinte er, dass er Sirenen hörte. Allerdings noch ziemlich weit entfernt. Ihm war bewusst, dass er sich wünschen sollte, die Verstärkung wäre bereits da, doch tief in seinem Innern gab es diese kalte, harte Stelle, die sich wünschte, selbst das Blut von diesen Kerlen zu vergießen, und sie selbst aus dem Verkehr zu ziehen.
Mit gezückter Waffe schob er sich vorsichtig um eine Ecke, dann aber störten der spitze Schrei und das Geräusch fallender Körper seine Konzentration.
Im selben Augenblick spürte er bereits den glühend heißen Schmerz in seiner Schulter, roch das verbrannte Fleisch, das Blut. Eilig nahm er seinen Stunner in die linke Hand und feuerte, während er einen Salto vorwärts machte, eine Reihe von Schüssen ab.
Irgendwo barst eine Scheibe, Scherben flogen durch die Gegend, er sah, wie ein Treffer den Bastard rückwärts fliegen ließ, und sofort stürzte er sich auf ihn wie ein wilder Hund.
Eve lag am Fuß der Treppe in Ingas Wohnzimmer, obwohl sie vor Schmerzen zitterte, hielt sie immer noch das Messer in der blutverschmierten Hand. Ihre Gegnerin lag unter ihr, ihr Gesicht war derart nah, dass Eve deutlich sehen konnte, wie das Leben aus ihren Zügen wich.
Sie hörte das Kind unter dem Sofa wimmern, doch sie fühlte sich wie in einem Traum. Das Blut, der Tod, das Messer in der Hand – all das hatte sie schon unzählige Male durchgemacht.
Sie hörte, dass jemand die Treppe heruntergelaufen kam, und rollte sich mühsam von der anderen Frau.
Ihr Arm und ihre Schulter taten derart weh, dass ihre
Sicht verschwamm. Sie sah nur noch einen in rotes Licht getauchten Raum, hörte nur noch, wie sie um Gnade flehte, als er näher kam.
»Lieutenant.« Summerset hockte sich neben sie. »Zeigen Sie mir, wo Sie verletzt sind.«
»Rühren Sie mich nicht an.« Drohend hob sie das Messer mit der blutigen Klinge in die Luft. »Rühren Sie mich nicht an.«
Sie sah das Mädchen, das mit kreidigem Gesicht unter dem Sofa kauerte. Die Blutspritzer, die die Kleine abbekommen hatte, hoben sich wie leuchtend rote Sommersprossen von ihren bleichen Wangen ab.
Sie sah, dass Nixies Augen glasig waren, und aus irgendeinem Grund nahm sie sie als Spiegel ihrer eigenen Augen wahr.
Sie rappelte sich auf und stolperte durch die Tür der Küche.
Er blutete ebenfalls. Nun, es wurde eben immer wieder irgendwelches Blut vergossen, ging es ihr durch den Kopf. Aber er war am Leben, rappelte sich ebenfalls vom Boden auf und wandte sich ihr zu.
Doch sie schüttelte den Kopf und ließ sich auf die Knie sinken, denn ihr wurde schwindelig, und ihre Beine gaben nach. Auf allen vieren kroch sie zu der Stelle, an der Kirkendall lang ausgestreckt auf dem Küchenboden lag.
Auch er war blutbefleckt. Doch er war nicht tot. Noch nicht. Noch nicht. Sie drehte das Messer in ihrer Hand.
War ihr Arm gebrochen? Hatte sie ihn brechen hören? Sie spürte den Schmerz, doch eher wie eine Erinnerung. Wenn sie jetzt auf diesen Bastard einstach, wenn sie ein ums andere Mal das Messer auf ihn niedersausen ließ und dabei nicht nur wüsste, sondern spürte, was sie tat –würde der Schmerz dann endgültig vergehen?
Sie blickte auf das Blut, das von ihren Fingern tropfte, und wusste, sie könnte es tun. Sie wäre dazu in der Lage, vielleicht wäre es dann wirklich ein für alle Mal vorbei.
Er hatte sich an Schwächeren vergangen, er hatte Kinder umgebracht. War Gefängnis nicht viel zu gut für einen Kerl wie ihn?
Sie legte die Spitze ihres Messers auf sein Herz, bis sich das Zittern ihrer Hand auf ihren Arm und ihre Seele übertrug.
Dann erst zog sie die Waffe wieder zurück, steckte sie in ihren Gürtel und schob sich auf die Knie. »Ich habe ein paar verletzte Männer. Ruf einen Krankenwagen, ja?«
»Eve.«
»Jetzt nicht.« Aus ihrer Kehle stieg ein Schluchzen, vielleicht sogar ein Schrei. »Baxter ist hintenrum
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