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In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)

In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: In den Armen des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jewel
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sie umzubringen, die er mit so samtweicher Stimme ausgesprochen hatte. Als ob es etwas völlig Normales wäre. Als ob er jedes Recht hätte, schlecht von ihr zu denken. Es wäre wahrscheinlich klüger, ihn der Kellnerin zu überlassen. Aber er würde ihr trotzdem folgen und sie töten, oder? Ein dicker Kloß saß in Carsons Kehle und hinderte sie am Sprechen.
    » Nun ja«, meinte er, nachdem sie zweimal den Mund geöffnet und wieder geschlossen hatte. » Vielleicht bringt uns das ja weiter: Heute Morgen hatte ich folgende Punkte auf meiner Liste.« Er hob eine Hand. » Frühstücken«, fuhr er fort und malte einen imaginären Haken in die Luft. » Erledigt.« Der Punkt wurde gestrichen. » Álvaro Magellan umbringen. Nicht erledigt.« Er wandte sich wieder seinem Essen zu.
    Carson starrte ihn an, fasziniert von seinen schönen Augen.
    » Sie stehen übrigens auch auf dieser Liste. An vierter Stelle: Carson Philips umbringen.«
    » Mich?«
    » Ja. Sie.«
    » Warum?« Sie schob ihr Essen mit der Gabel von einer Seite des Tellers auf die andere. Er musste entweder ein Wissenschaftler sein oder ein Antiquitätenhändler. Etwas anderes konnte sie sich nicht vorstellen. Mochte sie sich nicht vorstellen. Besonders intellektuell wirkte er nicht, also musste er ein Händler sein. Oder die nicht ganz legale Variante eines Händlers. » Habe ich vielleicht nicht höflich genug auf ein Angebot von Ihnen reagiert? Habe ich Ihnen zu direkt mitgeteilt, dass wir nicht die Absicht hätten, Ihre gefälschte babylonische Figurine zu kaufen, die angeblich direkt aus dem Grab von Hammurabi selbst stammt?«
    » Wenn ich ein antikes Kunstwerk besäße, wäre es garantiert keine Fälschung.« Er hielt ihren Blick fest. » Vielleicht kann ich heute ja doch noch einen weiteren Punkt auf meiner Liste abhaken. Natürlich würde ich die Welt viel lieber von Magellan befreien, aber seine Hexe umzubringen wäre auch nicht schlecht. Würde diesen Tag zu einem Festtag machen. Hilft Ihnen das weiter? Denn egal, welchen Eindruck Sie von mir haben mögen, Carson: Ich bin kein geduldiger Mann.«
    » Warum bezeichnen Sie mich dauernd als Hexe?«, fragte sie leise.
    Eine Augenbraue zuckte hoch. Die Essstäbchen verharrten irgendwo in der Luft. » Süße, offensichtlich haben Sie ein ganz großes Verdrängungsproblem.«
    Carson begann erneut zu zittern, und so legte sie die Gabel weg, versteckte ihre Hände unter dem Tisch und verschränkte die Finger. » Okay«, meinte sie. » Wenn Sie darauf bestehen. Dann bin ich eben eine Hexe.« Sie fragte sich, ob sein Verhalten normal war. Sie hatte nicht viel von der Welt gesehen, aber sie hatte Bücher und Zeitschriften gelesen. Zeitungen. Manchmal hatte sie sogar ferngesehen. Magellan verhielt sich alles andere als normal. Nikodemus weiß das, dachte sie. Er weiß erschreckend viel über Magellan.
    » Ich brauche Hilfe«, sagte sie leise.
    Wieder legte er den Kopf ein wenig schräg. » Wieso?«
    Sie sah ihn offen an. » Weil er irre ist«, erwiderte sie.
    Er aß ein Stückchen von einem Tentakel. » Irre wie › Er hält sich für eine Topfpflanze‹, oder irre wie › Er ist ein durchgeknallter Killer‹?« Er blickte zur Decke hinauf, tat so, als müsste er überlegen. » Moment, ich hab’s gleich. Er ist ein Killer.« Seine grau-blauen Augen wandten sich ihr wieder zu, kälter noch als zuvor.
    Einen Moment lang glaubte sie, noch etwas anderes in seinen Augen zu sehen, etwas wie eine Bewegung, doch das war albern. Niemand hatte solche Augen.
    » Im Ernst, Carson, sagen Sie endlich, was los ist. Wenn nicht, dann verschwenden Sie bloß meine Zeit, und das kann ich gar nicht leiden.«
    Wieder blitzte grelles Orange vor ihren Augen auf. Nikodemus berührte sie an der Schulter, und der pochende Schmerz wurde augenblicklich gedämpft. Ihr Verstand sagte ihr, dass diese beiden Tatsachen nichts miteinander zu tun hatten, und doch verband sie sie in ihren Gedanken.
    » Carson«, begann er, und nun klang er wieder milder, » reden Sie. Wenn Sie nichts sagen, kann ich Ihnen nicht helfen.«
    Die Sanftheit, die in seiner Stimme lag, berührte sie. Sie wusste, er machte ihr nur etwas vor, aber sie wollte so verzweifelt daran glauben, dass er es ernst meinte. Sie zwang sich, ihn anzuschauen, und wusste, dass sie eine miserable Lügnerin wäre.
    Zum Lügen müsste sie sich daran erinnern können, was sie behauptet und wann sie die Wahrheit so abgeändert hatte, dass die Lüge unauffällig hineinpasste. Was sie erzählt und

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