In den Armen des Highlanders
Treppe hinab.
Mehrere Tage verstrichen, während sie auf Dravens Erscheinen wartete. Doch er öffnete seine Tür nicht einmal einen Spaltbreit. Eines Morgens, als sie gerade über eine neue Taktik nachdachte, sah sie ihn vollständig bekleidet die Stufen herabsteigen.
Bei seinem Anblick jubelte ihr Herz.
»Draven!«, rief sie und rannte an seine Seite.
Zu ihrer Bestürzung wurde sie ignoriert.
Pikiert versperrte sie ihm den Weg zur Tür.
»Aus dem Weg, Frau!«, fuhr er sie an. »Ich habe keine Zeit für solche Dummheiten.«
»Was stimmt denn nicht?«
»Alles in Ordnung. Geh zurück zu deinen Handarbeiten, oder was immer du sonst den lieben Tag lang tust.«
»Wie bitte?«, fragte sie und blinzelte verblüfft.
Sein verächtlicher Blick ließ sie frösteln. »Mach dich nützlich. Belästige mich nicht. Ich habe Pflichten.« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er an ihr vorbei.
Wie gern würde sie ihn erwürgen ... Wäre sie etwas größer und kräftiger gewesen, hätte sie es tatsächlich versucht.
»Großartig!«, rief sie seinem Rücken nach. »Genau das werde ich tun! Ich mache mich nützlich!«
Und sie wusste auch schon, wie. Entschlossen beorderte sie Denys zu sich. In dieser Halle würde sie eine weitere Veränderung vornehmen, eine, vor der Simon und der Verwalter sie dringend gewarnt hatten.
Doch in ihrer Rachsucht wollte sie Draven an einer besonders empfindlichen Stelle treffen, und er sollte genau das gleiche Gefühl schmerzlichen Verrats spüren wie sie. Sie hatte gedacht, sie hätten Freundschaft geschlossen.
Offensichtlich war das ein Irrtum gewesen. Sehr gut! Sie verzichtete nur zu gern auf seine Freundschaft.
Und wenn er so verdammt eigensinnig war, sollte er eine ebenbürtige Gegnerin in ihr finden.
»Tut das nicht, Mylady!«, flehte Beatrix sie an. »Lasst es wegbringen, bevor Seine Lordschaft zurückkehrt!«
So wie bereits den ganzen Nachmittag beachtete Emily die Haushälteri n nicht und schaute den Zimmer männern zu, die das Podest aufbauten. Der Meister hämmerte persönlich den letzten Nagel in das Holz. Dann trat er beiseite, damit Emily das Werk seiner Mitarbeiter inspizieren konnte.
Sie kam näher und streichelte die rauen Bretter. Natürlich mussten sie noch gestrichen werden. Doch das konnte bis zum nächsten Morgen warten. Zufrieden wies sie Denys an, die Zimmermänner zu bezahlen.
Nur widerstrebend gehorchte er und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. An Emily gewandt, fügte er hinzu: »An Eurer Stelle würde ich das Podium zertrümmern lassen, bevor Lord Draven nach Hause kommt.«
»Nein, es bleibt, wo es ist«, beharrte Emily auf ihrem Standpunkt. »Es sei denn, jemand nennt mir einen triftigen Grund, warum es entfernt werden sollte.«
Abwartend schaute sie den Verwalter an, der den Kopf senkte und zu Boden sah.
Beatrix öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
»Habt Ihr noch einen Wunsch, Mylady?«, fragte der Zimmermannsmeister.
»Wenn Eure Leute den Tisch auf das Podium stellen würden, wäre ich ihnen sehr dankbar.«
»Aye, Mylady.«
Falls sie Draven mit ihren eigenmächtigen Maßnahmen ärgerte, würde sie das nicht im Mindesten stören. Ganz im Gegenteil, sie hoffte sogar darauf. Wenn er wütend wurde, würde er sie nicht mehr links liegen lassen. Und da sie ihm einiges zu sagen hatte, wollte sie ihn lieber erzürnen, als wie Luft behandelt zu werden.
Kurz nachdem die Männer den Tisch in die Mitte des
Podiums gestellt hatten, öffnete sich die Tür des Hauptturms.
In der plötzlichen Stille, die den Raum erfüllte, wandte sich Emily zur Tür und sah die Brüder Ravenswood auf der Schwelle stehen.
Simon wurde bleich wie ein Geist, und Dravens Gesicht lief hochrot an. Dann stieß er einen wilden Schlachtruf aus und stürmte in die Halle.
Von kalter Angst getrieben, ergriffen seine Dienstboten und der Zimmermannstrupp die Flucht. Emily stand reglos da. Noch nie hatte sie einen so erschreckenden Wutausbruch miterlebt wie in diesem Moment, wo Draven eine Axt von der Wand oberhalb des Kamins riss.
Als er das Werkzeug schwang und seinen neuen herrschaftlichen Tisch mit einem einzigen wuchtigen Hieb entzweischlug, riss sie entsetzt die Augen auf.
Simon eilte zu ihr und packte ihre Schulter. »Hinaus, Lady Emily.«
»Aber ...«
»Mein Bruder weiß nicht, was er tut«, unterbrach er sie und drängte sie zur Tür. »Verschwindet! Schnell, bevor er über Euch herfällt!«
Entschlossen schüttelte sie Simons Hand ab und beobachtete, wie
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