In den Armen des Meeres
»Das würde ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.« Er wandte sich wieder an Elysse. »Sie werden uns am Morgen begleiten, nicht wahr?«
Elysse war so überrascht, dass sie ihn beinahe mit offenem Mund angestarrt hätte.
Blair schlenderte um den Tisch herum und stellte sich neben sie. »Ich werde sie mit Vergnügen persönlich begleiten.«
Ihr Herz schlug jetzt so schnell, dass ihr beinahe schwindelig wurde. Natürlich hatte sie nicht vor, dorthin zu gehen. Eine öffentliche Wiederbegegnung war viel zu gefährlich – der Schein, den sie seit ihrer Heirat gewahrt hatte, könnte zerstört werden.
Blair berührte ihren Ellenbogen wie bei einer sanften Liebkosung. »Sie scheinen ein wenig – beunruhigt«, sagte er.
»Ich bin nicht beunruhigt.« Es überraschte sie selbst, wie kompetent sie klang. Sie war jetzt sehr geschickt darin, eine perfekte Fassade aufrechtzuerhalten, und sie war entschlossen, damit fortzufahren. »Ich hoffe sehr, dass mein Mann das Rennen gewinnt und die besten Preise für unseren Tee festsetzen kann.«
»Nun, abhängig vom Wind sollten sie etwa morgen Mittag in der Stadt eintreffen. Ich hole Sie um halb elf ab.«
Und Elysse begriff, dass es keine Möglichkeit für sie gab, nicht zum Hafen zu gehen und darauf zu warten, dass ihr Ehemann aus China zurückkehrte.
Achtzehn ihrer dreiundzwanzig Gäste trafen sich am nächsten Morgen am Hafen, außerdem eine größere Menge Londoner Bürger, etwa vier- oder fünfhundert. Am Tag zuvor hatte sich die Nachricht über die Ankunft der Klipper wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Ankunft der ersten großen Schiffe der Saison zu beobachten, das war sowohl Vergnügen als auch Geschäft. In der Menge befanden sich zuallererst die Händler, die den Tee in dem Moment seiner Ankunft überprüften, noch ehe die Schiffe entladen waren, und Proben an ihre Kunden schickten, bevor sie die Verträge abschlossen. Elysse hatte gehört, dass sowohl einfache Männer und Frauen als auch die feine Gesellschaft der Ankunft der Schiffe erwartungsvoll entgegenzusehen pflegten, aber ihr war nicht bewusst gewesen, wie aufgeregt die Zuschauer sein würden oder wie festlich die Stimmung wäre. Selbst Kinder waren da und warteten, die meisten von ihnen Straßenkinder. Sie alle kreischten und liefen durcheinander.
Alexi kommt nach Hause.
Sie konnte es kaum glauben. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, trotz der zweieinhalb großen Brandys, die sie getrunken hatte, nachdem ihre Gäste gegangen waren.
Elysse war zu klug, um eine Migräne vorzutäuschen. Blair würde so etwas sofort durchschauen.
Sie hatte sich sorgfältig angekleidet, ganz in Blau und Aquamarin. Um ihren Teint vor der Sonne zu schützen, trug sie einen Sonnenschirm mit elfenbeinfarbenen Streifen. Sie wollte so gut wie möglich aussehen. Blair holte sie genau zur vereinbarten Zeit ab, und sie brauchten fünfundvierzig Minuten, um zum Hafen zu fahren. Während der Fahrt hatten sie über den vergangenen Abend und das Wetter geplaudert. Es war ihr sehr schwergefallen, Haltung zu bewahren.
Was in der Vergangenheit auch geschehen sein mochte – ungeachtet der Umstände, unter denen sie geheiratet hatten – Alexi hätte schon vor Jahren zu ihr zurückkehren sollen und seine Pflichten als ihr Gemahl aufnehmen müssen. Sie dachte nicht oft an William Montgomery, aber sie würde niemals vergessen, was in jener Woche und an jenem Abend passiert war. Gelegentlich hatte sie noch Albträume. Danach erinnerte sie sich daran, dass sie Montgomery nie etwas Böses gewünscht hatte und dass sie alle drei an seinem Unfalltod eine gewisse Schuld trugen. Sie war mittlerweile erwachsen genug, um zu bedauern, wie verwöhnt, selbstsüchtig und entsetzlich jung sie gewesen war, aber sie war jetzt klug genug, um sich ihre Rolle bei seinem Tod zu verzeihen. Am Jahrestag seines Todes zündete sie Kerzen für ihn an und fragte sich, ob Alexi wohl dasselbe tat, irgendwo in einem fremden, exotischen Hafen. Nach allem, was geschehen war, hatte Alexi ein Recht darauf, böse mit ihr zu sein. Montgomery war sein Navigator gewesen, sein Schiffskamerad und sein Freund, und Elysse hatte ihn absichtlich getäuscht. Aber Alexi hatte kein Recht, sie so im Stich zu lassen, wie er es getan hatte. Er hatte entschieden, sie unter schwierigen Umständen zu heiraten, und er schuldete ihr mehr als ab und zu ein paar Pfund. Sie brauchte mehr als seinen Namen und seinen Reichtum: Sie brauchte einen Ehemann!
Falls sie ihn einmal geliebt
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