In den Armen des Meeres
vollziehen. Niemand durfte je erfahren, dass sie verlassen worden war.
Im ersten Jahr war sie überhaupt nicht ausgegangen. Sie war so verletzt gewesen, weil er sie in ihrer Hochzeitsnacht allein gelassen hatte. Ihr Vater war ebenfalls wütend auf Alexi gewesen. Jack hatte sogar damit gedroht, ihm nachzufahren und ihn mit Gewalt zu ihr zurückzubringen. Elysse hatte sich in der absurden Situation wiedergefunden, Alexi gegen ihre gesamte Familie zu verteidigen. Aber sie hatte geglaubt, er würde freiwillig zu ihr zurückkehren. Wie sehr hatte sie sich getäuscht!
Er war nicht nach Hause gekommen. In dem Herbst, der auf ihre Hochzeit folgte, hatte er mit einer Ladung Tee in Liverpool angelegt. Elysse hatte diese Nachrichten von Ariella gehört. Sie hatte sich frisieren lassen, ihre besten Kleider bereitgelegt, hatte neue Schuhe gekauft, alles in Erwartung ihres Treffens. Sie war noch immer verletzt und verärgert gewesen, aber sie war auch entschlossen, alles zu klären. Schließlich waren sie verheiratet – in guten wie in schlechten Tagen. Aber er war nicht nach Askeaton gekommen und auch nicht nach Windhaven. Er war eine Woche nach London gefahren, nur um dann sofort wieder Segel zu setzen in Richtung Jamaika, mit einer Ladung von Textilien und Kleinmotoren. Es war ein offensichtlicher und absichtlicher Schlag ins Gesicht gewesen. Keine andere Botschaft konnte so deutlich sein – es war ihm egal, dass sie mit ihm verheiratet war.
Devlin war explodiert vor Zorn und hatte gefragt, ob sie die Ehe annullieren wollte.
Elysse drehte ihr Weinglas zwischen den Fingern. Sie war so naiv und dumm gewesen zu glauben, dass sie nach allem, was geschehen war, tatsächlich eine richtige Ehe führen könnten. Hätte sie damals gewusst, was sie jetzt wusste – dass sechs lange Jahre vergehen würden, in denen er sie ignorierte, als existierte sie gar nicht, als wäre sie eine Fremde – dann hätte sie das Angebot ihres Vaters angenommen und diese Ehe annulliert. Jetzt war es zu spät. Sie hatte während all dieser Jahre den Klatsch überstanden und hatte nicht vor, jetzt etwas zu tun, was das Gerede wieder in Gang setzen würde.
Von dem Augenblick an, da sie im Winter 1835 nach London gezogen war, hatte es Gerüchte darüber gegeben, dass sie eine verlassene Braut war. Einige der Klatschbasen waren der Wahrheit erschreckend nahe gekommen. Wie oft hatte sie eifersüchtige junge Ladys – die ihre Rivalinnen gewesen wären, wenn sie noch immer unverheiratet wäre – darüber sprechen gehört, dass er sie vor dem Altar schon verlassen hätte, sogar ohne eine Hochzeitsnacht? Sie hatte auch Gerüchte gehört, dass Alexi sie mit einem Liebhaber ertappt hätte, kurz vor ihrer Hochzeit! Sie hatte sofort die Geschichte verbreitet, die ihre Eltern sich ausgedacht hatten: Dass er sie auf dem Ball geküsst hatte und sie so ihre Liebe zueinander entdeckten, und dass sie ihre Hochzeitsreise in einem abgelegenen, malerischen kleinen Schloss in Schottland verbracht hatten. Das hatte die Gerüchte zerstreut, aber sie nicht zum Verstummen gebracht. Gelegentlich kamen ihr noch immer Klatschgeschichten über die Zeit damals zu Ohren.
Würde sie jetzt, nach sechs Jahren angeblich glücklicher Ehe, eine Annullierung verlangen, würde das Gerede wieder beginnen.
Blair starrte sie an. Er umwarb sie jetzt seit einigen Monaten, und während sie seine Gesellschaft wirklich genoss, so wusste sie, sie konnte nicht mit ihm intim werden. Elysse war sich bewusst, dass alle glaubten, sie hätte eine Reihe von Liebhabern gehabt, und sie nährte diesen Glauben. Während sie die Nächte allein und von Schlaflosigkeit gequält verbrachte, wünschte sie, sie hätte einen Geliebten, um nicht an ihren fernen Ehemann denken zu müssen. Aber sie konnte sich nicht auf einen anderen Mann einlassen. Sie wagte es nicht. Wenn sich herumsprach, dass sie noch immer Jungfrau war, dann würde ihre Demütigung vollkommen sein.
Thomas Blair war ein tüchtiger Mann. Andernfalls hätte er nicht in die Oberschicht aufsteigen können. Er hatte sie nach Alexi gefragt. Elysse hatte gesagt, was sie immer sagte – dass sie ihren Ehemann respektierte, bewunderte und gernhatte und dass seine lange Abwesenheit mit dem Seehandel zu tun hatte. Doch sie wusste, dass er die Wahrheit erahnte.
»Nun, ich habe Neuigkeiten«, sagte Felicias Vater, Mr Carew. »In Plymouth wurden heute früh zwei Schiffe gesehen. Unsere Büros erhielten diese Nachricht heute am späten Nachmittag mit der
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