In Den Armen Des Schicksals
Es schien ihm der logischste Anfangspunkt. Vom ersten Augenblick an hatte die Aussicht Billie fasziniert.
Der Wind wurde stärker, heulte grimmig übers Feld und trieb Schnee vor sich her. Iain betrat den Turm, doch bevor er sich an die Stufen machen konnte, hörte er jemanden von oben auf dem Rundgang nach ihm rufen.
„Iain, sind Sie das?“
„Wer ist da?“
„Ich bin’s, Alasdair.“
„Was, zum Teufel, tun Sie hier?“
„Ich sah Maras Auto vor dem Tor und nahm an, dass Billie damit unterwegs ist. Ich machte mir Sorgen wegen des Wetters, deshalb kam ich hier hinauf, um sie zu suchen.“
„Ist sie dort oben?“
„Aye, und sie ist verletzt. Kommen Sie schnell. Ich glaube, sie ist gestürzt. Und bewusstlos. Wir müssen sie zusammen nach unten tragen.“
Iain nahm sich nicht die Zeit, um zu fragen, wieso er gewusst hatte, dass Billie hier sein würde. Maras Wagen hatte er gar nicht gesehen, er war aus der anderen Richtung gekommen. Trotzdem hatte er gewusst, dass Billie in Gefahr war. Er würde es immer wissen, ganz gleich, wie weit sie auch voneinander entfernt sein mochten.
Er eilte den Turm hinauf, so schnell die schlüpfrigen Stufen es zuließen. Er hörte Hollyhock unten am Fuß der Treppe winseln. Nicht ein Mal rutschte er aus, aber als er oben ankam und auf den Rundgang hinausstürmte, rang er nach Atem.
„Wo …“
Sein Kopf explodierte. Einen Moment lang hatte er das Gefühl, als würde sein Schädel in zwei Hälften bersten. Er konnte zwei Männer sehen, die einander über einen Graben hinweg ansahen, der so breit und tief war wie der Burggraben von Ceo Castle. Zwei Männer, die er selbst waren.
Delirium.
Er lag auf dem Rücken, den Kopf auf dem Steinboden, als sein Bewusstsein sich klärte. Der Schmerz zerriss ihn schier, brandete mit jedem Schlag seines Herzens in seinem Kopf auf wie die stürmische See. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch ein Fuß auf seiner Brust vereitelte alle seine Anstrengungen.
„Ich dachte schon, Sie würden nicht kommen.“
Iain sah auf. Über sich erkannte er einen Mann, die Silhouette deutlich geformt gegen den dunklen Himmel. Doch sein benommener Verstand bemühte sich vergeblich, eine Identität zuzuordnen.
„Ich bin ehrlich froh, dass Sie bei Bewusstsein sind, Iain. Ich würde Sie nur ungern ohne eine Erklärung töten.“
„Mich … töten?“ Die Worte kamen über seine Lippen, ohne dass sein Verstand bewusste Hilfe leisten musste. Verzweifelt bemühte er sich, seine Gedanken zu ordnen, doch wie sein Kopf schienen auch sie in tausend Fetzen zerrissen zu sein.
„Aye. Ausgebildet, um zu heilen. Geboren, um zu töten.“
Angestrengt kontrollierte er seine Stimme. „Alasdair?“
„Alasdair MacFarlane Melville. Ein ziemlich langer Name für einen kleinen Jungen. Nur war es mir nie erlaubt, meinen mittleren Namen zu nennen. Nicht, solange ich in Druidheachd lebte. Mein Vater hat mich immer gewarnt, wie wütend es Ihren Vater machen würde.“
Iain rührte sich nicht. „Ich verstehe nicht …“
„Ich wurde geboren, um Sie zu töten, Iain. Geboren, um Vergeltung zu üben.“
„Ich … verstehe.“
„Wirklich?“ Alasdair lehnte sich härter auf Iain. Das Gewicht raubte Iain den Atem, ihm wurde schwarz vor Augen. „Ich glaube, eher nicht. Obwohl … wer bin ich schon, dass ich dem Lord widerspreche? Ich lege mich sicherlich nicht mit jemandem an, der besser ist als ich.“
„Ich habe das nie behauptet noch so getan, als wäre ich … besser als andere.“
Alasdair lachte und minderte den Druck auf Iains Brust.
Seine Lungen füllten sich wieder mit Luft, und seine Gedanken fügten sich endlich zusammen. Er lag auf dem Boden des Rundgangs von Ceo Castle. Er war gekommen, um Billie zu suchen. „Billie? Wo ist sie?“
„Oh, nicht hier. Aber Sie brauchen nicht erleichtert zu sein. Sie ist an einem Ort, wo man sie erst finden wird, wenn sie tot ist. Schon lange tot ist.“
„Tot?“
„Aye. Sie haben schon immer schnell begriffen, Iain.“
„Warum?“
„Für das, was Sie und die Ihren mir und den meinen angetan haben.“
„Ich begreife nicht …“
„Ich lasse Ihnen noch einen Moment, um es zu begreifen. Und dann werde ich Sie töten.“
Iain wusste, er hatte nur eine Chance. Er musste handeln, als wäre er nicht verletzt – schnell und entschlossen. Er wappnete sich, trotz der unerträglichen Schmerzen in seinem Kopf und trotz des Gewichts auf seiner Brust. „Ich kann Sie nicht hören.“ Er flüsterte die Worte. Einen
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