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In Den Armen Des Schicksals

In Den Armen Des Schicksals

Titel: In Den Armen Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihr ging, was sie machte. Er würde sich immer an die gemeinsame Nacht erinnern. Eine Nacht, die er nie hätte geschehen lassen dürfen, von der er jedoch sein Lebtag träumen würde.
    Billie.
    Er war fast beim Schloss angekommen, als er Hollyhock erneut bellen hörte. Iain fiel die alte Fernsehserie ein, die er als Kind gesehen hatte – Lassie, der Collie, der sein junges Herrchen zu Menschen oder Tieren führte, die dringend Hilfe brauchten. Lassie, die bellte und dann vorausrannte, um den Menschen den Weg zu zeigen. Er hätte gelächelt, gäbe es noch ein Lächeln in ihm. Gut möglich, dass Collie-Blut in Hollyhocks Adern floss, zusammen mit hundert anderen Rassen. Aber da hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf.
    Er ging um die Biegung. Ceo Castle reckte sich im fahlen Mondlicht düster in den Himmel. Gegen das Weiß des Schnees wirkten die Ruinen wie ein großes Mahnmal für alles, was mit dieser Welt verkehrt war.
    „Hollyhock! Verdammt!“
    So sehr hatte er noch nie im Leben gefroren. Es gab keinen Ort auf dieser Welt, an dem er sein wollte, aber das hier war bestimmt der allerletzte. Nie wieder würde er einen Blick auf Ceo Castle werfen können, ohne an Billie denken zu müssen.
    Er glaubte, den Hund wieder zu hören, doch jetzt hallte das Bellen an Steinwänden zurück. Das Echo prallte an Mauern ab und schlüpfte durch Ritzen und Löcher. Er konnte nicht sicher sein, aus welcher Richtung es kam.
    Er war nicht einmal sicher, ob es überhaupt das Bellen eines Hundes war.
    Jäh drang die Kälte ihm bis ins Mark. Er begann, unkontrolliert zu zittern. Eine ungute Ahnung ergriff Besitz von ihm, so intensiv, dass er sich nicht rühren konnte. Die Angst nagelte ihn an der Stelle fest.
    Seine Sicht verschwamm. Die Ruinen schienen zu beben, als wolle der Rest des Schlosses, der noch stand, Stein um Stein zusammenfallen. Schnee wurde zu Nebel, formlose Geister, die mit ausgestreckten Armen über den Boden schwebten. Irgendwo in seinem Kopf hörte Iain eine Frau schreien.
    „Billie.“ Er flüsterte ihren Namen. Es half nicht die Spur, ihn zu wärmen. Die Vorahnung verwandelte sich immer mehr in blanke Angst. Er schwankte, und ihn schwindelte. Die kalte Luft schien wärmer zu werden, aber nicht auf angenehme Art. Er schwitzte, konnte Schweißtropfen an seinen Schläfen und auf seiner Brust herabperlen fühlen. Sein Arm wurde taub, so, als hätte er ihn zu lange in einer Position gehalten. Der süße Duft von Apothekerrosen vermischte sich mit dem Geruch von Pferden und Angstschweiß.
    Iain schloss die Augen und hörte das Donnern von Hufen. Er konnte die weichen Rundungen eines Frauenkörpers an sich gepresst fühlen, fühlte das Pferd unter sich im gestreckten Galopp. Etwas pfiff durch die Luft, und eine Frau schrie seinen Namen heraus.
    Der Boden unter ihm war hart gefroren, es war der Boden von Cumhann Moor. Er hielt die Frau an sich gedrückt, während sie zusammen hinunterstürzten. Schmerz durchfuhr seinen ganzen Körper, drang in jedes Glied, in jeden Muskel. Während er sie festhielt, zerschmetterte ein Huf seinen Arm. Er konnte fühlen, wie der Arm kraftlos an seiner Seite hing …
    „Halte dich an mir fest“, flüsterte er. „Ganz gleich, was auch geschieht, mo boirionnach boidheach. Was immer geschehen mag, ich werde dich auf ewig halten.“
    Iain öffnete die Augen und sah das Schloss wie durch einen Schleier. „Großer Gott …“
    Ceo Castle stand vor ihm in seiner ganzen ehemaligen Pracht. Er sah das Banner des Clans der Ross’ vom Turm wehen, sah den steinernen Übergang über den tiefen Wassergraben. Reglos blieb er stehen, verdrängte verzweifelt das Bild. Es zerfiel, langsam, in Phasen, so wie das Schloss mit den Jahrhunderten zerfallen war, Stein um Stein, Mauerstück um Mauerstück, bis nichts weiter stand als die altvertraute Ruine.
    Seine Knie wollten nachgeben, sein Herz schlug einen wilden Trommelrhythmus. „Billie.“ Sie war dort irgendwo. Er war absolut sicher, auch wenn er nicht wusste, wieso. Vielleicht verfiel er ja dem Wahnsinn. Die letzten Sekunden hatten ihn nahezu überzeugt, dass er in den Strudel geraten war, der ihn nach unten ziehen würde, so wie er es immer erwartet hatte.
    Er rannte über das Grundstück, rief dabei ständig ihren Namen. Hollyhock kam hinter einer Mauer hervorgeschossen, Iain warf dem Hund nicht einmal einen Blick zu. „Billie! Wo bist du?“ Hollyhock hielt jetzt an seiner Seite Schritt mit ihm. Zusammen mit dem Hund lief Iain auf die Türme zu.

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