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In Den Armen Des Schicksals

In Den Armen Des Schicksals

Titel: In Den Armen Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Arm auf den Rücken.
    „Mein Vater hat nie wieder eine Anstellung gefunden, weil Lord Ross sich weigerte, ihm ein Empfehlungsschreiben auszustellen. Dabei war er der beste Wildhüter in ganz Schottland. Jedes Frühjahr bin ich zusammen mit ihm ins Moor hinauf, um die Landstreifen abzubrennen. Er kannte jeden Busch, jeden Stein, jedes Tier. Das Rotwild fraß ihm aus der Hand …“
    „Dein Vater brachte dir bei, die Moorstreifen abzubrennen?“
    „Aye. Und ich war ein guter Schüler.“ Seine Zähne blitzten weiß im Dunkeln auf. „Noch heute weiß ich genau, wie es gemacht wird.“
    Sie trat mit dem Absatz ihres Stiefels hart auf seinen Fußrücken. Für einen Moment lockerte sich sein Griff, sodass sie sich befreien konnte. Doch sie war kaum bei der Tür, als er sie schon wieder packte.
    „Du kennst doch meine Geheimkammer noch nicht.“
    Sie wehrte sich, aber er zerrte sie zurück in den Raum hinein. Einen schrillen Schrei konnte sie ausstoßen, bevor er die Hand auf ihren Mund presste. „Mein Vater begann zu trinken, nachdem er gefeuert worden war. Und wenn er betrunken war, wurde er gewalttätig. Lord Ross hat ihm das angetan. Und mir. Und jedes Mal, wenn mein Vater mich schlug, schwor ich mir, dass ich eines Tages nach Druidheachd zurückkehren würde. Ich würde Iain für die Sünden seines Vaters büßen lassen, so wie ich büßen musste!“
    Er war wahnsinnig. Jetzt war es so offensichtlich, dass Billie nicht begriff, wie er es hatte verbergen können. Sie wollte ihn bitten, doch seine Hand verschloss ihr den Mund. Sie fühlte keinen Boden mehr unter den Füßen. Er war kein großer Mann, aber er war stark und durchtrainiert. Behindert durch ihren schmerzenden Knöchel und bei ihrer zierlichen Statur konnte sie nichts dagegen tun, dass er sie mit sich schleifte.
    Sie spürte, wie er gegen etwas auf dem Boden trat, dann noch einmal. Beim dritten Tritt versuchte sie, sich loszureißen, doch er hielt sie unerbittlich fest. „Meine geheime Kammer hat selbst ein interessantes Geheimnis.“ Er lachte. Es war ein Laut, der Billie durch Mark und Bein ging. „Sie war nämlich als Gefängniszelle gedacht. Direkt unter uns ist der Kerker. Die Historiker bezeichnen ihn als Flaschenkerker, weil der Einlass schmal ist, und unten wird es auch nur geringfügig weiter. Du wirst es ja gleich sehen.“
    Sie wandte und drehte sich, versuchte verzweifelt zu entkommen. Doch schon war ein Loch im Boden zu sehen, dort, wo er die Planken, die es vorher verdeckt hatten, beiseitegetreten hatte. Er schob Billie darauf zu, obwohl sie sich mit aller Kraft wehrte.
    „Iain hat auch dich gehabt.“ Er hörte sich regelrecht betrübt an. „So, wie er immer alles gehabt hat … und ich nichts.“
    Für Bitten war es zu spät, und sich zu wehren zeigte keine Wirkung. Billie war machtlos. Als er die Hand von ihrem Mund nahm und sie auf die Grube zuschob, stieß sie einen gellenden Schrei aus. Und während sie in den schrecklichen dunklen Schlund fiel, wusste sie, dass niemand sie gehört hatte.

16. KAPITEL
    H ollyhock winselte. Iain sah den Hund auf seine übergroßen Pfoten springen und zum Fenster trotten. Dort richtete er sich auf die Hinterbeine und stützte die Vorderpfoten auf die Fensterbank, um aufmerksam in die Dunkelheit zu starren.
    Iain konnte nicht sagen, wann er zum letzten Mal mit dem Hund spazieren gegangen war. Hollyhock war inzwischen zu einem großen Tier herangewachsen, und er würde noch weiter wachsen. Er brauchte Auslauf. Dank Billies Training war es nicht länger unmöglich, ihn bei den Spaziergängen zu kontrollieren. Er kam, wenn man nach ihm pfiff – meist, zumindest –, und er apportierte die Stöcke, die Iain für ihn warf. Iain hatte nie einen Hund haben wollen, er hatte Hollyhock nur Aprils wegen genommen. Und doch … irgendwann musste er sich wohl – wenn auch widerwillig – an das Tier gewöhnt haben.
    „Was siehst du da draußen, Hollyhock?“ Iain stand auf und ging zum Fenster. Jetzt redete er schon mit einem Hund, so weit war es also mit ihm gekommen. Seine Tage vergingen, dehnten sich endlos, einer nach dem anderen. Tage, an denen ein Hund die einzige Hoffnung auf ein Gespräch bot. Tage, an denen er sich immer mehr zusammenreißen musste, um zu warten.
    Immer wieder stellte er sich die Frage, ob Billie überhaupt begriffen hatte, dass seine größte Angst wegen des schleichenden Wahnsinns den Menschen galt, die er liebte, und nicht sich selbst. Er fragte sich, ob ihr je bewusst werden

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