In den eisigen Tod
der Beardmore-Gletscher durchaus für Hunde geeignet war, war mir klar, dass Amundsen den Pol vor Scott erreicht hatte. Das würde für unsere Pol-Gruppe wahrscheinlich eine Entmutigung bedeuten. Natürlich behielt ich diese düsteren Grübeleien für mich, denn ... mein Pessimismus hätte sich nur schädlich auswirken können.« 3
Es dauerte eine Weile, bis die übrigen Mitglieder der Gruppe bei Cape Evans anfingen, sich um Scott ernsthafte Sorgen zu machen. Sie waren hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, ob und wie sie der Pol-Gruppe die Hundegespanne entgegenschicken sollten. Die verschiedenen Botschaften, die Scott zurückgesandt hatte, hatten Verwirrung gestiftet. Es war beabsichtigt gewesen, dass Meares und seine Hunde für die Rückkehrergruppen Extrarationen sowie Hundekuchen ins One-Ton-Depot bringen sollten für den Fall, dass sie in der ersten Dezemberhälfte von der Reise zum Pol zurückkehrten. Doch sie kehrten nicht rechtzeitig nach Cape Evans zurück. Eine Folge davon war, dass zwar von Day, Nelson, Clissold und Hooper einige Extrarationen, aber keine Hundekuchen auf Schlitten zum One-Ton-Depot gezogen wurden. Die Hundegespanne brachen erst am 13. Februar wieder auf, diesmal unter der Leitung von Atkinson, weil Meares mit der Terra Nova zurückkehrte. Ihre Aufgabe bestand darin, für die Rückkehrergruppe weitere Vorräte nach Süden, ins One-Ton-Depot, zu bringen. Die schicksalhafte Begegnung mit Crean bei Hut Point bedeutete, dass Atkinson jetzt gebraucht wurde, um Teddy Evans zu pflegen.
An seine Stelle trat Cherry-Garrard, der zusammen mit Dimitri am 3. März am One-Ton-Depot eintraf. Er fragte sich, ob er Scott dort bereits antreffen würde. Das war natürlich nicht der Fall. Scott war mit dem armen Oates, mit dem es rasch bergab ging, immer noch mehr als 185 Kilometer weit entfernt. Cherry-Garrard, der sich sowohl einem Mangel an Hundefutter als auch starken Winden gegenübersah, gelangte zu dem Schluss, dass es am besten sei, beim Depot zu warten. Wenn er nach Süden weiterzog, würde er womöglich Scott verpassen. Es kam ihm niemals in den Sinn, dass der Pol-Gruppe die Lebensmittel und der Brennstoff ausgehen würden – soweit er wusste, waren in den Depots Vorräte in ausreichender Menge zurückgelassen worden. Atkinson hatte auch betont, dass die Pol-Gruppe für die Heimkehr nicht auf die Hunde angewiesen war, und hatte ihn, Cherry-Garrard, an Scotts Befehl erinnert, dass das Leben der Hunde unter keinen Umständen aufs Spiel gesetzt werden dürfte. Die einzige Möglichkeit, wie Cherry-Garrard die Hunde nach Süden bringen konnte, war, sie unterwegs zu töten, damit sie ihrerseits als Hundefutter dienten. Deshalb wartete er sechs Tage, bis er sich am 10. März gezwungen sah, sich wieder nach Norden zu wenden, denn die Vorräte schwanden und Dimitri litt unter der Kälte. Wie er später erfuhr, war Scott nur 111 Kilometer entfernt. Es war eine Entscheidung, die er sich nie verzeihen sollte.
Scott war seit Anfang März, spätestens aber für Ende des Monats erwartet worden. Die Männer bei Cape Evans warteten auf ein Signal aus Hut Point, das ihnen mitteilen würde, dass die Pol-Gruppe zurück war. Da das Telefonkabel inzwischen ins Meer gespült worden war, hatten sie vereinbart, dass die Leute in Hut Point Raketen abschießen würden. Doch der Monat März ging zu Ende, und Hut Point schwieg sich bedrohlich aus, während die Stürme und Blizzards, die um Cape Evans herum tobten, für jeden, der sich draußen auf dem Ross-Schelfeis aufhielt, Unheil verkündeten. Wie Gran schrieb: »Es kann nicht leicht sein, bei so trostlosem Wetter auf dem Ross-Schelfeis unterwegs zu sein.« 4 Manchmal »sangen« die Hunde – etwas, was sie oft taten, wenn eine Gruppe sich näherte. Die Männer in der Hütte rannten daraufhin ins Freie, nur um festzustellen, dass sie sich getäuscht hatten. Die Situation wurde mit jedem Tag, der verging, kritischer: »Atkinson und ich sehen einander an, und er sieht ganz sorgenverhärmt aus, und mir geht es auch so. Er sagt, er glaube nicht, dass sie Skorbut hätten«, schrieb Cherry-Garrard. Atkinson und Keohane unternahmen einen Ausflug hinaus auf das Schelfeis, konnten aber keine Spur von irgendeinem Lebewesen entdecken und wagten nicht, über Corner Camp hinaus vorzudringen. Ihre Rückkehr nach Cape Evans mit Dimitri weckte falsche Hoffnungen. Wie Gran es schilderte: »Ich hörte jemanden rufen: ›Die Pol-Gruppe kommt!‹ Ich eilte in die Hütte zum
Weitere Kostenlose Bücher