In den eisigen Tod
Ton: »Alles und jeder war strahlend und fröhlich; der finstere Dämon der Depression kann sich hier nicht breitmachen; ›Depression‹ kann aus unserem Polarwörterbuch gestrichen werden, und der Ausdruck ›weiße Stille‹ passt nicht zu einem Ort, an dem die Berge von den Stimmen emsiger Männer widerhallen.« Gewiss gab es nichts Deprimierendes an dem Festessen, das aus englischen Spezialitäten wie Mutton, Plumpudding, Mince Pies, Jellies und »ausgezeichnetem trockenem Champagner« bestand, gefolgt von kandierten Früchten, Mandeln und Rosinen, Nüssen, Portwein und Spirituosen. Die Discovery war zur Feier der wiederkehrenden Sonne dekoriert – das Mannschaftsdeck war besonders prächtig geschmückt, mit Ketten und Girlanden aus buntem Papier und japanischen Lampions, in der Heizermesse überstrahlte ein großartiger, aus Eis modellierter Neptunkopf alles andere.
Royds hatte seine überschüssigen Energien in die Organisation von Aufführungen des Amateurtheaters gesteckt. Der Versuch, nach den Proben, die in der Hütte stattfanden, zum Schiff zurückzugehen, konnte riskant sein. Schneestürme konnten so plötzlich losbrechen, dass die Mitglieder der Truppe sich bei der Hand fassen und so lange vorwärts rutschen mussten, bis jemand imstande war, nach dem Schlepptau zu greifen, das zur Landungsbrücke führte.
Doch die Vorstellungen, getragen von Darstellern des Mannschaftsdecks, waren ein Triumph. Das Royal Terror Theatre war mit Stühlen für die Offiziere und Bänken für die Mannschaft ausgestattet (der allgemeine Egalitarismus machte offensichtlich vor dem Theater halt). Im flackernden Schein einer großen Öllampe wurde das Publikum zu einer Vorstellung eingeladen, die solche Köstlichkeiten enthielt wie Lieder mit Royds am Klavier und »Sängern in echter Konzertpose« und eine »schreiende Komödie« in einem Akt. In ihrer Kritik bezeichnete die South Polar Times diese Aufführung huldvoll als eine der erfolgreichsten Darbietungen, die jemals innerhalb des Polarkreises gegeben wurden. Die nächste Vorstellung lag in der Verantwortung der »Dishcover Minstrel Troupe«, die bei Temperaturen von minus 40 Grad ihr Bestes gab.
Mit Fortschreiten des Winters legten alle Offiziere Nachtschichten ein, um zwei Stunden lang auf Wache die wissenschaftlichen Beobachtungen zu machen. Scott vermerkte auch mit rührenden Worten, dass er diese Gelegenheit nutzte, um seine Wäsche zu waschen, obwohl er befürchtete, dass er sie nicht richtig sauber bekommen würde. Aber es gab Entschädigungen. So durfte sich der Nachtwächter den Luxus gönnen, für sich selbst eine Dose Sardinen aufzukochen. Während die köstlichen Gerüche aufstiegen, weckte »eine kleine Gruppe von gourmets « einander, um unter zufriedenem Aufseufzen ein fingerbreites, mit Butter bestrichenes Stück Toast mit zwei »vollkommen gegarten« Sardinen zu verschlingen, und legte sich wieder schlafen. Das erinnert etwas an mitternächtliche Feste im Internatsschlafsaal. Natürlich handelte es sich um eine junge Mannschaft. Das Durchschnittsalter der 44 Männer an Bord betrug nur 25 Jahre. Ihre Jugend zeigte sich auch in ihrer Unerfahrenheit bei ihren jeweiligen Aktionen. Wilson schrieb: »Mit der einzigen Ausnahme von Hodgson sind wir alle in allen Dingen entsetzlich unbeleckt, bis auf elementare Kenntnisse in unseren jeweiligen Tätigkeitsbereichen.« 6
Wilsons Bescheidenheit und seine hohen Ansprüche veranlassten ihn zu einem übermäßig strengen Urteil – die Männer verfügten zumindest über Lerneifer und über die von Markham so sehr verehrte Begeisterungsfähigkeit der Jugend. Armitage sah man draußen auf dem Eis mit dem großen Theodolit die Sterne beobachten. Thermometer waren an strategischen Stellen an der Küste in Richtung Mount Erebus oder auf dem Crater Hill angebracht worden und mussten abgelesen werden. Hodgson, der Naturforscher, verbrachte seine Zeit mit Schaufeln und Graben. Hin und wieder brachte er triumphierend ein Stück Eis in die Offiziersmesse des Schiffes, wo es aufgetaut wurde und »die seltsamen Wesen, die auf dem Boden unseres Polarmeers kriechen und schwimmen«, freigeben durfte. 7 Royds kümmerte sich um die meteorologischen Aufzeichnungen. Liebevoll hegte und pflegte Bernacchi seine erdmagnetischen Instrumente und das Elektrometer und stellte Beobachtungen über das Polarlicht, die Seismik und die Schwerkraft an. Barne führte eine Art »Picknickleben« und machte sich mit nur ein paar Riegeln Schokolade in
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