Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
Vom Netzwerk:
Wetter es erlaubte. Er forderte Campbell auf, in der Bay of Whales zu bleiben und sich einiger seiner Hunde zu bedienen, aber Campbell lehnte ab. Nach dem Austausch wohlbedachter Artigkeiten verabschiedete er sich und zog es vor, mit der nach Neuseeland reisenden Terra Nova weiterzufahren und zu versuchen, jenseits von Cape Adare an Land zu gehen.
    Scott reagierte zunächst mit Wut. Er musste der Versuchung widerstehen, zur Bay of Whales zu eilen und mit Amundsen Tacheles zu reden. Cherry-Garrard hatte seinen Kapitän niemals so bekümmert gesehen. Hier erinnerte manches an den jungen Scott, der ein schlechter Verlierer war. Der Gedanke, dass ihm jemand den Preis vor der Nase wegschnappen könnte, sowie die Tatsache, dass Amundsen sich nicht »an die Spielregeln gehalten« hatte, war für ihn unerträglich. Es war nicht fair! Doch nüchterneres Nachdenken überzeugte ihn: »Der richtige wie auch der klügere Weg für uns ist, genauso weiterzumachen, als wenn dies nicht geschehen wäre. Weiterzugehen und ohne Angst oder Panik unser Bestes zur Ehre des Landes zu geben.«
    Doch ob es Scott gefiel oder nicht – die Reise zum Pol würde jetzt in ein Wettrennen ausarten. Er begann, ihre jeweiligen Chancen abzuwägen, und grübelte düster darüber nach, dass Amundsen an der Bay of Whales dem Pol etwa 110 Kilometer näher war als er. Er dachte darüber nach, dass Amundsen sich auf seine Hunde verließ, und räumte ein, dass seine Absicht klug erschien und dass er mit den Hunden früher starten könnte als mit den Ponys. Es hätte ihn allerdings noch weiter deprimiert, wenn er gewusst hätte, dass Amundsen während der letzten Reise, auf der er seine Vorratslager angelegt hatte, an seinem besten Tag fast 110 Kilometer zurückgelegt hatte, weil seine Hunde über den gefrorenen Boden des Ross-Schelfeises mühelos nur so dahingefegt waren, und dass er sein letztes Depot 280 Kilometer weiter südlich angelegt hatte als Scott das seine. Im Durchschnitt war Scott nur halb so schnell gewesen wie Amundsen.
    Jedenfalls hatte Scott Mühe, die Vorstellung zu akzeptieren, dass intelligente Tiere wie Hunde den ganzen Weg bis zum Pol über Hunderte von Kilometern öden Geländes getrieben werden könnten. Er glaubte: »Ein Hund muss entweder fressen, schlafen oder interessiert sein. Sein Eifer, bei Interesse zuzuschnappen, mit Wachsamkeit etwas zu verfolgen, ist fast mitleiderregend. Die Monotonie des Marschierens bringt ihn um.« Doch wenn Scott seine Pläne jetzt hätte ändern wollen und sein Vertrauen in die Ponys aufgegeben hätte, hätte er sich dem Vorwurf ausgesetzt, Amundsen nachzuäffen.
    Während Scott immer noch über diese merkwürdige Wendung des Schicksals nachgrübelte, kamen Bowers, Oates und Gran mit allen fünf Ponys im Safety Camp an, aber eines war in schlechter Verfassung. Scott blieb zusammen mit Oates und Gran bei ihm und versuchte vergeblich, es zu füttern, aber das Pony verendete noch in derselben Nacht. Das führte Scott noch deutlicher vor Augen, dass »diese Schneestürme für die armen Tiere schrecklich sind ... Sie sorgen dafür, dass im nächsten Jahr zwangsläufig spät gestartet werden muss.«
    Unterdessen hatte Scott die anderen in die Sicherheit von Hut Point vorausgeschickt, wo Wilson und Meares mit den Hundegespannen ankamen. Doch eine Folge alptraumartiger Ereignisse erwartete Bowers, Cherry-Garrard und Crean. Im Gegensatz zu Wilson beschlossen sie, mit ihren vier ausgezehrten Ponys das Meereis zu überqueren. Bowers schrieb: »Es war ein scheußlicher Rückmarsch: finster, bedrückend und deprimierend.« Sie kamen nur langsam voran und kampierten auf dem Eis, das fest genug erschien, aber wahrscheinlich war ihr Urteilsvermögen aufgrund ihrer Müdigkeit beeinträchtigt – Bowers bereitete den üblichen Kakao mit Currypulver zu, und Crean bemerkte es nicht einmal. Als sie erwachten, machten sie die unangenehme Entdeckung, dass sie sich, wie Bowers es ausdrückte, »inmitten eines dahintreibenden Stücks aufgebrochenen Eises befanden«. Ein Pony war verschwunden, und jetzt folgte ein verzweifelter Wettlauf, um ihre Schlitten und die übrigen drei Ponys von Eisscholle zu Eisscholle zu ziehen und das sichere Schelfeis zu erreichen. Als ob das nicht genügt hätte, beschrieb Bowers die »weitere Unannehmlichkeit«, die durch den Anblick ganzer Geschwader von Schwertwalen ausgelöst wurde, die mit »teuflischer Geschäftigkeit« in dem zehn bis zwölf Meter breiten Streifen offenen Wassers, der

Weitere Kostenlose Bücher