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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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gaben. Von dort ging es über die Route, die Shackleton genommen hatte, geradewegs zum Beardmore-Gletscher, der für Scott das Tor zum Pol sein würde. Doch bevor sie sich weiter voranbewegen konnten, schlug der erste Schneesturm zu – eine ehrfurchtgebietende Begegnung mit dem, was Cherry-Garrard als »tobendes Chaos« bezeichnete –, und dieser Sturm hatte eine Verzögerung von drei Tagen zur Folge. Als es aufklarte, drängten sie mit vermehrter Kraft nach Süden, wieder vorbei an Minna Bluff, benannt nach Sir Clements Markhams Frau Minna, und errichteten in der Nähe des 79. Breitengrads ihr Bluff Depot. Cherry-Garrard beschrieb, was es bedeutete, sich mit Scott ein Zelt zu teilen:
    »Scotts Zelt war bequem und wohnlich, und ich war immer froh, wenn ich hinein durfte ... Er selbst war außerordentlich fix, und es wurde niemals Zeit verloren, wenn seine Gruppe ein Zelt aufschlug oder ein Lager abbrach. Er war sehr darauf bedacht – manche, aber nicht ich, behaupten, allzusehr darauf bedacht –, dass alles sauber und tipptopp war ... Und wenn man ›mit dem Owner Schlitten fuhr‹, musste man die Augen sehr weit offen halten für die kleinen Dinge, die dazwischenkamen, diese rasch erledigen und kein Wort darüber verlieren.«
    Das Leben mit Scott scheint ganz vortrefflich, wenn auch etwas anstrengend gewesen zu sein. Er war selbst diszipliniert und erwartete von anderen, dass sie genauso penibel waren. Wright erinnerte sich später daran, wie einige der Männer so große Ehrfurcht vor Scott hatten, dass sie zum Urinieren hinaus in die Kälte gingen, statt es, wie üblich, in der Ecke des Zeltes zu erledigen.
    Obwohl sie erst seit 18 Tagen mit den Schlitten unterwegs waren, ließen die Kräfte der Ponys nach. Aus Scotts Tagebuch sprechen sein Kummer und seine Sorgen – nicht nur, weil er für die Reise zum Pol auf die Ponys angewiesen war, sondern weil ihr Leiden ihm zusetzte. Oates, der Pferde ebenfalls liebte, aber weniger sentimental war, nahm eine pragmatischere Haltung ein und argumentierte, dass es besser wäre, die Pferde so weit wie möglich nach Süden zu treiben und sie dann zu töten und das Fleisch für die Männer und die Hunde der Pol-Gruppe einzulagern. Er hielt es für unwahrscheinlich, dass viele der Pferde die Rückreise nach Cape Evans überleben würden. Dennoch beschloss Scott, die drei schwächsten – Blossom, Blucher und James Pigg – mit Teddy Evans, Keohane und Forde zurückzuschicken. Blossom verendete unmittelbar danach und Blucher nach nur 55 Kilometern, und das gab Oates im Nachhinein recht.
    Oates machte sich weiterhin dafür stark, die Ponys weiterzutreiben und zu töten, aber Scott weigerte sich. Gran zufolge gab es einen aufschlussreichen Wortwechsel: »Ich habe genug von dieser Tierquälerei«, lautete Scotts Antwort, »und ich werde nicht um ein paar Tagesmärsche willen gegen mein Gefühl handeln.« – »Ich fürchte, das werden Sie bereuen, Sir«, sagte Oates am Ende. »Bereuen oder nicht, mein lieber Oates«, erwiderte Scott, »ich habe mich entschieden wie ein Christ.« 10 Im Endeffekt lag der südlichste Punkt, den sie erreichten, 240 Kilometer von Cape Evans entfernt und 56 Kilometer weiter nördlich, als Scott geplant hatte. Sie errichteten ein großes Lager, nannten es »One Ton« wegen der gewaltigen Menge an Vorräten, die sie hier zurückließen, und markierten es mit einer schwarzen Fahne. Scott schrieb jetzt in sein Tagebuch: »Wir werden eine gute Etappe für das nächste Jahr haben und können die Ponys wenigstens bis zu dieser Stelle füttern.« Hätte Scott auf Oates gehört und das Depot weiter südlich errichtet, hätte der halb erfrorenen, halb verhungerten und erschöpften Pol-Gruppe auf ihrer Rückreise wahrscheinlich zumindest vorübergehend geholfen werden können; dies sollten die nachfolgenden Ereignisse bestätigen.
    Die Temperatur war inzwischen auf ungefähr minus 28 Grad gesunken, und viele Teilnehmer der Reise spürten die Kälte – vor allem Oates litt unter einer erfrorenen Nase. Scott nahm das als schlechtes Vorzeichen für die Reisen im nächsten Sommer und teilte jetzt die Gruppe für die Rückreise auf. Scott, Wilson, Cherry-Garrard und Meares gingen mit den beiden Hundegespannen voran. Bowers, Oates und Gran folgten mit den fünf erschöpften Ponys langsamer nach. Zu einem interessanten Dialog kam es zwischen Oates und Gran, als sie wieder nach Norden stapften. Gran zufolge »war Oates für mich ein Buch mit sieben Siegeln, bis ich mit

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