In den eisigen Tod
sie beschloss, sich mit aller Energie um Spender zu bemühen. Im Gegensatz zu Scott war ihr das nicht peinlich, obwohl sie vor einem Angebot des Daily Mirror zurückschreckte, der ein Foto von Peter abdrucken wollte, um einen neuen Appell zu lancieren. Sie konnte es nicht »ertragen, meinen Kleinen in der Boulevardpresse vervielfältigt« zu sehen. Praktisch denkend wie immer, bezweifelte sie auch, ob dadurch wirklich viel Geld zusammenkäme. Doch ihre angeborene Robustheit wurde durch erstaunliche Vorahnungen angekratzt. Am 20. September schrieb sie: »Ein ziemlich grässlicher Tag. Ich wachte auf nach einem schlimmen Traum von Dir, und dann trat Peter ganz nah an mich heran und sagte mit Nachdruck: ›Daddy kommt nicht zurück‹, als würde er meine dummen Gedanken beantworten. Zum Glück bin ich nicht oft so dumm.«
Scott wusste unterdessen nichts von der jüngsten finanziellen Krise, aber er wusste, dass er auf seiner Reise nach Süden nicht soviel Geld eingesammelt hatte, wie er erhoffte. Mehr als einmal vertraute er Ponting an, dass »er sich Sorgen mache, weil die tatsächlichen Kosten seine Schätzungen weit überstiegen hatten und weil er sich mit einem beträchtlichen Defizit auseinandersetzen müsse«. Mitte Oktober scharte er seine Leute um sich, erklärte, dass die Expedition verschuldet sei, und bat alle, denen es möglich war, in den nächsten zwölf Monaten auf ihre Bezahlung zu verzichten. Diejenigen, die es sich leisten konnten, reagierten mit Herzlichkeit und Großmut, und Scott unterschrieb eine entsprechende Verzichtserklärung und stockte damit den Expeditionsfonds um die Summe einer Reihe von Gehältern, einschließlich seines eigenen, auf.
Während die Wochen vergingen, wurden die Schlittenausrüstung vorbereitet und die Ponys in Bewegung gehalten. Scott verbrachte viel Zeit an seinem linoleumbezogenen Tisch in seiner Kabine, dem »Allerheiligsten«, wie die anderen sie nannten, und ging mit Bowers die Inangriffnahme des Pols in allen Einzelheiten durch, überprüfte immer wieder die Ausrüstungsverzeichnisse und seine Kalkulationen. Zu letzteren gehörten »Sunny Jim« Simpsons Daten über das Wetter, mit dem sie während ihrer Reise zu rechnen hätten, sowie andere Berechnungen zu der am besten geeigneten Kost und den Nahrungsmittel- und Treibstoffmengen, die transportiert werden sollten. Aufgrund der Erfahrungen der Winterreisegruppe wurde den Rationen für die Pol-Gruppe – von ihnen »die Gipfelrationen« genannt – mehr Fett hinzugefügt. Tatsächlich traute Scott einzig Bowers einen korrekten Umgang mit den Zahlen zu.
Als er am 13. September seine Männer um sich sammelte, machte er sie mit seinen detaillierten Plänen bekannt. Sie folgten den Prinzipien, die er im Mai umrissen hatte. Er beabsichtige, sich zunächst auf die Ponys und dann auf die menschliche Zugkraft zu verlassen. Aufgrund seiner Erfahrungen während der Reise, auf der sie die Vorratslager angelegt hatten, war er nicht davon überzeugt, dass man mit den Hunden weit kommen könne, und hatte notiert: »Dieses Gefühl schien die ganze Gesellschaft zu teilen. Alle scheinen, wenn es um Gletscher und Gipfel geht, den Hunden zu misstrauen.« Tatsächlich hatte Bowers die Nachricht, dass die Männer »in diesen Zeiten der angeblichen Dekadenz der britischen Nation« die Schlitten selber ziehen würden, positiv aufgenommen. 1 Es erschien richtig und männlich, obwohl es bedeutete, dass die Gruppe, die zum Pol gehen würde, die Schlitten über mehr als 2200 Kilometer würde ziehen müssen.
Scott erklärte nun, dass sein Plan eine Reise von 2500 Kilometern zum Pol und wieder zurück in 144 Tagen vorsah. Die Gruppe, die nach Süden aufbrechen sollte, werde aus zwölf Männern bestehen, von denen am Ende nur vier zum Pol gehen würden. Andere würden sie bis zu den letzten Etappen der Reise unterstützen und dann nacheinander zurückkehren. Die Motorschlitten würden vor der Hauptgruppe losfahren und Brennstoff und Futter transportieren. Die Ponys würden leichte Lasten bis zum Corner Camp und dann volle Ladungen bis zum One-Ton-Depot und darüber hinaus ziehen. Die Hundegespanne würden mehr Futter für die Ponys schleppen. Es war beabsichtigt, die Ponys dann, wenn sie am Ende ihrer Kräfte sein würden, zu erschießen und die Hunde zurückzuschicken. Danach werde die ganze Strecke zum Pol und zurück mit menschlicher Zugkraft zurückgelegt. Scott schrieb in sein Tagebuch: »Der Plan scheint voller Zuversicht aufgenommen
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