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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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strebte heimwärts. (Die Überreste ihres Lagers sollten im Rahmen der Commonwealth Trans-Antarctic-Expedition, 1955–58, von Sir Vivian Fuchs entdeckt werden.) Von ihnen befand sich Birdie noch in der besten körperlichen Verfassung – eben der »stämmige, aktive, unverwüstliche kleine Mann«, wie Scott ihn lobte, 7 aber: »Bill sah sehr schlecht aus«, stellte Cherry-Garrard fest, der sich seinerseits so schwach fühlte, dass er schließlich zustimmte und Birdies Angebot, ihm sein Daunenbett zu leihen, annahm – eine Geste, die ihn wegen ihrer Großzügi gkeit fast zu Tränen rührte.
    Die Rückreise war so grauenhaft, dass Cherry-Garrard behauptete, er habe ihre Schrecken nur vage im Gedächtnis behalten. Woran er sich erinnerte, war, dass Wilson und Birdie, während sie sich Cape Evans näherten, ziemlich heftig über die genaue Position des Kaps stritten – das einzige Mal, dass sie sich je zankten. Cherry-Garrard erklärte dies damit, dass die Spannung mit dem Näherrücken ihres Stützpunkts plötzlich nachließ. Er erinnerte sich auch an seine Ankunft: Drei erfrorene, ausgezehrte Vogelscheuchen, die mit dem Ruf: »Du lieber Himmel! Da ist ja die Crozier-Gruppe!«, begrüßt wurden. Debenham schrieb: »Drei Subjekte in vereisten Kleidern kamen herein, rußig, mit strähnigen Haaren und in einen Panzer aus Eis gezwängt.« Irgendein Witzbold schlug vor, dass man einen Dosenöffner holen solle, um sie zu befreien.
    Und so endete diese ungewöhnliche Winterreise. Alle Männer hatten abgenommen, aber nicht so viel, wie sie erwartet hatten. Cherry-Garrards Schlafsack wog jetzt aber 20 statt der normalen acht Kilogramm; diese Gewichtszunahme war allein der zusätzlichen Last seines gefrorenen Schweißes und Atems zu verdanken. Scott war erleichtert, seine Männer wohlbehalten zurückzuhaben. Jedes Mal, wenn das Wetter sich verschlechtert hatte, waren seine Gedanken besorgt zur Cape-Crozier-Gruppe gewandert. In seinem Tagebuch ließ er nun seinen Gefühlen freien Lauf:
    »Für mich und jeden, der hiergeblieben ist, besteht das Ergebnis dieser Bemühung in der Faszination, die sie auf unsere Phantasie als eine der edelsten Erzählungen in der Polargeschichte ausübt. Dass Menschen in die Tiefe der Polarnacht hineinwanderten, um der schrecklichsten Kälte und den heftigsten Stürmen in der Dunkelheit zu trotzen, ist etwas Neues; dass sie bei dieser Anstrengung standgehalten haben trotz jeder Widrigkeit ... ist heroisch. Dies stellt eine Geschichte für unsere Generation dar, die, wie ich hoffe, nicht schon verlorengeht, während sie erzählt wird.«
    Diese Anerkennung hätte auch auf jene Reise gepasst, die er selbst unternehmen und die sich wirklich als »die schlimmste Reise der Welt« erweisen sollte.

Kapitel 13
    Erbärmlich, ausgesprochen erbärmlich
    Am 23. August endete die antarktische Nacht, doch ein Sturm löschte das zurückkehrende Licht aus. Es dauerte weitere drei Tage, bevor die Sonne wieder die Eisschollen vergoldete. »Es war phantastisch, wieder einmal in strahlenden Sonnenschein gebadet dazustehen. Wir fühlten uns sehr jung, sangen und jubelten«, schrieb Scott überschwenglich. Sie tranken auch Champagner, und selbst die Tiere wurden im glänzenden Licht munter und nach Teddy Evans Worten »fast närrisch«. Die Expedition war verhältnismäßig unversehrt über den Winter gekommen. Die Cape-Crozier-Gruppe war, wenn auch mit knapper Not, zurückgekehrt. Atkinson hatte sich einmal in einem Schneesturm verirrt, war ungefähr fünf Stunden durch die Gegend getappt, hatte aber überlebt, allerdings mit schweren Erfrierungen an einer Hand, die von nacktschneckenähnlichen Blasen entstellt war.
    Die Gedanken aller richteten sich jetzt auf die Reise zum Pol. Doch als Scott anfing, seine endgültigen Pläne zu schmieden, war die Finanzlage daheim in England desolat. Die Nachricht, dass Amundsen in der Bay of Whales eingetroffen war, hatte England erreicht und wirkte sich auf Scotts Appelle nicht unbedingt positiv aus. Statt bei den Menschen patriotische Großzügigkeit hervorzukitzeln, fragten sie sich, warum sie eine Expedition unterstützen sollten, die jetzt zu scheitern drohte. Kathleen Scott hatte die unangenehme Mitteilung erhalten, dass kaum genug Geld da war, um die Ausgaben bis Ende Oktober zu decken. Die Agenten in London und in Neuseeland brauchten zusammen 1500 Pfund. Kathleen schlug vor, die Rechnungen der Expedition zu veröffentlichen, um zu beweisen, wie verzweifelt die Lage war, und

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