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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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Verdrossenheit und Zurückhaltung beschrieb: »Bei solchen Gelegenheiten war es offenkundig, dass er still mit den Problemen der Zukunft belastet war – die sich durch die schweren Verluste, die er bei seinen Transportmitteln erlitten hatte, so ungeheuerlich vergrößert hatten. In solchen Zeiten fühlte ich instinktiv, dass er niedergedrückt wurde von dem Gefühl der Pflicht gegenüber seinem Land, das Unternehmen zu einem Erfolg zu bringen, wie groß auch immer die Schwierigkeiten sein mochten.« Scott saß in der klassischen Falle, indem er einerseits an seiner eigenen Fähigkeit zweifelte, das Unternehmen zuwege zu bringen, andererseits aber sowohl wegen seines zugeknöpften Wesens als auch wegen seiner Verantwortung als Expeditionsleiter, Angst davor hatte, seine Unsicherheit irgend jemandem zu offenbaren oder irgend jemandes Rat zu suchen. Dadurch geriet er manchmal in einen Zustand nervöser Unschlüssigkeit.
    Nach der katastrophalen Reise, auf der die Vorratslager angelegt worden waren, machte sich Scott insbesondere über die Ponys Sorgen. Während Oates sie aufpäppelte und in Bewegung hielt, schätzte Scott ihre Qualitäten ebenso genau ein wie die seiner Leute. Oates war nach wie vor der Meinung, dass die Ponys »ohne jede Ausnahme der größte Haufen Klepper waren, die ich je gesehen habe und die zugleich zu ernsthafter Nutzung bestimmt waren«. 4 Auch er war besorgt über die Last der Verantwortung, die auf seinen Schultern ruhte – der Erfolg der ganzen Expedition gründete auf der Leistungskraft der Ponys, und seine Besorgtheit löste in Scott Wut aus, weil dieser von einem solchen nicht gerade hoffnungsvollen Haufen soviel erwartete. Oates schrieb:
    »Ich bin natürlich sehr verärgert, da es vollkommener Schwachsinn ist, mit einem Haufen Krüppel zu starten, und Scott will nicht glauben, wie schlecht sie sind; er glaubt, ich würde sie immer schlechter machen, als sie sind. Scott hat in letzter Zeit ein paar Leute gekränkt, und Meares, der sich um die Hunde kümmert ... hatte einen regelrechten Krach mit ihm; ich selbst hege eine tiefe Abneigung gegen Scott und würde das ganze Zeug hinschmeißen, wenn wir nicht eine britische Expedition wären und diese Norweger schlagen müssten.«
    Er schrieb auch, dass Scott zwar ihm gegenüber immer sehr zuvorkommend gewesen sei und man allgemein glaube, sie kämen miteinander gut zurecht, »doch die Sache verhält sich so, dass er nicht aufrichtig ist: Zuerst kommt er, und dann lange nichts.« 5 Doch er schrieb diese Anmerkungen, als er hungrig war, und räumte ein, dass er seinem Expeditionsleiter gegenüber freundlichere Gefühle hegen würde, wenn er erst gegessen habe. In einem Brief, den er am Vorabend seiner Abreise an seine Mutter schrieb, teilte er ihr mit, dass sie, sollte ihm irgend etwas zustoßen, daran denken solle: »Wenn ein Mann eine harte Zeit durchlebt, sagt er harte Dinge über andere Menschen, die er später bedauern würde.« 6
    Oates’ Vorbehalte gegenüber Scott nach einem langen Winter, den er mit ihm verbracht hatte, fanden bis zu einem gewissen Grad bei Debenham ihren Widerhall. In einem Brief an seine Mutter legte er vollkommen freimütig seine Meinung über Scott dar:
    »Ich muss Dir sagen, was ich von ihm halte. Ich fürchte, ich bin sehr enttäuscht von ihm, auch wenn mein Glauben nur sehr langsam dahinschwand. Zweifellos kann er sehr nett sein, und das Interesse, das er an unserer wissenschaftlichen Arbeit an den Tag legt, ist enorm; er ist auch selbst ein guter Schlittenfahrer und als Organisator großartig. Aber das ist, fürchte ich, auch schon alles. Seine Stimmungen sind sehr schwankend und führen ihn selbst bei einfachen Auseinandersetzungen zu absurder Weitschweifigkeit. In Krisensituationen agiert er ganz merkwürdig. Einmal, als Atkinson mehrere Stunden lang in einem Schneesturm vermisst wurde, dachte ich, er würde großartig handeln ... Was er beschließt, ist oft genug richtig, so, wie ich es erwarte, aber er verliert die ganze Kontrolle über seine Zunge und macht uns alle rasend .. . , doch es ist schwer, den eigenen Führer zu beurteilen ... Das Wunderbare daran ist jedoch, dass der Owner sich als einzige Ausnahme abhebt von dem Geist der Kameradschaft und Fröhlichkeit, der allgemein unter uns allen herrscht.« 7
    Doch wie im Fall von Oates müssen diese Bemerkungen in ihrem Zusammenhang gesehen werden. Der Winter war für alle eine lähmende Zeit gewesen, und Scott konnte fraglos ein Zuchtmeister sein. Der

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