In den eisigen Tod
bewahrte sie davor, in einen Abgrund zu stürzen.
Am 15. Juli, Wilsons Hochzeitstag, erreichten sie nach einem schrecklichen Kampf ihr Ziel. Sie entschieden sich für einen Standort hoch auf den Klippen über der Pinguinkolonie und begannen, sich aus Stein und Schnee einen Iglu mit einem Segeltuchdach zu bauen, der von einem mit Seehundtran beheizten Ofen, einem Blubberofen, erwärmt werden sollte. Wilson nannte den Iglu Oriana Hut. Am 19. Juli machten sie sich auf, um die Pinguine zu suchen, konnten aber keine Möglichkeit finden, auf das Meereis hinunterzuklettern, obwohl sie schon »die Kaiser rufen« hörten. Ihre Schreie hallten in der Stille geradezu aufreizend wider. Die Männer hatten keine andere Wahl, als zum Lager zurückzukehren und es erneut zu versuchen. Der zweite Versuch war erfolgreicher. Sie fanden schließlich einen fuchslochartigen Weg durch das Eis, und dort unter ihnen kauerten die Kaiserpinguine unter den Klippen. Sie starrten auf ein Bild, das sich nie zuvor einem menschlichen Auge dargeboten hatte, aber Wilson war enttäuscht, statt der mehreren tausend, die er erwartet hatte, nur etwa 100 Vögel vorzufinden. Während die erschrockenen Pinguine einen Heidenlärm machten, gingen Birdie und Wilson in die Knie und sammelten fünf Eier ein. Sie töteten drei Vögel und zogen ihnen die Haut ab, um Brennstoff für ihren Blubberofen zu gewinnen.
Doch das Wetter wurde langsam bedrohlich; es wehte ein bitterkalter Wind, und während sie sich vorwärts kämpften, um wieder zum Iglu zu gelangen, stolperte der arme, kurzsichtige Cherry-Garrard und zerbrach die beiden Eier, die er mit seinen Pelzfäustlingen umklammert gehalten hatte. Halb erfroren, erschöpft und fast am Ende ihrer Kräfte brachten sie sich in Sicherheit. In dieser Nacht spritzte ein Klümpchen von dem heißen Fett aus dem Blubberofen Wilson ins Auge und brachte diesen normalerweise stoischen Mann dazu, sich vor Schmerz zu krümmen, der zudem fürchtete, erblindet zu sein. Er räumte ein, dass sie nunmehr »zum Kern der Sache« vorgestoßen waren – für Wilson starke Worte –, aber sein Glaube, dass die Lage sich bessern würde, war unangebracht. Ein Sturm brach los, der in Cherry-Garrards Ohren so klang, »als hätte die Welt einen hysterischen Anfall«. In dem ganzen Wirbel wurde das Zelt, das als Lager für die Ausrüstung neben dem Iglu errichtet worden war, davongeweht. Alles, was sie tun konnten, war, sich zu bemühen, das, was noch übrig war, in den Iglu zu bringen: »Um diese Sachen hereinzutragen, kämpften wir gegen massive Wände aus schwarzem Schnee, die an uns vorbei rasten und versuchten, uns den Abhang hinunterzuschleudern.«
Die Lage wurde noch verzweifelter, als das Segeltuchdach der Hütte abgerissen wurde und sie schutzlos zurückblieben. Wilson brüllte den anderen zu, sie sollten sich tief in ihren Schlafsäcken einmummeln. Als Cherry-Garrard versuchte, Wilson zu helfen, beugte dieser sich vor und sagte: »› Bitte , Cherry‹ .. . , und seine Stimme war schrecklich besorgt. Ich wusste, er fühlte sich verantwortlich; fürchtete, er sei es gewesen, der uns dieses schauderhafte Ende beschert habe.« Witzigerweise war es Wilsons Geburtstag. Wie Bowers später schrieb: »Ich war entschlossen, mich warm zu halten, und unter meinem mit Stroh gefüllten Bettzeug paddelte ich mit den Füßen und sang alle Lieder und Hymnen, die ich kannte, um mir die Zeit zu vertreiben. Hin und wieder konnte ich Bill anstupsen, und da er sich noch bewegte, wusste ich, dass er lebte – was für ein Geburtstag für ihn!« 6
Doch was jetzt geschah, kam einem Wunder nahe, und Wilson und Bowers deuteten es wahrscheinlich auch als solches. Bowers dankte in seinem Tagebuch Gott für seine Gnade. Der Orkan flaute ab, alle drei lebten noch, wenn auch am Ende ihrer Kräfte, aber am unwahrscheinlichsten von allem war, dass ihr Zelt nur 900 Meter weiter gelandet und völlig intakt war. Cherry-Garrard schrieb: »Wir waren so dankbar, dass wir nichts sagten.« Ohne Zelt wäre eine Rückreise nach Cape Evans praktisch unmöglich gewesen. Wilson war entschlossen, keine weiteren Risiken einzugehen, obschon Birdie tatsächlich auf einen nochmaligen Besuch bei den Pinguinen drängte. Und sollte dies nicht möglich sein, so schlug er vor, dass die Pol-Gruppe auf diesem Weg zurückkehren sollte, statt den Weg über den Beardmore-Gletscher zu nehmen. Das halberfrorene Grüppchen packte, immer noch darüber erstaunt, überlebt zu haben, zusammen und
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