In den finsteren Wäldern (German Edition)
ich nicht erkennen. Es war dunkel und ich habe ihn nur eine Sekunde lang gesehen. Aber ich konnte ihn hören. Mein Gott, er hatte eine Stimme wie ... Sie war schrecklich.«
»Er hat ›Krull‹ gebrüllt, stimmt’s?«
»Ja.« Cordie blinzelte sich Schweiß von den Wimpern. »Wer war er?«
»Der Teufel.«
Im Dorf wurde Cordie ohne Umschweife in eine Hütte geführt. »Bleib hier«, forderte Lilly sie auf. »Grar muss dich sehen.«
Dann war sie allein. Sie saß mit untergeschlagenen Beinen in der Mitte der Hütte. Durch das Blätterdach fiel Sonnenlicht unregelmäßig auf den Boden. Cordie seufzte. Es fühlte sich gut an, die Leiche los zu sein. Aber später ...
Sie wollte nicht über später nachdenken.
Zumindest vorläufig schien sie nicht in Gefahr zu schweben.
Sie hatten sie akzeptiert.
Die Jungen hatten sie wundgefickt. Kigit hatte versucht, sie zu töten. Doch bisher hatte sie alles richtig gemacht. Sie gehörte fast zu ihnen.
Mit beiden Händen wischte sie sich den tropfenden Schweiß aus dem Gesicht, von den Schultern und von den Brüsten.
Sie wäre gern zu jenem Bach zurückgekehrt.
Und zu Dad.
Das Fell über dem Eingang der Hütte wurde zurückgeschlagen, und eine Kreatur schwang sich auf behaarten Armen herein. Cordie zuckte zusammen. Sie umklammerte ihre Oberschenkel, bohrte die Fingernägel in die feuchte Haut, kämpfte gegen den Drang an, zu fliehen oder zu schreien.
Sie erkannte, dass es sich bei der Kreatur um einen Mann handelte. Einen grauenhaft entstellten, aufgedunsenen Mann ohne Beine. Sein Mund verzog sich zum Abklatsch eines Grinsens.
»Grar?«
Das Monster schwang sich näher.
Cordie bohrte die Finger fester in die Oberschenkel. Die Nägel durchdrangen die Haut.
Zentimeter von ihren Knien entfernt hielt er inne. Sein Blick wanderte über ihren Körper.
Nein!
Nicht er!
Als sie seine verklebten Augen betrachtete, wurde ihr klar, dass sie lieber sterben, als sich von ihm nehmen lassen wollte.
Sie verschränkte die Arme vor den Brüsten.
Die Kreatur knurrte.
»Nein«, flüsterte sie.
Kapitel 24
Robbins erwachte und fand Neala schlafend neben sich auf dem Fellbett vor. Er hob den Kopf. Sherri stand an der vorderen Wand und hielt Wache.
Behutsam entfernte er Nealas Hand von seinem Bauch und stand auf. Er ging zu Sherri. »Was machen sie?«, erkundigte er sich.
»Stehen bloß rum.«
Er spähte hinaus. »Worauf um alles in der Welt warten die?«
»Vielleicht wollen sie uns aushungern. Ist besser, als sich von uns die Köpfe wegschießen zu lassen.«
»Ja.« Er trat von der Wand zurück und zog sein T-Shirt hoch, um sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen. Dann ergriff er sein Gewehr. Er ging zur Tür und öffnete sie. Die von draußen hereinströmende Luft sorgte für keine Abkühlung; sie fühlte sich eher noch wärmer an als im Inneren.
»Ich persönlich glaube ja, dass wir verdursten, bevor wir verhungern«, sagte Sherri.
»Wir werden weder verdursten noch verhungern.«
»Was hast du vor? Kollektiven Selbstmord?«
»Ich habe vor, uns hier rauszuschaffen.«
»Na, viel Glück.«
Robbins trat hinaus ins Sonnenlicht. Er kniff die Augen zusammen und spähte durch die schiefen Kreuze und aufgespießten Köpfe.
Es mussten etwa zwei Dutzend Krulls sein. Und sie taten nicht das Geringste. Hängen nur rum, wie bei einem Picknick.
Picknick.
Robbins lachte freudlos.
Ein paar der Krulls wurden lebhaft, als sie ihn bemerkten. Einige zeigten in seine Richtung. Ein junger Bursche rannte vor, hielt am Rand der Kreuze an und schleuderte einen Speer. Robbins beobachtete, wie der Schaft aufstieg, wusste jedoch, dass er nicht weit genug fliegen würde. Was sich bestätigte. Im Fallen riss der Speer einem aufgespießten Kopf das halbe Gesicht weg. Der Schädel wirbelte herum, das schwarze Haar wehte hinterher.
Zornige Stimmen zerbrachen die Stille.
Zwei Krulls griffen den Jungen an. Sie stießen ihn zu Boden, stapften auf ihn, traten auf ihn ein.
Weil er den Speer auf ein unmögliches Ziel geworfen hatte?
Oder weil er einen der Köpfe beschädigt hatte?
Vielleicht ist das hier heiliges Gelände , dachte Robbins. Das würde erklären, weshalb die Krulls es nicht betraten.
Er ging die Vorderseite der Hütte entlang zur Ecke. Auf dieser Seite befanden sich weitere Krulls. Robbins zählte nur acht. Allerdings konnten sie von denen vorne Verstärkung bekommen.
Er ging weiter nach hinten. Dort sah er noch mehr. 13 oder 14 wanderten müßig jenseits des Felds der Kreuze
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