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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wege kannten, Informationen aus einem Menschen herauszuholen, ganz gleich, in welchem Zustand er sich im Moment befand. Aber sie konnten sie auch nicht mitnehmen. »Ich kann ihr Gedächtnis blockieren«, sagte Gurk. »Allerdings nicht für lange.« Charity blickte den Zwerg überrascht an und fügte der langen Liste von Fragen, die sie ihm stellen wollte, einige weitere hinzu. Aber sie sagte nichts, sondern nickte nur, und Gurk beugte sich über die Shai-Priesterin und streckte die Hände nach ihren Schläfen aus. »Laß das!« Gurk erstarrte mitten in der Bewegung, und auch Skudder und Charity sahen überrascht auf. Der Megamann drehte sich mit mühsamen, kleinen Bewegungen herum und hob die Hand. »Rühr sie nicht an!« sagte er scharf. Gurk starrte ihn haßerfüllt an, wagte es aber nicht, die Bewegung zu Ende zu führen, und der Megamann trat mit schleppenden Schritten auf Gurk und die alte Frau zu. Abn El Gurk blickte ihm wütend entgegen, als Kyle näher kam und sich schließlich neben der Priesterin herabsinken ließ. »Rühr sie nicht an«, sagte er noch einmal. »Sie wird uns nicht verraten.« Beim Klang seiner Stimme geschah etwas Sonderbares. Ein Zucken lief über das Gesicht der Shai-Priesterin. Ihre Augen verloren den glasigen Ausdruck, den sie die ganze Zeit über gehabt hatten, und sie hob langsam den Kopf und sah Kyle an. Charity begriff, was geschah, bevor es wirklich passierte. Aber sie war viel zu verblüfft, um zu reagieren. Und vermutlich hätte es auch gar nichts gegeben, was sie hätte tun können. Die Verblüffung im Blick der alten Frau machte einem jähen Entsetzen Platz. Ihre Augen weiteten sich, und plötzlich stieß sie einen gellenden Schrei aus und schlug Kyles Hände beiseite. Noch immer schreiend sprang sie auf, schlug in blinder Panik nach Kyle und taumelte an ihm vorbei. Der Megamann versuchte, sie zurückzuhalten, aber er bekam nur einen Ärmel ihres Gewandes zu fassen, der unter seinen Händen zerriß, als die Priesterin schreiend weitertaumelte. Kyle versuchte, ihr nachzusetzen, aber seine Kräfte versagten. Er verlor die Balance und stürzte zu Boden. Auch Charity und Net versuchten, der alten Frau den Weg zu verstellen. Die Priesterin wich Net mit einem blitzschnellen Schritt zur Seite aus, und als Charity sie an den Schultern packen und herumreißen wollte, verpaßte sie ihr einen überraschend harten Schlag, der sie taumeln ließ. Skudder stieß einen Fluch aus und rannte los. Und die Shai-Priesterin blieb abrupt stehen. Sie schrie noch immer, aber ihre Stimme hatte jetzt eine fast unmenschliche Tonlage erreicht. Speichel lief aus ihrem Mund, und ihr Gesicht war verzerrt. Sie sah wie eine Wahnsinnige aus. Gehetzt blickte sie sich um, begriff, daß ihr kein Ausweg mehr blieb - und stürzte in die einzige Richtung, aus der sich niemand auf sie zubewegte: zum Transmitter! Kyle stieß einen erschrockenen Ausruf aus und versuchte, sich aufzurichten. Aber selbst wenn er die Kraft dazu gehabt hätte, wäre seine Bewegung zu spät gekommen. Die alte Frau erreichte den schimmernden Metallring und warf sich mit weit ausgebreiteten Armen hinein. Für einen Augenblick schien ihr Körper schwerelos im Nichts zu hängen, dann verlor er Farbe und Tiefe, wurde transparent - und verschwand. Kyles Schreckensschrei wurde zu einem entsetzten Keuchen. Er sackte zurück, schlug die Hände vor das Gesicht und stöhnte leise. »Verdammt!« sagte Skudder. »Das hätte nicht passieren dürfen!« Er fuhr herum und blickte wütend auf den Megamann herab. »Wohin führt dieser Transmitter?« herrschte er ihn an. Kyle sah zu dem Hopi auf. Sein Gesicht verriet kein Gefühl. Aber plötzlich glaubte Charity, wieder dieses tiefe, grenzenlose Entsetzen in seinen Augen zu lesen. »Nirgendwohin«, antwortete er leise. Skudder machte eine ärgerliche Handbewegung. »Was soll das heißen - nirgendwohin?« »Es ist nur ein Empfänger«, murmelte Kyle. »Das hier ist Shai. Ein Ort, in den nur Wege hineinführen. Keine hinaus.« Der Hopi blickte Kyle weiter verständnislos an, während Charity abermals ein eisiges Entsetzen fühlte, als sie begriff, was die Worte des Megamannes bedeuteten. »Du meinst, es ... gibt keinen ... keinen zweiten Empfänger?« vergewisserte sie sich. Kyle schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte er. »Der Transmitter führt ... nirgendwohin.« »Soll das heißen, daß sie tot ist?« fragte Skudder. Kyle nickte, ohne ihn anzusehen. »Er lügt!« quengelte

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