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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Es war Englisch. Eine Sprache, die einige der älteren Bewohner der Freien Zone beherrschten und in der die Instrumente der Festung beschriftet waren, auch der Hauptrechner sprach Englisch. Jean wagte nicht zu hoffen, daß die Leute die wahren Erbauer der Festung wären. Aber vielleicht konnten sie ihm dabei helfen, ihre Geheimnisse etwas schneller zu ergründen! Die Vorstellung beflügelte ihn, aber sie ließ ihn nicht unvorsichtiger werden. Er näherte sich den Stimmen, die ihrerseits auch auf ihn zukamen, aber er blieb immer wieder stehen und lauschte oder duckte sich hinter einem Busch oder einem Mauerrest. Und als er die fünf Personen dann sah, war er sehr froh, sich so vorsichtig verhalten zu haben. Jean hatte schon die verrücktesten Typen zu Gesicht bekommen, aber diese Gruppe war mehr als sonderbar. Es waren fünf - zwei Männer, zwei Frauen und ein ... ein ... Jean war nicht sicher, was es war. Sie bewegten sich langsam zwischen den dichtstehenden Bäumen und Büschen vor ihm entlang, so daß sie seinen Blicken hinter dem wuchernden Grün immer wieder entzogen wurden und er die absurde Gestalt mit dem viel zu großen Kopf nicht richtig sehen konnte. Er vermochte nicht zu sagen, ob es ein Kind war, ein Krüppel oder ein Zwerg. Aber auch die anderen Mitglieder der Gruppe wirkten höchst merkwürdig: Eine der beiden Frauen war noch sehr jung. Sie hatte dunkles, kurzgeschnittenes Haar und trug ein sonderbares Kleidungsstück, das an einen Kampfanzug erinnerte. Die zweite war ein wenig größer und älter und hatte ebenfalls kurzgeschnittenes, aber sehr helles Haar. Bekleidet war sie mit einem dunkelblauen, eng anliegenden einteiligen Anzug, an dem ein breiter, sehr klobiger Gürtel auffiel, in dem sich neben einer Unzahl Taschen und Reißverschlüssen auch etwas befand, das Jean an die Tastatur eines jener Miniaturcomputer erinnerte, die er in der Festung gesehen hatte. Ihr Gesicht wirkte offen und sympathisch, aber Jean täuschte sich keine Sekunde lang über die Entschlossenheit und Stärke, die diese Frau ausstrahlte. Die beiden Männer schließlich waren so gegensätzlich, wie sie nur sein konnten: Der größere von ihnen mochte etwa dreißig Jahre zählen, trug als einziger der Gruppe das Haar schulterlang und von einem dünnen, ledernen Stirnband zusammengehalten. Jean schätzte ihn auf deutlich mehr als zwei Meter, und das bedeutete, daß seine scheinbar normal proportionierten Schultern fast doppelt so breit sein mußten wie seine eigenen. Seine Haut war dunkel und sonnenverbrannt. Er hatte ein schmales, fast asketisches Gesicht mit einer deutlichen Hakennase und einem kantigen Kinn. Und über seinem Auge befand sich eine frische Platzwunde. Der Kratzer konnte nicht seine einzige Verletzung sein, die er erlitten hatte, denn er bewegte sich mühsam und humpelte. Und dann fiel Jeans Blick voller Entsetzen auf das fünfte und letzte Mitglied der Gruppe. Es war ein Jäger! Es gab gar keinen Zweifel. Der Mann war eine gute Handspanne kleiner als alle anderen Jäger, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Sein Gesicht war bleich, und er stolperte immer wieder und mußte sich ein paarmal an Baumstämmen oder Zweigen festhalten, um nicht zu stürzen. Aber er war unzweifelhaft ein Jäger. Die nachtschwarze Montur mit dem blutroten Flammenemblem Morons auf Brust und Rücken war nicht zu verkennen. Jean zog sich hastig ein kleines Stück zurück und erstarrte zu vollkommener Reglosigkeit. Er wagte kaum noch zu atmen, ja, nicht einmal mehr, den Kopf zu drehen, als die Gruppe sich allmählich von ihm entfernte. Er wußte, wie unvorstellbar fein die Sinne eines Jägers waren. Daß er ihn bisher nicht entdeckt hatte, war einzig seinem schlechten Zustand zuzuschreiben. Aber das würde sich bald ändern. Es gab keine Verletzungen, von denen sich ein Jäger nicht erholte. Die freudige Erregung, mit der ihn der Gedanke erfüllt hatte, auf Menschen aus der Welt jenseits der Mauer zu treffen, schlug urplötzlich in Enttäuschung und hilflosen Zorn um. Obwohl er es mit eigenen Augen gesehen hatte, erschien ihm der Gedanke, daß sich Menschen mit einem Jäger zusammengetan haben sollten, im ersten Moment einfach absurd. Aber dann fiel ihm etwas ein: Die beiden Frauen, der Mann mit dem Stirnband und selbst der Zwerg waren bewaffnet gewesen - der Jäger nicht. Ein fast wahnsinniger Gedanke schoß Jean durch den Kopf. War es möglich, daß diese vier einen Jäger ... gefangen hatten!? Natürlich war schon die

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