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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bloße Vorstellung verrückt. Niemand konnte einen Jäger fangen. Man konnte ihn töten oder ihn zumindest so schwer verletzen, daß einem Zeit blieb, die Flucht zu ergreifen, aber ihn überwältigen und gefangennehmen ... Wahnsinn oder nicht; die Vorstellung ließ Jean nicht mehr los. Außerdem waren da noch die Energieschüsse, die die Ortungsinstrumente der Festung aufgefangen hatten: ein kurzes, aber heftiges Feuergefecht, das er sich nicht hatte erklären können. Vielleicht, dachte Jean erregt, kamen diese vier tatsächlich von draußen, und vielleicht waren sie gekommen, um den Bewohnern der Freien Zone zu beweisen, daß auch die Legende von der Unüberwindlichkeit der Jäger nicht stimmte. Er mußte es herausfinden. Die Chancen, daß ihn dieser Versuch das Leben kostete, standen nicht schlecht. Aber wenn ihm diese vier Fremden den Weg zeigen konnten, wie sie mit den Jägern fertig wurden, dann war der Einsatz das Risiko wert. Er zögerte noch ein paar Sekunden, dann schob er seine Waffe in den Gürtel zurück und schlich hinter ihnen her.

Kapitel 4
    Die Stadt war zu einem Alptraum geworden. Während der ersten zehn Minuten waren sie durch die engen Straßenschluchten eines der ehemaligen Altbauviertel von Paris gegangen. Und obwohl sie auf Schritt und Tritt Anzeichen unvorstellbarer Verwüstung gesehen hatten, hatten die Häuser trotz ihres bizarren Panzers aus grün-violetter Vegetation irgendwie vertraut gewirkt. Doch dann hatten sie dieses Viertel allmählich hinter sich gelassen, und die Zerstörung war immer größer geworden. Kaum ein Gebäude war noch unversehrt, kaum ein Straßenzug nicht von tiefen, wassergefüllten Kratern zerrissen. Und die meisten Häuser, an denen sie vorüberkamen, waren nur noch ausgebrannte, leere Ruinen. Rings um sie herum erhoben sich die fremdartig geformten Bäume und Pflanzen eines unheimlichen Dschungels, der die Stadt verschlungen hatte, als wären seit ihrer Vernichtung nicht fünfzig, sondern fünfhundert Jahre vergangen. Manche der Bäume mußten einen Durchmesser von zehn oder mehr Metern haben, und ihre Kronen erhoben sich so hoch in den Himmel, daß Charity ihre Größe nicht einmal zu schätzen wagte. Sie hatte Büsche gesehen, deren Äste so biegsam wie junge Weidenzweige waren, trotzdem aber jeder einzelne für sich so dick wie ein normaler Baum, und Farngewächse, wie sie auf der Erde in dieser Größe vielleicht zur Zeit der Dinosaurier gewachsen waren. Überhaupt wirkte alles hier ungeheuer groß. Sie waren bisher auf keinen lebenden Bewohner dieses Alptraumdschungels gestoßen, aber einmal waren sie an einem Spinnennetz vorübergekommen, in dessen Fäden sich eine Vielzahl ausgewachsener Ratten verfangen hatten. Und es hätte Kyles warnender Geste nicht bedurft, Charity und die anderen zu einem respektvollen Bogen um das weiße Gespinst zu veranlassen. Net und sie hatten sich in der Führung der kleinen Gruppe abgewechselt. Und obwohl Charity ein schlechtes Gewissen dabei hatte, dem Mädchen, das schließlich noch ein halbes Kind war, die undankbare Aufgabe zu übertragen, bei jedem einzelnen Schritt zu überlegen, ob es vielleicht der letzte sein würde, war sie doch gleichzeitig dankbar dafür. Sie fühlte sich verwirrt und hilflos wie niemals zuvor im Leben. Alles erschien ihr so sinnlos, daß sie sich in den letzten Minuten mehr als einmal dabei ertappt hatte, sich allen Ernstes zu fragen, warum sie überhaupt noch weitermachten. Daß sie aus Daniels Falle entkommen waren, bedeutete überhaupt nichts. Sie hatte das Gespräch, das Daniel und sie in seinem Privatmuseum unter dem höchsten Turm des Shai-Taan geführt hatten, nicht vergessen. Trotz aller Verachtung, die sie diesem Verräter gegenüber empfand, war sie doch gleichzeitig sicher, daß er die Wahrheit gesagt hatte. Aber wenn das so war, dachte sie niedergeschlagen, dann war alles, was sie getan hatten und jetzt noch taten, vollkommen sinnlos, ebenso sinnlos wie alles, was sie noch tun konnten. Dann kämpfte sie gegen einen Gegner, der nicht besiegt werden konnte, weil ein Sieg über ihn gleichzeitig den Tod bedeutete. Nicht nur für sie, sondern für diesen ganzen Planeten. Charitys Blick heftete sich auf den Rücken Gurks, der wenige Schritte vor ihr herging. Gurk sah vielleicht ein wenig komisch aus, aber er war nichtsdestoweniger ein humanoides Wesen. Und was seiner Gestalt an Menschlichkeit abging, das machte der Charakter des Gnoms hundertfach wett. Ob er nun in Colorado

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