In den Ruinen von Paris
flüchtig. »Ich schlage vor, daß wir das nächste Mal zuerst darüber diskutieren, ob ich Sie vor einer Gefahr warnen soll oder nicht.« Diesmal gab er sich nicht einmal die Mühe, den spöttischen Klang aus seiner Stimme zu verbannen. Aber Charity blieb ernst. »Ich meine es ernst, Kyle«, sagte sie. »Warum tun Sie das? Hat Gurk recht, und es ist nur ein neuer Trick, um uns in eine Falle zu locken?« Kyle sah sie einen Moment lang durchdringend an, dann schüttelte er wortlos den Kopf. »Warum dann?« beharrte Charity. »Vorhin, im Transmitter-Raum, Kyle ... die beiden Biester hätten uns erledigt, wenn Sie sie nicht angegriffen hätten. Haben Sie bei Daniel gekündigt und suchen jetzt einen neuen Job? Oder mögen Sie einfach nichts, das mehr als vier Beine hat?« Wenn Kyle der sarkastische Unterton in ihrer Stimme überhaupt auffiel, so beachtete er ihn jedenfalls nicht. »Ich ... brauche Zeit«, sagte er leise. »Ich muß nachdenken.« »Worüber?« fragte Charity. »Vielleicht hat er begriffen, daß er auf der falschen Seite steht«, sagte Net. Charity bedeutete Net zu schweigen. Der Megamann stand völlig reglos vor ihr. Sein Gesicht verriet nichts von seinen Gefühlen, aber sie glaubte zu bemerken, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Und plötzlich erinnerte sie sich wieder an den Ausdruck fassungslosen Entsetzens in seinen Augen, Sekunden nachdem er aus dem Transmitter getaumelt war. Irgend etwas ging in diesem Mann vor. »Daniel hat Sie verraten, nicht wahr?« fragte sie leise. »Ich meine - es war kein Zufall oder eine Verwechslung, daß der Moroni Sie angegriffen hat und nicht uns. Das ist doch so, oder?« »Ich ... « Kyles Lippen begannen zu zittern. Fast hilflos blickte er sich um. Seine Selbstsicherheit war mit einem Schlag wie weggeblasen. »Ich ... weiß es nicht«, sagte er stockend. »Alles ist ... falsch. Das hier ist Shai. Ich darf nicht hierher zurück. Sie werden mich töten, wenn sie mich stellen.« Es dauerte einen Moment, bis Charity überhaupt begriff, wovon der Megamann sprach. »Shai?« wiederholte sie. »Shai ... Shai-Taan ... « »Das hier ist der Ort, zu dem die Kinder gebracht werden«, vermutete Skudder. »Die Kinder, die Angela und die anderen Priesterinnen geholt haben, um sie Shai zu weihen. Sie ... sie werden hierher gebracht, an diesen Ort, nicht wahr?« Kyle sah ihn unsicher an und nickte. Er sagte nichts. »Was tut ihr mit ihnen?« fragte Skudder. Sein Gesicht verzerrte sich vor Zorn, und seine Stimme wurde schrill. Plötzlich trat er auf Kyle zu und hob die Hände, wie um ihn zu packen und zu schütteln, berührte ihn aber nicht, sondern starrte ihn nur haßerfüllt an. »Was geschieht mit ihnen? Warum bringt ihr all diese Kinder in diese Hölle? Was tut ihr ihnen an?!« »Nichts«, antwortete Kyle ruhig. »Wo sind sie?« brüllte Skudder. »Habt ihr sie umgebracht? Habt ihr sie an ... an diese Bestien hier verfüttert?« »Red keinen Unsinn, Skudder«, sagte Charity, doch der Shark beachtete sie gar nicht. Kyle schüttelte den Kopf. Skudder stand mit drohend erhobenen Fäusten vor ihm, aber Kyles Blick zeigte nicht die kleinste Spur von Furcht. Wenn Charity überhaupt ein Gefühl in seinen Augen las, dann allerhöchstens eine milde, sonderbar ziellose Trauer. »Natürlich nicht«, sagte er. »Sie sind in der Basis.« »Hat Stone das gewußt?« fragte Charity, um die gefährliche Situation irgendwie zu entspannen. Sie wußte, daß Skudder die Kontrolle über sich zu verlieren drohte. Natürlich wußte der Hopi so gut wie sie, daß Kyle keine Schuld traf. Wenn überhaupt, dann gehörte er zu den Opfern, nicht zu den Tätern. Aber der Indianer suchte einfach ein Objekt, an dem er seine Wut auslassen konnte. Mit einem raschen Schritt trat sie zwischen Kyle und Skudder. »Hat er gewußt, wohin dieser Transrnitter führt?« fragte sie noch einmal. Wieder nickte Kyle wortlos. »Aber er hat Sie trotzdem gezwungen, uns zu folgen«, fuhr Charity mit einem nervösen Blick in Skudders Richtung fort. »Ich meine, er hat genau gewußt, daß es Ihren Tod bedeutet, wenn Sie durch diesen Transrnitter gehen. Aber er hat trotzdem darauf bestanden.« »Er hat mich hineingestoßen«, sagte Kyle. »Anscheinend muß er wirklich großen Wert darauf legen, dich wieder in die Finger zu bekommen«, sagte Skudder und starrte Kyle weiter haßerfüllt an. »Oder jemand anderen loszuwerden«, fügte Charity sehr ernst hinzu. Der Megamann reagierte auch auf diese
Weitere Kostenlose Bücher