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In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

Titel: In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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wie eine Sphinx an. Ob sie mich anschließend verspeisen wollte? Die ansonsten beliebten White Russians in meinem Kopf waren keine große Hilfe, doch sie schufen dieses lakonische Gefühl von Schicksalsergebenheit und gaben mir Mut. Ich rutsche etwas tiefer auf dem Ledersitz, lehne meinen Kopf zurück und blicke zur Decke des Wagens.
    »Sie erinnern mich an weibliche Superhelden in DC-Comics. Als ich ein Kind war, war das mein erster Zugang zu... Zu den Ausprägungen des weiblichen Körpers...«
    »Bei mir gibt es nicht viele Ausprägungen...«, unterbrach sie mich mit der strengen Tonlage einer Gymnasiallehrerin. Sie wollte mich braten. Mich brutzeln sehen. Mich in der eigenen Soße weichkochen.
    »Ich weiß... Das heißt, ich weiß nicht...« Oh, sie hatte mich, wo sie mich haben wollte. Tief in der Patsche. «Was ich meine, ist... Sie wissen schon... Diese Kostüme...«
    »Wonder Woman«, hauchte sie halblaut, als erinnerte sie sich plötzlich an etwas aus ihrer Kindheit. »Doch für mich zu amerikanisch...«
    »Katana...«
    Sie blickte fragend auf.
    »Yamashiro Tatsu...«, erklärte ich. »Sie wissen schon, Batman & The Outsiders .«
    »Zu verschlossen...«
    »Starfire...«
    »Starfire?«, rief sie aus. »Hast du jemals auf ihre Riesentitten geschaut...?«
    »Unentwegt...«, rutschte mir raus. »Wie wäre es mit Zatanna?«
    »Zu.... zu irgendwas!« rief sie lachend aus. Sie wollte mir um jeden Preis beweisen, dass jeglicher Vergleich mit einer Comic-Heldin fehl am Platz war.
    »Black Canary...?«
    »Nein... Zu tussig!«
    Meine Zeit lief aus!
    »Stargirl«, stieß ich aus.
    Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Courtney Whitmore...?«
    Ich war schockiert, denn sie war ein echter Insider. Jeder Trottel kennt Spiderman , aber nur Gourmets kennen Stargirl . Und sie war auch noch eine Frau — nicht gerade die Mehrheit unter den DC-Lesern. Die Planeten drehten sich möglicherweise bereits rückwärts. Oder ich hatte nur einige Veränderungen verschlafen.
    »Ja, das gefällt mir. Das bin ich.« Sie lachte auf und warf den Kopf in den Nacken. Dann reichte sie mir erneut die Hand. »Stargirl. Hocherfreut.«
    Evelyn stieg aus und holte vom Kofferraum des Taxis ihre große Sporttasche. Ich dachte mit einem abwesenden Blick daran, dass die Tasche randvoll war mit durchgeschwitzter Reizwäsche und feuchten Lederkorsetts, bis sie sich wieder ins Auto beugte und einen kleinen Notizblock in der Hand hielt. Das Papier war bereits nass vom Regen. Sie riss das oberste Blatt ab und gab es mir.
    »Du bist nicht von hier, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das hört man. Allein das grässliche Siezen. Hör damit auf und ruf an. Wir schnacken mal.«
    Mein wortloses Nicken bewies den Grad meiner Hilflosigkeit.
    Sie war fort. Die Tür des Taxis war zu. Ich hörte das leise Metronom des Blinkers.
    »Wohin nu‹?« wollte der Taxifahrer wissen. Ich sah im Rückspiegel nur seine Augen, doch er schien zu grinsen.
    »Schnacken?« In Bayern hätte das recht missverständlich geklungen.
    »Die Dame möchte reden«, dolmetschte für mich der Taxifahrer.
    Meine Gedanken sortierten sich nur langsam.
    Da war noch dieser Duft in der Luft. Sun von Jil Sander. Nicht gerade teuer, aber definitiv originell. Einzigartig. Wie sie.
    Der Taxifahrer war geduldig.
    »Simon-von-Utrecht-Straße«, sagte ich ausdruckslos.
     
    Es dauerte nicht lange und ich sah sie wieder. Ich hielt es etwas weniger als achtundvierzig Stunden aus, ohne die Nummer zu wählen, die sie mir gegeben. Sie war nicht überrascht, meine Stimme zu hören. Durch das Telefon klang sie sachlich, als ob ich eine Bestellung aufgeben wollte. Das hemmte mich ein wenig. Als ich aufgelegt hatte, sah ich noch eine Weile auf das altmodische Telefon und überlegte, in wieweit ich von der ganzen Situation zu viel erwartete.
    Sie verabredete sich mit mir. Im Cafe Flora saß sie mir plötzlich gegenüber. Sie trug ein schwarzes Sakko, darunter einen schwarzen Rollkragenpullover. Ihre punkigen Haare waren nun etwas gestylt und gaben ihr eine lesbische Note. Sie rauchte Pall Mall Deluxe, mit einem langen Zigarettenaufsatz, den ich zuletzt in Frühstück bei Tiffany´s gesehen hatte. Und das Parfum war nicht mehr Sun, sondern etwas wesentlich raueres. Passender zur Kleidung. Das sei Burberry, erklärte sie mir, als ich danach fragte. Ich hatte gehofft, dass mir das Interesse an ihrem Parfumspektrum einen satten Bonuspunkt einbringen würde, doch sie vermittelte den Eindruck, dass für sie eine solche

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