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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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freien Zelle stank eine Lache aus Erbrochenem, und der Pillenträumer daneben stocherte mit dem Zeigefinger in seinem ehemaligen Mageninhalt. Shereen, dachte Clay erneut. Ich habe den Kampf gewonnen, und du willst meinen Sieg so leichtfertig verspielen? Ich finde dich, Shereen, wo immer du dich auch verstecken magst – auch wenn ich noch einmal durch diesen Sumpf aus Abschaum waten muß. All die Jahre ... sie dürfen nicht umsonst gewesen sein ...
    Schließlich entdeckte er eine Verbindungszelle, in der sich niemand aufhielt. Der Kommunikator wies eine ganze Reihe von Kratzern auf, doch das Glühen der Dioden machte deutlich, daß das Gerät betriebsbereit war. Clay vergewisserte sich, daß Tasche in die kleine Kammer hineingeschwebt war, dann berührte er den Sensor für das Abschirmfeld. Ein nebliger Vorhang legte sich zwischen ihn und das Gemeinschaftszentrum. Der Lärm erstarb.
    Im Projektionskubus schimmerte das Fragesymbol. Clay gab seinen Namen ein und fügte hinzu: »Ich erwarte eine Nachricht von der Erde: VGAS, Nord 2, Metrocago.«
    »Bitte warten, bitte warten ...«
    Es knisterte, dann erschien in dem Kubus das Abbild seiner Ersten Frau Carin. Ihr Haar war eine Wolke aus blauschwarzer Seide, die Haut Perlmutt, die Augen eine glänzende, jadegrüne Verheißung. Carin hatte den Lieblichkeitsfaktor Sechs, ihre gemeinsame Tochter aber, Shereen, war drei Stufen höher eingeordnet worden. Shereen ...
    »Ich grüße Sie, Comptroller«, sagte Carin. Auf ihren Wangen zeigten sich rote Flecken, und aus dem Hintergrund waren hämmernde Geräusche zu vernehmen. »Dies ist das letzte Mal, daß wir vor Ihrer Landung auf der Venus in Verbindung treten.« Sie lächelte. Es war ein warmes und sanftes Lächeln, voller Versprechungen. »Hier bei uns ist alles in Ordnung. Ihren beiden anderen Wahlfrauen geht es gut. Carla-S ist nun im fünften Monat schwanger, und der Arzt meint, es würde ein Sohn. In der letzten Nacht hatten wir einige Probleme ...« Das Bild Carins verschwand. Clay erblickte eine Außenansicht seiner Wohnbastion, die eingebettet lag in eine weite Grünanlage und umgeben war von Teichen und prächtigen Blumenskulpturen. Eine Gruppe staatlicher Aufräumer sammelte einige verunstaltete Leichen ein, und die ganz in Weiß gekleideten Ordner machten sich daran, Explosionskrater wieder mit Erde aufzufüllen und Blumenbeete neu anzulegen. Clay kannte dies alles: Bis zum Abend würden alle Spuren verschwunden sein, die der Angriff der Nachtirren hinterlassen hatte. »Das neu installierte Sicherheitssystem hat einwandfrei funktioniert, Comptroller. In dieser Hinsicht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.« Im Projektionskubus erschien nun wieder das Abbild Carins. Clay nickte anerkennend, erfreut darüber, daß sich seine Erste Frau einmal mehr als souverän erwies. Sie war sich der Erfordernisse ihres Ranges bewußt – etwas, das Shereen erst noch lernen mußte. »Schön, daß ich mich auf dich verlassen kann«, murmelte er, und Tasche summte.
    Carin reagierte natürlich nicht auf seine Worte. Es war eine nur einseitige Verbindung, und bei einer inzwischen auf nahezu fünfzig Millionen Kilometer angewachsenen Entfernung war ein Gespräch im herkömmlichen Sinne gar nicht möglich.
    »Nun zu Shereen«, sagte Carin. Sie nahm einige Papiere zur Hand. »Das Büro für Financial Investigations hat Ihren Auftrag offiziell bestätigt – wie auch nicht anders zu erwarten. In dieser Hinsicht sind Sie nun also vollkommen abgesichert. Wenn Sie auf der Venus gelandet sind, nehmen Sie Kontakt mit Yama Jambavat auf; das ist der Sozialkoordinator. Ihre Ankunft ist ihm bereits avisiert worden. Da Ihr Auftrag den entsprechenden UNO-Statuten entspricht, dürften Sie keine Probleme haben, von ihm die erforderliche Handlungsfreiheit zu erhalten.« Sie zögerte kurz, und im Grün ihrer Augen funkelte es. »Nun aber zu unserem eigentlichen Problem, mein Herr. Ich habe unsere guten Kontakte zum FI genutzt, um einige diskrete Nachforschungen anzustellen: Shereen ist in jener Nacht von hier aus nach Metrotroit gefahren. Dort hat sie nachweislich am Raumhafenterminal In den Himmel übernachtet und ist tags darauf mit dem Liner Seligkeitsschwinge abgeflogen. Sie hat sich unter falschem Namen eingeschrieben, und offensichtlich haben ihre Papiere einer Überprüfung standgehalten. Nun ... wir haben inzwischen auch den Religiösen Agenten ausfindig gemacht, der sie anwarb. Es handelt sich um einen gewissen Monsignore Soldini,

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