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In den Trümmern des Himmelsystems

In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ihn so sehr brauche. Sie schüttelte den Kopf, ihre Augen verschwammen und klärten sich wieder, als ein Teil der realen Welt sich an ihnen vorbeibewegte. „Dort draußen, Shadow Jack.“ Sie beugte sich näher zur Luke und bemühte sich, den Rußfilm abzuwischen. „Ein Tanker kommt herein.“
    Er spähte an ihr vorüber. Sie sahen das Schiff, das von der Sonne beschienen wurde, ein schwerfälliges, metallenes Gebilde, der Plastikrumpf war aufgebläht mit Edelgasen, im Griff von drei stählernen Beinen, das Tragegerüst der nuklearelektrischen Raketen des Schiffes. „Betrachte mal die Größe dieses Schiffes! Es muß von den Ringen kommen. Sie würden so etwas nicht für lokale Transporte verwenden.“ Er streckte den Kopf, als er dem Abwärtskurs des Tankers folgte. „Dort unten muß sein Dockfeld sein.“
    Nun konnte sie das Dockgelände deutlich sehen, unnatürlich schimmernde Glätte, in künstliches Licht gebadet, überzogen mit Kränen und anderen mechanischen Parasiten, kahl und verlassen. Kleinere Fahrzeuge bewegten sich zwischen ihnen, Glühwürmchen, von roter Farbe; unsicherer Notbehelf, ein verschwenderisches, behelfsmäßiges Mißverhältnis. Eine andere Welt … Sie sah zur Luke hinaus und lauschte den Fragmenten der einseitigen Radiokonversation, die das Zeitlupenballett des Riesen unter ihr begleitete. Langeweile und gespannte Aufmerksamkeit, ein Ausbruch des Ärgers, unverständlicher Humor über eine unsichtbare technische Einrichtung. „Sollten sie nicht unser Signal entgegennehmen?“
    Er nickte. „Das haben sie. Ich nehme an, sie lassen uns landen, wenn sie Lust dazu haben.“
    Rusty regte sich in der Luft über der Kontrollkonsole; sie spielte lustlos mit der doppelten Kordel seines Kopfhörers. „Arme Rusty“, murmelte Bertha und griff nach ihr. „Deine Reise in dieser Sauna ist fast vorüber …“ Die Trockenheit ihrer Kehle schmerzte plötzlich.
    Shadow Jack gab einen schuldbewußten Seufzer von sich und streichelte Rustys gesträubtes Fell. „Bird Alyn macht mich dafür verantwortlich, daß du Rusty hergibst. Sie wollte sie nicht verlieren. Sie liebt Pflanzen, und Dinge, die sie zum Wachsen bringen kann – Dinge, die am Leben sind …“ Sein Mund verzog sich zur Andeutung eines Lächelns, das auch Sorge hätte sein können. „Ich denke, Rusty war für Bird Alyn das Wunderbarste, das sie jemals gesehen hat.“
    „Du vermißt sie wohl sehr.“
    „Ja, ich … ich meine, sie ist die einzige, die wirklich mit dem Computer umgehen kann.“
    „Oh.“
    Er sah sie an, da er wußte, was sie nicht ausgesprochen hatte. „Wir arbeiten nur zusammen.“
    Sie nickte. „Ich dachte, daß ihr vielleicht …“
    „Nein, das ist nicht der Fall. Wir sind nicht verheiratet.“
    Sie fühlte, wie ihr Mund sich in schockierter Mockiertheit verzog. „Ich bewundere deine Selbstbeherrschtheit.“
    Sein blaues und grünes Auge weiteten sich; sie beobachtete, wie die Düsternis erneut in ihnen auftauchte. „Es bringt nichts, zu wollen, was wir nicht haben können. Das einzige, was wirklich zählt, ist, sich am Leben zu halten – jeden am Leben zu halten. Wenn wir kein Wasser für Lansing bekommen, dann ist dies das Ende; es wäre dumm anzunehmen, daß es das nicht ist. Es ist sinnlos zu … zu …“ Er starrte die Kontrollkonsole an. „Diese Tagträumer! Warum antworten sie uns nicht? Worauf warten sie denn, auf ein Wunder?“
    Eine Stimme drang aus dem Lautsprecher. „Unregistriertes Schiff – was, zum Teufel, macht ihr da oben noch, worauf wartet ihr?“
    Sprachlos wandte Shadow Jack sich ihr wieder zu; sie lächelte. „Nun, äußern wir unseren Wunsch nach Wasserstoff.“
     
    Shadow Jack manövrierte sie hinunter – er fluchte über den grellen Glanz – zu einer Anlegestelle auf der Tagseite Mekkas. „ ‚Nicht registriert für das Hauptfeld.’ Diese triefäugigen Bastarde! Warum ließen sie uns nicht auch im Dunkeln landen wie den Rest dieser verdammten Tanker?“ Er streckte sich und lehnte sich zurück.
    „Ich nehme an, sie wollen nicht, daß einige Touristen in ihre Destillen fallen.“ Endlich entspannte auch Bertha sich beim Klang der magnetischen Kabel, die an die Hülle des Schiffes geklammert wurden.
    Er stieß sich von seinem Sessel ab. „Das hilft uns nicht viel. Wenn etwas schiefgeht, werden wir höllisch lange brauchen, bis wir auf diesem Weg wieder herauskommen.“ Er ging zu dem Spind, der ihre Raumanzüge enthielt.
    Sie seufzte und nickte, dann griff sie nach Rusty.

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