Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
begann sie zu laufen. Ihre Gummisohlen quietschten leise auf dem Holz. Das irreguläre Klacken von Abdhiamals polierten Stiefeln gesellte sich dazu. Sie sah ihn nicht an.
    „Mein Gott, Pappy, warum nimmst du denn die Schneider dazu?“
    Als sie näherkamen, sah Clewell auf, weg von den Lasern auf der Werkbank. „Weil es mein Hobby ist.“
    „Bedeutet das, du stehst stundenlang hier und rackerst dich mit etwas ab, das du ebensogut einprogrammieren und innerhalb von Minuten erledigen könntest?“
    „Die Ungeduld der Jugend.“ Er bewegte die Säge noch einmal, und das Ende des Holzblocks fiel ab. „Fertig.“ Seine Hand glitt zu seiner Brust. Als er ihren Blick bemerkte, glitt er weiter und kratzte sich im Nacken.
    „Klugschwätzer.“ Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, ihr Blick war schmerzerfüllt. „Ich… äh… ich dachte, du würdest meine Schätzungen für die Reparatur der Außenhülle überprüfen.“
    „Das habe ich getan. Sehen ganz gut aus. Aber solange wir noch auf einem Grav sind, können wir überhaupt nichts tun.“ Er sah sie seltsam an.
    Abdhiamal bückte sich und hob das abgesägte Teil auf. Seine Finger glitten über die rauhe Oberfläche. „Was ist das für eine Substanz? Sie ist faserig.“
    „Das ist Holz. Organisch. Macht man aus Baumstämmen“, antwortete Clewell. „Falsch-Eiche, um genau zu sein. Hart, aber es läßt sich ausgezeichnet bearbeiten.“
    „Der Boden auch? Alles Pflanzenfasern… Holz?“
    Er nickte. „Das ist einfacher, als Plastik zu verwenden. Diese Falsch-Eiche wächst zwei Zentimeter täglich an der Borealischen See.“
    Abdhiamals Hand fuhr über die geätzte Metalloberfläche, dann sah er zu den Schneidern und den Schutzschirmen. „Laser?“ Er suchte den Raum weiter ab, sah die weiten Luken, die in die Hülle geschnitten worden waren und die sich direkt zum Weltall öffneten… dann die in die Decke eingelassenen Elektromagneten. Sie sah, wie er seine eigenen, unausgesprochenen Fragen beantwortete. „Und wozu benötigt man das da drüben?“
    Bertha folgte seiner Hand; in Gedanken sah sie den rothaarigen Sean arbeiten, ungeschickt und unbeholfen, daneben den immer geduldigen Nikolai. Sie wandte den Blick ab. „Um Reparaturen an unserer elektronischen Mikroausrüstung auszuführen.“
    „Sie haben Ihr eigenes Fusionskraftwerk… Sie könnten jedes Teil des Schiffes direkt hier reproduzieren, nicht wahr?“
    „Theoretisch schon. Aber es gibt ein paar, mit denen ich das lieber nicht versuchen würde. Es war eine lange Reise, und wir waren auf alles vorbereitet.“
Nur auf das nicht.
    „Großer Gott! Wenn doch nur Park und Osuna das hier sehen könnten!“
    „Wer?“ Clewell hob das Holz aus seiner Halterung.
    „Das sind ‚Ingenieure’.“ Spott machte daraus ein Schimpfwort.
    „Und was haben Sie gegen Ingenieure?“ Bertha preßte die Arme fest gegen ihren Magen und zog die Brauen hoch.
    „Was sollte ich für sie übrig haben?“ Abdhiamal machte eine seltsame Geste. „Ein Haufen von Kannibalen. Sie flicken und flicken. Sie vernichten ein Teil, um mit seinen Trümmern wieder ein neues zusammenzubauen oder um drei andere funktionsfähig zu halten, und dann vernichten sie wieder eines…“
    „Klingt in meinen Ohren ganz vernünftig.“
    „Aber sie sind stolz darauf! Sie halten es für Schöpfung, aber in Wirklichkeit ist es Zerstörung. Wenn sie nur ein wenig
lesen
würden, ein wenig Phantasie hätten, dann wüßten sie vielleicht, was richtige, kreative Schöpfung ist. Etwas, was wir einst konnten… niemand konnte ihnen damals einen Vorwurf machen. Aber jetzt ist es fast so, als würde man um ein Leben im Vakuum bitten.“
    „Vielleicht haben Sie auch nur die Prioritäten falsch gesetzt, Abdhiamal! Was sollen sie tun? Sich selbst wegen der Vergangenheit quälen, wo sie doch nur noch ein paar Relikte haben, mit denen sie arbeiten können? Sie tun wenigstens etwas für das Überleben ihres Volkes und leben nicht auf anderer Leute Kosten wie manch anderer verdammter Geck!“ Bertha schlug ihm das Stück Holz aus der Hand, Splitter rissen die Haut ihrer Handfläche auf. Sie kehrte seiner Verblüffung den Rücken zu und schritt dann mit ausholenden Schritten durch die Echos ihrer Wut zum Ausgang.
    Clewell grinste angesichts von Abdhiamals erstauntem Gesicht. „Abdhiamal, das haben Sie eben alles einem Ingenieur erzählt.“
    Abdhiamal winselte. „Ich hätte niemals aufstehen sollen… vor zwei Megasekunden.“ Er ließ seinen Blick

Weitere Kostenlose Bücher