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In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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sich an die Kontrollkonsole und fokussierte Diskus ins Bild, ein winziges, silbernes Pünktchen von der Größe eines Daumennagels. Das allein zählte jetzt, sonst nichts. Sie würde dieses Schiff nach Hause bringen, dieses Mal
würden
sie Erfolg haben. Niemand durfte sich ihren Zielen entgegenstellen, kein Mann, tot oder lebend, keine Erinnerung…
    Ihre verletzte Hand brannte. Sie preßte sie gegen die kalte Konsole, wo sie eine Blutspur hinterließ. Ihr Verstand wanderte über dreieinhalb Lichtjahre und eine halbe Lebensspanne zurück zu einem Fabrikhof an der Nachtgrenze, wo sie ihre Hand an heißem Metall verbrannt hatte, als sie dabei zusah, wie ein Traum Wirklichkeit wurde. Sie war nach draußen gegangen, um zu sehen, wie ihre ersten Entwürfe zu Gegenständen geworden waren, die auf dem Förderband vorbeiglitten, silbern schimmernd im blendenden Licht der ewigen Nachmittagssonne und unglaublich schön. Sie war im dritten Viertel ihres zwanzigsten Jahres, gerade zurück vom Eisterminator. Der goldene Hitzeregen, die erhitzte Luft, die über die Ebenen strich, die Grenze zur vollkommenen Einsamkeit direkt vor der Tür, und dann war da noch ein ganz bestimmter Student… Sie wartete, bis er neben ihr stand, um ihr zu sagen, wie schön ihre Entwürfe waren. Und dann, – rauhe Handschuhe umklammerten ihre bloßen Arme – fragte er sie: „He, Schneevögelchen, willst du etwa erblinden?“ Sie sah Eric van Helsings sonnengebräuntes Gesicht, das ihr durch die Schutzscheibe des Helmes zulachte, während sie sich an den Aufschlägen seiner groben Jacke festhielt. „Sie sagen immer, Ingenieure seien zu empfindlich, um es lange in der Sonne aushalten zu können. Du gehst besser wieder hinein.“
    „Für einen Soziologen hast du verdammt wenig über Motivation gelernt, Eric van Helsing.“ Zornig, weil er alles ruiniert hatte – und weil sie wie eine Närrin auf ihn gewartet hatte – , riß sie sich los und rannte fast über den endlosen Schotterhof, um von der Hitze in die kühle Zuflucht im Innern des nächstgelegenen Gebäudes entkommen zu können. Dort blieb sie still stehen, kämpfte ihre aufsteigenden Tränen nieder und hörte, wie er hinter ihr durch die Tür kam.
    Du bist der Regen, meiner Liebe süßes Wasser,
    Das durch die Wüsten meines Lebens fließt…
    Jemand betrat den Raum, Bertha nahm den Geruch von Äpfeln wahr. Sie hielt Ausschau nach Claires glattem, rundem Mondgesicht… und sah Bird Alyn, dürr, braun und ungeschickt in der hohen Schwerkraft, eine Dryade in einem rosafarbenen Pullover und Blue Jeans, Blumen im Haar… Bird Alyn, die sich gegenwärtig um die Hydroponik kümmerte, nicht Claire.
    Shadow Jack räkelte sich, als Bird Alyn sich neben ihm auf den Teppich sinken ließ, ihre Pfirsichwangen schimmerten rosenrot. Bertha wandte sich wieder dem Schirm zu, sie verbarg ihr Lächeln.
    „…möchtest du ein paar Äpfel?“
    „Oh, danke, Bird Alyn.“ Er lachte selbstbewußt. „Du denkst immer an mich.“
    Sie murmelte fragend etwas.
    „Was ist los mit dir? Nein! Wie oft muß ich dir das noch sagen? Geh raus hier, laß mich allein!“
    Schmerz zog Berthas Magen zusammen. Sie hörte, wie Bird Alyn sich aufraffte und weglief. Auf der Türschwelle stolperte sie. Bertha drehte den Sitz und starrte Shadow Jack an, der ihren Blick erwiderte, während er sich aufrichtete.
    „Vielleicht geht es mich nichts an, Shadow Jack, aber was, zum Teufel, ist mit dir los?“
    „Nichts ist mit mir los! Glaubst du denn, jeder müßte so wie ihr sein? Das stimmt nicht, ihr seid ein verdammter, perverser Haufen!“ Seine Stimme bebte. „Ihr macht mich krank.“ Er stürmte aus dem Raum. Bertha konnte hören, wie er mit raschen Schritten die Treppe hinabeilte.
    Bertha blieb still sitzen und umklammerte mit den Händen die Lehne des Sessels. Sie fragte sich, woher sie die Kraft zum Aufstehen nehmen sollte… Rusty schmiegte sich schnurrend an ihre Beine. Mit steifen Bewegungen griff sie hinab und hob die Katze in ihren Schoß und hoffte auf den Augenblick, an dem Himmel nur noch ein verlorener Stern am unermeßlichen Firmament sein würde. „Rusty, du bist die einzige, auf die ich im Augenblick noch zähle. Was wäre ich ohne dich?“ Rustys winzige, rauhe Zunge küßte zweimal kurz ihre Handflächen, eine versöhnliche Geste. „O Rusty“, flüsterte sie, „du stempelst uns alle zu verachtenswürdigen Toren.“ Langsam erhob Bertha sich und betrachtete den verlassenen Raum.
    Schatten huschten geräuschlos

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