In den Waeldern des Nordens - V3
in den Stock. Und dort blieb ich viele Tage und arbeitete, und zum Lohn gaben sie mir Geld – etwas, das ihr nicht kennt, das aber sehr gut ist. Und eines Tages verließ ich den Ort und ging weiter ins Land hinein. Und während ich ging, traf ich viele Menschen, und ich schnitt kleinere Kerben in meinen Stock, damit für sie alle Platz wäre. Und da stieß ich auf ein seltsames Ding. Auf dem Boden vor mir lag eine Eisenstange, so dick wie ein Arm, und einen weiten Schritt davon lag eine andere Eisenstange...«
»Da warst du ein reicher Mann«, versicherte Opee-Kwan, »denn Eisen ist mehr wert als alles andere auf der Welt. Es muß für viele Messer gereicht haben.«
»Ja, aber es gehörte nicht mir.«
»Du hattest es gefunden, und was man findet, darf man behalten.«
»Nein, die weißen Männer hatten es dort hingelegt. Und außerdem waren diese Stangen so lang, daß kein Mensch sie forttragen konnte – so lang, daß sie kein Ende hatten, so weit man sehen konnte.«
»Nam-Bok, das ist sehr viel Eisen«, warnte Opee-Kwan.
»Ja, es war schwer zu glauben, selbst als ich es mit eigenen Augen sah; aber ich konnte meine eigenen Augen nicht widerlegen. Und als ich es betrachtete, hörte ich...«
Er wandte sich plötzlich zu dem Häuptling. »Opee-Kwan, du hast den Seelöwen im Zorn brüllen hören. Denke dir nur, so viele Seelöwen, wie Wellen im Meere sind, und denke dir, daß alle diese Seelöwen zu einem einzigen Seelöwen geworden sind, und wie dieser eine Seelöwe brüllen würde, so brüllte das Ding, das ich hörte.«
Die Fischer stießen laute Rufe des Erstaunens aus, und Opee-Kwans Mund öffnete sich und blieb offenstehen.
»Und in der Ferne sah ich ein Ungeheuer wie tausend Wale. Es war einäugig und spie Rauch aus, und es schnaufte entsetzlich laut. Ich fürchtete mich und lief auf zitternden Beinen den Weg zwischen den Stangen entlang. Aber es kam mit der Schnelligkeit des Windes, dieses Ungeheuer, und ich lief fort von den Eisenstangen, als es mir seinen heißen Atem ins Gesicht blies...«
Opee-Kwan gewann die Herrschaft über seinen Mund wieder. »Und – und was dann, o Nam-Bok?«
»Dann lief es weiter die Stangen entlang und tat mir nichts, und als ich wieder auf den Beinen stehen konnte, war es nicht mehr zu sehen. Und das war etwas ganz Gewöhnliches in diesem Land. Selbst Frauen und Kinder fürchten sich nicht davor. Die Männer lassen sie für sich arbeiten, diese Ungeheuer.«
»Wie wir unsere Hunde arbeiten lassen?« fragte Koogah mit skeptischem Augenzwinkern.
»Ja, wie wir unsere Hunde arbeiten lassen.«
»Und wie vermehren sie sich, diese – diese Dinge?« fragte Opee-Kwan.
»Sie vermehren sich gar nicht. Die Menschen machen sie sinnreich aus Eisen, füttern sie mit Steinen und geben ihnen Wasser zu trinken. Die Steine werden zu Feuer, und das Wasser wird zu Dampf, und der Wasserdampf ist der Atem in ihren Nüstern, und...«
»So so, o Nam-Bok«, unterbrach Opee-Kwan ihn. »Erzähl uns von andern Wundern. Dies ermüdet uns, da wir es nicht verstehen können.«
»Versteht ihr es nicht?« fragte Nam-Bok verzweifelt.
»Nein, wir verstehen es nicht«, antworteten die Männer und Frauen klagend. »Wir können es nicht verstehen.«
Nam-Bok dachte an eine komplizierte Mähmaschine und an die Maschinen, in denen man Bilder lebender Menschen sehen konnte, und an die Maschinen, aus denen Menschenstimmen kamen, und er wußte, daß sein Volk sie nie verstehen würde.
»Darf ich sagen, daß ich auf diesem eisernen Ungeheuer durch das Land ritt?« fragte er bitter.
Opee-Kwan hob die Hände mit nach außen gekehrten Flächen in offenbarem Unglauben. »Weiter. Sag, was du willst. Wir lauschen.«
»Ja, dann ritt ich auf diesem Ungeheuer und gab Geld dafür...«
»Du sagtest doch, es würde mit Steinen gefüttert.«
»Und ich sagte auch, du Narr, daß Geld etwas sei, wovon ihr nichts verständet. Wie gesagt, ich ritt auf dem Ungeheuer durch das Land und durch viele Dörfer, bis ich in ein großes Dorf an einem salzigen Meeresarm kam. Und die Häuser hoben ihre Dächer ganz bis zwischen die Sterne des Himmels, und die Wolken trieben an ihnen vorbei, und überall war viel Rauch. Und der Lärm in dem Dorfe war wie das Brüllen des Meeres im Sturm, und die Menschen waren so zahlreich, daß ich meinen Stock wegwarf und nicht mehr an die Kerben dachte.«
»Hättest du die Kerben ganz klein gemacht«, sagte Koogah vorwurfsvoll, »so hättest du uns Nachricht bringen können.«
Nam-Bok schnellte
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