In den W?ldern tiefer Nacht
solltest jetzt schlafen gehen.«
Mein Vater wandte sich mit einem schwachen Lächeln zu ihr, und ich verspürte den unerklärlichen Drang, hineinzugehen und diese Frau zu schütteln. Ich hatte die Gedanken meines Vaters gelesen und wußte, daß diese Fremde seine Frau war. Ihr Name war Katherine. Hatte er sie in der Hoffnung geheiratet, uns ersetzen zu können? Wußte sie, daß es Alexander und mich gegeben hatte? Kümmerte es sie überhaupt?
Diese Leute waren nicht mehr meine Familie, das begriff ich. Aber ich konnte mich nicht gegen den Haß wehren, den ich gegen diese Frau empfand, weil sie versuchte, meinen Platz einzunehmen.
»Eifersüchtig?« sagte jemand über meine Schulter. Ich wirbelte zu Aubrey herum, die Augen schmal vor Haß. »Wenn sie dich so sehr stört, dann töte sie doch.«
»Ich bin sicher, daß dir das gefallen würde«, zischte ich. Er lachte. »Du hast zu viele Prinzipien.«
»Und du hast überhaupt keine.« Ich konnte mich kaum beherrschen, ihn nicht zu schlagen. Ich würde nicht gehen, solange er hier war und seine Aufmerksamkeit auf meinem Vater und dieser unschuldigen Frau lag.
Unschuldige Frau... es war seltsam, wie schnell ich meine Meinung über sie geändert hatte. Sobald Aubrey mir vorgeschlagen hatte, sie zu töten, verspürte ich das starke Bedürfnis, sie zu beschützen.
»Ich denke durchaus, daß ich einige Prinzipien habe«, entgegnete er, aber sein Ton war unbekümmert. Meine Anschuldigung hatte ihn nicht im geringsten beleidigt. »Allerdings keine, die mein Überleben behindern. Sieh dich doch nur an, Risika – du bist nicht gerade das beste Beispiel für die Vorteile einer moralischen Einstellung.«
Obwohl ich mich nicht dafür haßte, daß ich tötete, um zu überleben, hatte ich Angst vor dem Tag, an dem ich dem Morden gegenüber ebenso gleichgültig werden würde wie Aubrey.
»Wenn du hergekommen bist, um mich davon zu überzeugen, daß ich meine Prinzipien aufgeben soll, verschwendest du deine Zeit«, schnappte ich.
»Du bist nicht der einzige Grund, weshalb ich hier bin«, antwortete er träge.
Mein Vater und seine Frau hatten beschlossen, ein wenig frische Luft zu schnappen, und saßen jetzt auf der hinteren Veranda, wo sie leise über die Farm, Lynettes Verehrer und alles mögliche redeten, nur nicht darüber, warum mein Vater geweint hatte.
Er drehte den Kopf in meine Richtung, als könnte er meinen Blick spüren, aber diesmal weiteten sich seine Augen, als würde er mich trotz meiner Bemühungen sehen.
Bevor seine Frau eine Hand auf seinen Arm legen konnte, stand er auf und machte einen Schritt auf mich zu. »Da ist niemand, Peter«, beharrte sie, und mein Vater seufzte.
»Ich könnte schwören, daß ich sie gerade gesehen habe...« Er schüttelte mit einem rasselnden Atemzug den Kopf.
»Du wolltest auch vor ein paar Tagen schwören, daß du sie gesehen hast, aber sie war nicht da. In der Woche davor willst du deinen Sohn gesehen haben, aber er war auch nicht da. Sie sind niemals da, und sie werden es nie sein, Peter. Laß sie gehen.«
Mein Vater drehte sich um und ging wieder ins Haus. Katherine schloß einen Moment die Augen und flüsterte ein Gebet.
Warum half sie ihm denn nicht? War sie wirklich so blind, daß sie nicht merkte, wie sehr ihre Worte ihn verletzten?
Aubrey lachte neben mir. »Du bist doch eifersüchtig. «
Ich verlor die Geduld und wirbelte zu ihm herum. »Kannst du nicht woanders hingehen?«
»Könnte ich schon«, sagte er. »Aber hier macht es mehr Spaß.«
»Zum Teufel mit dir.«
Er zuckte die Schultern und blickte an mir vorbei auf die Frau meines Vaters, die gerade auf das Haus zuging.
Sie zögerte, dann drehte sie sich langsam um, als sie die Blicke in ihrem Rücken spürte. »Laß sie in Ruhe, Aubrey«, befahl ich. »Warum?«
Katherine sah auf, als hätte sie ein Geräusch gehört, und kam dann auf uns zu, obwohl ich wußte, daß sie weder mich noch Aubrey sehen konnte.
Ich ballte die Fäuste. Ich wußte, daß er mich nur provozieren wollte, und ich wußte ebensogut, daß ich keine Chance hatte, ihn aufzuhalten, falls er sie wirklich töten wollte.
Katherine zog keuchend den Atem ein, als Aubrey sich zu erkennen gab. Sie starrte ihn mit weitaufgerissenen Augen an.
»Schön, Aubrey, ich habe verstanden«, schnappte ich und trat zwischen ihn und seine Beute. »Und jetzt verschwinde.«
»Und was genau hast du verstanden?«
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