In der Gruft der Moenche
auch den Plan zeigen wollte er jedoch auf keinen Fall. Mit dem Fuà schob er die Rolle noch weiter, bis sie unter Adams Bett verschwunden war. Dann zündete er die zweite Kerze wieder an.
» Ist der Tisch bei dem Blitz kaputtgegangen?«, fragte Schorsch.
Adam und Victor nickten gleichzeitig, als hätten sie sich abgesprochen. » Aber wir reparieren ihn wieder, dann gibtâs keinen Ãrger«, sagte Victor cool. » Pack mal mit an.« Gemeinsam stellten sie den Sekretär wieder auf die Beine. Adam und Schorsch hielten ihn fest, während Victor wieder seine Metalldose hervorkramte. Tatsächlich waren in der Ãberlebensbox auch Schnur, eine Rasierklinge, Bleistift, Klebeband, Papier und neben einem Dutzend anderer Kleinigkeiten auch ein paar Nägel. Victor presste die vorderen zwei Tischbeine samt Zierleiste wieder an ihren Platz. Dann klemmte er sich vier Nägel zwischen die Lippen und suchte das Zimmer nach einem geeigneten Hammer ab. Er fand ihn auf Adams Nachttisch: einen Aschenbecher aus Marmor.
Nagel für Nagel trieb er damit in das Holz. So leise wie möglich. Bis der Tisch ohne zu wackeln stand. » Na also!«, triumphierte er. » Schaden behoben. Und wenn man nicht gerade einen Ringkampf darauf veranstaltet, hältâs!«
Adam grinste und setzte sich auf den Teppich. Victor lümmelte sich neben ihn. » Sieht dein Zimmer auch so aus wie unseres?«, erkundigte er sich. Wenn die kleine Nervensäge schon hier rumhängen musste, konnte man sie wenigstens ein bisschen ausfragen.
Schorsch zuckte mit den Schultern. » Alle Zimmer, die ich bisher gesehen habe, sind ähnlich: zwei Betten, ein Schreibtisch mit Stuhl, Teppiche, lange Gardinen bis zum Boden. In manchen gibt es aber noch Sessel oder Truhen.« Er verkniff das Gesicht, als wollte er sich entschuldigen, dass er nicht genauer hingesehen hatte. » Wie die Badezimmer aussehen, weià ich nicht. In Zimmer 202 gibt es eine Wanne.«
Victor nickte. Das war nicht besonders viel. Aber immerhin mehr, als sie selbst wussten. Ob es in den anderen Schreibtischen wohl auch Geheimfächer gibt?, fragte er sich.
» Setz dich auf mein Bett«, schlug er Schorsch vor. » Da kannst du uns nicht stören. Und mach die Ohren zu. Was wir besprechen, geht dich nichts an.«
» Wenn du willst, schlaf ein bisschen«, fügte Adam etwas freundlicher hinzu. » Wir lassen dich nicht alleine. Und wenn der Strom wieder da ist, wecken wir dich.«
Doch der Junge hockte sich lieber im Schneidersitz vor das Bett. Sofort meldete er sich wieder. Er zeigte auf einen schimmernden Gegenstand.
» Hier ist Geld!«
» Das muss meins sein.« Victor holte sich die Münze und wollte sie in die Tasche stecken. Da erspürten seine Finger die fremdartige Oberfläche. Er hielt das Geldstück vor die Flamme. Es blitzte im Licht, die Münze war noch nicht durch viele Hände gewandert. » Mann, das ist pures Gold!«, rief er begeistert aus.
Wie um den Satz zu unterstreichen, zuckte drauÃen ein weiterer Blitz auf.
Gold!
Das Licht des Blitzes war längst nicht mehr so grell wie noch vor einer halben Stunde. Kilometer um Kilometer entfernte sich das Gewitter. Nur der Regen prasselte noch mit unverminderter Wucht vom Himmel.
Victor drehte die Münze in seinen Händen. » Komm her, mit Gold kennst du dich besser aus als ich.«
Adam rückte gespannt näher. » Wie schön, dass der unermessliche Reichtum meiner Eltern doch noch mal zu etwas nütze ist«, spottete er ironisch. Pures Gold, das hörte sich ja nun doch nach einem Schatz an. Sein Vater hatte tatsächlich eine Sammlung von kostbaren Gold- und Silbermünzen aus aller Welt, die er seinem Sohn immer gerne zeigte, wenn er ein neues Stück dazugekauft hatte. Aber das verschwieg Adam lieber.
Umso genauer sah er sich die Münze an. Auf der einen Seite war ein Kopf abgebildet. Eine junge Frau mit einem geflochtenen Zopf quer über dem Kopf. Im Hintergrund waren Bergkuppen zu erkennen. Und darüber stand in groÃen Druckbuchstaben HELVETIA .
» Das ist ein alter Name für die Schweiz«, glaubte er sich zu erinnern. » Und die Architekten kamen ja auch aus der Schweiz.« Auf der Rückseite war ein Wappen mit einem gleichseitigen Kreuz zu sehen, umgeben von Eichenlaub. Links eine 20, rechts die Buchstaben FR . Und unter der Spitze des Wappens die Jahreszahl 1929.
» 20 Schweizer Franken in
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